Sonntag, 3. Februar 2013

Lyrik-Prosa-Wortkultur 1641


Hätten sie es gewusst?
Heute ist Welttag sadomasochistischer Kunstlyrik! Schauen Sie nicht in Ihren privaten Kalender - da steht es noch nicht. (Das müssten Sie schon selbst ändern.) Versuchen sie es mit englischsprachigen UN-Material. 
Als avantgardistisches Lyrikportal haben wir uns zu zwei passenden Beiträgen durchringen können. Als ausgewiesene Spezialistin stellte uns Gunda Jaron "Folterqualen" zur Verfügung. Sollte nach diesem Erlebnis Ihr Bedarf noch nicht befriedigt worden sein, so vermag "ergeben" von Slov ant Gali Ihre sadomasochistische Lyrik-Fantasie zum endgültigen Höhepunkt bringen ...


Es folgt ein weiteres Stück Leseprobe aus "Die sieben Kugeln":


... Um Punkt acht Uhr erfolgte die Zündung des Sprengringes. Wenige Sekunden später begann der Beschuss der entstandenen Staubberge. Dabei schossen die Einsatzkräfte so, dass die meisten Geschosse wie Schrapnelle in der Luft vor dem Ätzerkreis explo­dierten, um die Tropfen auf die tote Silitschicht zu drücken. Noch im Umkreis von 10 Kilometern bebte die Erde, dass sich Risse in Häusermauern bildeten und Fensterscheiben zersprangen. Teile der in sich zusammenfallenden Staubwand lösten sich im Laserbeschuss auf. Nach etwa fünfzehn Minuten war die meiste Munition ver­schossen. Der gesamte Innenkreis schien zu einer hauchfeinen Nebelbank zusammen­gepresst worden zu sein. Der Rand des Grabens war fast frei von Ätzerstaub. Die Laser­strahlen stachen immer neue Löcher in die Staubwand. So entstand gerade aus großer Höhe ein spektakuläres Erfolgsbild.
Mit Erleichterung betrachteten die Zuschauer in aller Welt die Livebilder des Geschehens, die stark an ein mathematisch konstruiertes Modell eines implodierenden Katastrophenherdes erinnerten, eine Computersimulation. Aber die Reporter versicherten, genauso sehe es in Berlin aus. Der Ring der Sikroben breche in sich zusammen.
Nun fingen die Amerikaner damit an, aus den weltraumgestützten Stationen den Kreis der Sikroben mit Antimateriegranaten und Lasern zu beschießen. Welch herrliche Mög­lichkeit für großräumige Tests dieser Waffensysteme in Friedenszeiten!
Die einzige verunsichernde Nachricht lieferte die Wetterbeobachtung. Von Westen her näherte sich ein Tiefdruckgebiet. Die Einsatzleitung befürchtete, dass das Regenwasser den Staub binden, die einzelnen Sikroben sozusagen füttern könnte. Man hatte es beim ersten Einsatz der Feuerwehr erlebt, wie die Sikroben den Löschschaum als Futter benutzt hatten. Bisher konnte man hoffen, dass die wenigen Sikrobenpartikel, die als fei­ner Staub der Glocke entwichen, sich später auf dem Silitbrei oder dem gesäuberten Randstreifen absetzen und dort verhungern würden.
Laufend wurden im KOR-Rechenzentrum in Frankfurt / Main die aktuellen Daten mit dem Modell des Katastrophenherdes abgeglichen. Blieben alle bekannten Faktoren un­verändert, würde die vordere Grenze der Wolkenwand bald den Westrand Berlins errei­chen. Eigentlich dürfte das Wetter den Kampf gegen die Sikroben nicht beeinträchtigen. Trotzdem leitete man sicherheitshalber ein vorzeitiges künstliches Abregnen der Wolken ein.
In den deutschen Nachrichtensendungen hatten in den letzten Tagen Berichte über die Vorbereitung des massiven Gegenschlages die Meldungen über die Vernichtungswut der Ätzer abgelöst. Viele Menschen nahmen dies als vorweggenommenes Zeichen der Beruhigung. Nun liefen auf allen Sendern Liveübertragungen mit eingeblendeten Grafiken und Kommentaren. Die Menschheit hatte über eine existentielle fremde Gefahr gesiegt. Welch Großtat der menschlichen Gattung!
Vereinzelt meldeten sich Wissenschaftler zu Wort, die noch immer am Ende der Kata­strophe zweifelten. Man wisse fast nichts über ihr Wesen, in bisherigen Laborversuchen seien die Sikroben nur punktuell zerstört, zerstäubt und zusammengedrückt worden – eben das, was sie mühsam erforscht hatten. Aber wen interessierte das angesichts der Bilder einer großräumig schrumpfenden Glocke?
In Niedersachsen, Mecklenburg und Sachsen/Anhalt frischte der Wind deutlich auf. Dort wurden Spitzen bis Stärke sieben gemessen. Das Wetterregulierungssystem Met-Cor sollte das Tiefdruckgebiet nach Dänemark umlenken. Durch künstliche Luftdrucksenkung wurde ein Strudel geschaffen, um das kleinere natürliche Tiefdruckgebiet in sich aufzusaugen.
Die Sikroben fraßen sich normalerweise geradeaus nach allen Seiten und ließen ihre Verdauungsprodukte einfach hinter sich zurück. Diesmal war die Lage anders. An der Erdoberfläche kam Gegendruck gerade aus der Richtung, in die sie sich ausbreiten woll­ten. Der Angriff stülpte ihnen regelrecht eine Glocke über, die rundum drückte. ...

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