Noch ein Gedicht von Gunda Jaron bereicherte: "Ja, ja, die Tugend". Garantiert nicht staubtrocken. Wenn man etwas daran bemäkeln wollte, dann wohl höchstens, dass die Aussage nicht so sensationell die Welt bewegend sei ... Aber "typisch", typisch ist sie schon ... es sei nur an F.W. Bernsteins Elche erinnert ...
Die Romanidee hat dagegen eine nicht austauschbare Abfolge:
Slov ant Gali: Der Planet der 1000 Inseln (17)
... „Du weißt also, wie
das geht?“
„Klar. Wir lernen schon
früh alle Abläufe vom Anbau der Pflanzen über alle
Bearbeitungsmöglichkeiten bis zum Schneidern und Schmücken. Mir hat
aber nur das Schneidern und Sticken gefallen.“
„Komm, wir rennen ein
Stück!“
Als wir dann vor meinem
Computer saßen, begann ich zu erklären: „Wir schreiben als erstes
einen kleinen Brief. Was du brauchst und warum. Nein, am besten zwei.
Einen, mit dem wir fertige Kleider in deiner Größe und einer größer
suchen und Stoff zum Zuschneiden, einen anderen, wo wir nach
Wali-Pflanzen fragen, die wir notfalls selbst bearbeiten könnten.“
„Kennst du denn
jemanden, dem du einen solchen Brief schreiben kannst?“
„Natürlich nicht! Bis
jetzt weiß ich nicht einmal, wo es so etwas geben könnte. Macht
aber nichts. Ich brauche die Briefe ja nur für zwei Spins.“
Mahay Gesicht strotzte
nur so vor Neugierde. Ich verstehe nicht, warum sie mich nicht mit
der Frage unterbrach, aber sie war sich wohl absolut sicher, dass
meine Erklärung gleich folgen würde.
„Also das ist schwer zu
erklären für einen, der nicht mit Computern gearbeitet hat und im
Netz schon gar nicht. Aber du weißt ja inzwischen schon, was ein
Programm ist. Ein Spin ist sozusagen ein Programm, dass durch das
Netz weltweit geschickt wird und sich dort frei bewegt. Es sucht
überall nach den Wörtern Wali und Wali-Pflanze. Dort hängt es
deinen Brief an.“
„... An das Wort?“
„Richtig: Wer von da an
seine Beiträge um die Wali-Pflanze abruft, entdeckt dort meinen
Marker. Den kann er natürlich wieder löschen, aber eben auch
aufrufen. Das funktioniert bei allem. Wir haben ein umfassendes
Handelsnetz. Also wenn du dein Kleid loswerden möchtest, musst du
nur die richtigen Schlüsselwörter angeben und nicht lange, dann
melden sich zig Leute, die es haben möchten – wofür auch immer.
Dann packst du es mit der Zielanschrift ein und steckst es in einen
Logistik-Kasten.“
„Muss der andere was
dafür tun?“
„Hat er ja schon. Er
muss sich melden, wenn er was haben will. Du wirst ja dein Kleid nur
anbieten, wenn du es nicht mehr anziehen möchtest.“
„Uns haben sie
erzählt, dann schmeißt ihr alles weg.“
„Wenig. Das wäre eine
große Missachtung fremder Arbeit und von allem, was unser Planet uns
an Reichtümern bietet. Aber du hast Recht. Solche Zeiten hat es
früher gegeben. Eigentlich änderte sich das erst, als es schick
wurde, in Sachen rumzulaufen, die nicht ganz neu waren. Weißt du,
die Wanderanzüge. … Entschuldige. Das kannst du ja nicht wissen.
Die Wanderanzüge kamen mit dem Kultivatorverfahren auf. Mit dieser
Technologie war die normale Bekleidung extrem lange haltbar. Da kam
irgendwer auf die Idee, dass jeder, der einen Anzug getragen hatte
und ihn nicht mehr mochte, ihn weitergeben könnte. Dazu hinterließ
er darin ein Zeichen, eine Unterschrift, etwas Reingesticktes,
irgendwas Eigenes eben. Die Anzüge wanderten und es wurden immer
neue Rekorde aufgestellt, wer in welchem Ding schon wo gewesen war.
Also wenn einer eine richtig angesagte Party feiern wollte, dann
musste er etwas haben, womit er die Teilnahme auf einem
Kleidungsstück hinterließ. Wer etwas auf sich hielt, musste schon
einige Kleidungsstücke auf Wanderschaft geschickt haben. Weißt du,
irgendwann war fast jedes Kleidungsstück individuell, hatte etwas
Besonderes. Wer sich nicht an der Wanderei beteiligen wollte, musste
es nicht … Jeder Mari ist doch anders. Also ist seine Art, sich zu
zeigen, eine ganz individuelle. Ja, selbst wer unbedingt aussehen
möchte, wie ein anderer, zeigt damit seine Individualität. Früher
oder später würden wieder Kleider modern, weil ein paar sich damit
unbedingt von der Masse abgrenzen möchten – und wenn es dann
Jungen sind, dann sind das eben besondere Jungen. Es bleiben genug
Mari übrig, die ihrer Individualität wegen die in letzter Zeit
produzierten Gleitanzüge behalten wollen. Jedes Kleidungsstück wird
allein dadurch wertvoll, dass genau du als Trägerin dadurch betont
wirst. Das ist doch viel interessanter als zum Beispiel ein Preis,
also eine Zahl, mit der du dein Stück eintauschen müsstest.
Diese Wanderanzugmode
hatte den allgemeinen Effekt, dass kaum noch weggeworfen wurde. Alles
Mögliche wurde wieder im Netz angeboten wie in der Vorzeit des
Planeten, als man eben diese Preise erzielte, die man für den
nächsten Gegenstand eintauschen konnte. ...
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