In Anbetracht des hoffentlich endlich vor der Tür stehenden Frühlings habe ich aus der Sammlung von Gedichten unter dem Motto "Voran zur Natur" zwei Wintergedichte ausgesucht. Das eine, das auch schlicht ""Wintergedicht" heißt, ist sozusagen ein Kindergedicht, das andere, "Flockentanz" würde den entschiedenen Protest meines damaligen Ästhetik-Dozenten hervorrufen. Der meinte nämlich, die Natur könne nicht "schön" sein, das sei eine Kategorie, die auf der einen Seite den positiv wertenden Betrachter, also den Menschen, erfordert, auf der anderen Seite aber auch den Menschen, der diese Wirkung bewusst beabsichtigt hatte. Die Natur hat in diesem Sinn aber gar keine Absicht - sie ist einfach da. Für mein Gedicht ist mir das aber völlig egal ...
Slov ant Gali: Der Planet der 1000 Inseln (22)
Das Einzige, was ich
nicht erwähnt hatte, waren die emsigen Roboter, die das
Dazugekommene ständig so ein- und umsortierten, dass es nicht im Weg
stand oder lag, aber trotzdem gesehen wurde und griffbereit lag.
Mit einem normalen
Mädchen einkaufen zu gehen mag ja schon eine Strafe sein, mit einem
Mädchen, dessen Begeisterungsrufe sogar eine Berechtigung haben, ist
aber fast völlig unerträglich.
In der ganzen Halle gab
es ja so gut wie nichts, was Mahay gekannt hätte, was sie also nicht
wenigstens von Nahem hätte sehen, meist aber auch anfassen wollen.
Mein einziges Glück waren die Pausenecken. Da konnte ich mich
hinsetzen, Luft holen … und dann kam Mahay und wir kosteten von
einigen Dingen, die ich ihr als Delikatessen angepriesen hatte. Das
gab ich allerdings schnell auf. Ihre Zunge musste auf einer anderen
Evolutionsstufe stehengeblieben oder angekommen sein. Was am
schlimmsten war: Sie schien irgendwelche Spuren von Verpackung auf
Käse und Wurst herauszuschmecken. Mahay war einfach peinlich. Sie
kommentierte laut und immer wieder blieben Leute stehen, die sich
unterschiedlich äußerten. Manche lachten. Die dachten vielleicht,
wir spielten einen Film und sie wären in einem Programm zu sehen,
wenn sie nur lange genug stehen blieben. Unangenehmer waren die
Leute, die deutlich ihr Missfallen ausdrückten, wenn wir eine
Verpackung öffneten. Immerhin ergab sich eine Teillösung dadurch,
dass ich jeweils die Scheiben unmittelbar an der Verpackung
verkostete, während Mahay die darunter genoss.
Dann bekam sie die
Randgestaltung der Hall mit. Ich hatte vergessen, wie der Markt
organisiert war. Also, um ehrlich zu sein, ich war so selten in der
Halle und wenn, dann möglichst zielgerichtet um etwas ganz
Spezielles zu holen, dass ich kein Auge für das Marktgeschehen
gehabt hatte. Mahay aber hatte sowas wie einen siebten Sinn dafür,
dass es denen, die dort frische Waren ihrer Eigenproduktion anboten,
hier so eine Art Kontaktvergnügen suchten. Jedenfalls hatte Mahay
nicht nur diverse Früchte in unseren Sammelwagen gelegt sondern eine
Sammlung von Kärtchen von Leuten, mit denen sie abgesprochen hatte,
sie zu besuchen und ihre Bäume, Sträucher und Beete abzuernten. Zu
mir hatte noch niemand gesagt, ich könne mal rauskommen. Ich hatte
nur davon gehört, dass auf solche Weise individuelle Erntefeste
zustandekamen. Oft auch Freundschaften von Leuten, die sich häufiger
persönlich besuchten.
Für mich wäre so etwas
nichts. Wozu gab es das Netz? Wobei ich natürlich auch nicht auf die
Idee gekommen wäre, zum Skolchi-Buddeln irgendwo hinzufahren. Ich
hatte aber immerhin als Überraschung für meine Eltern mit den
Kindern einer Skolchi-Bauern-Familie ausgemacht, dass die uns
besuchen kamen und morgenfrische Früchte mitbrachten. Gemeinsam sind
wir dann in eine Klanmal-Ausstellung gegangen. Wenn ich allerdings
Mahays Ausbeute von Adressen von so einem Hallenbesuch damit
vergleiche, hätte Mahay klar gewonnen.
Sie zog mich sogar in
mehrere Kleidungsbereiche. Ich atmete jedes Mal auf, wenn sie erkannt
hatte, dass da nur die gängigen Stoffe angeboten wurden, von denen
sie ja wusste, dass sie schlecht für ihre Haut waren. „Nein, du
musst nicht die Sachen mitnehmen, die du hier anprobiert hast. Die
meisten machen es aber, wenn ihre Größe da ist. Ansonsten wird ihre
Größe berechnet und bestellt. … Nein, das Wichtigste hier sind
die Berater, die fachkundig Empfehlungen geben, was die individuelle
Note des Trägers betont … Sonst könnte man ja alles übers Netz
machen. So aber kommen manche Leute weither in eine Halle, weil ihnen
der Berater empfohlen wurde. … Natürlich, ja, du kannst dir auch
empfehlen lassen, was zu deinem Typ am besten passt … Nein, probier
nur. Du kannst dir die entsprechenden Schnitte besorgen ...“
Also ich habe nicht auf
die Uhr gesehen, wie lange ich danach abgemeldet war … also eben
auch wieder nicht abgemeldet, denn bei jedem neuen Stück sollte ich
auch meine Meinung sagen. Irgendwann konnte ich dann nicht mehr. Da
rutschte mir raus, sie sähe am besten aus, wenn sie gar nicht an
habe und draußen solle sie eben anziehen, was die anderen so an
hatten.
Schwierig, so ein
Mädchen. Ich glaube, wenn ich nur gesagt hätte, am besten gefiele
sie mir nackt, hätte ich echt ein´n Stein bei ihr im Brett gehabt.
Das war echt wie ein Kompliment rausgekommen. Aber das mit den
anderen war so doof, wo doch alle Mädchen mit ihrem eigenen Stil
herumliefen und Mahay ja einen Stoff brauchte, der im Augenblick
total unmodisch war. Jedenfalls strafte sie mich für den Rest des
Tages mit einem mürrischen Gesicht, was ich eigentlich von ihr noch
nicht kannte. ...
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