Die UN-Sonder-Kommission zum Schutz lyrischer Produktion teilt mit, dass am gestigen 4.2. bedauerlicherweise ein für den 1.4. vorgesehener Beitrag veröffentlicht worden ist. Da dieser an diesem Tag zu leicht als sogenannter Aprilscherz hätte identifiziert werden können, erschien die Verbreitung anderentags lyrikaler. Alle Gedichtfreunde werden um Entschuldigung gebeten ... und verhaltenes Gelächter ...
... braucht man sich beim "schwarzen Humor" von "Im Schwarzen" nicht verkneifen. Wohl dem, der in jeder Situation den richtigen "Trost" findet.
Zwischendurch versuche ich mich ausnahmsweise einmal an einer Rezension - und das ausgerechnet bei einem Lyrikbüchlein, nämlich "Automatenliebe" von Thomas Reich:
Gedichte sind Gefühlssache und
demzufolge nutzt einem Dritten nicht, ob sie dem ersten Leser
„gefallen“ haben. Man kann diese Gedichte nicht schön finden im
Sinne von einschmeichelnd, geeignet, dem aktuellen Objekt der
Begierde zu schenken, das nicht. Aber man begibt sich auf Reisen in
Innerwelten. Die Titel der einzelnen Gedichte sind Notbehelfe, viele
Zeilenbrüche helfen beim Luftholen. Die Wörter werden mit Gewicht
beladen. Man kann sich in sie hineinstürzen, mit ihnen stolpern, auf
Nachempfinden fallen, Pflaster für aufgeschabte Gefühlsknie sollte
man parat haben. „Automatenliebe“ verrät mir als Titel zu wenig.
Immerhin wusste ich vorher, Lyrik von Thomas Reich das heißt
„moderne Lyrik“. Reime waren keine zu erwarten. Freies Spiel mit
Sprache dagegen schon.
Ganz ohne Überraschung ging es aber
nicht ab. In dem Bändchen finden sich nämlich nicht aneinander
gereihte einsame Gedichte, sondern die Gedichte, die da aufeinander
folgen, „erzählen“ in ihrer Abfolge durchaus eine „Geschichte“,
richtiger zwei, nämlich die eines Er-Ichs und die eines Sie-Ichs,
wovon mich der Versuch, sich in die „Schlampe“ (?) zu versetzen,
nicht restlos überzeugt hat. Das männliche Ich wird dagegen
plastisch. Eigentlich geht es um ins Krankhafte reichende
Bindungsproblemen, etwas zugleich fürchten und wünschen, aber nicht
können, sich mit Äußerem zufrieden und doch nicht zufriedengeben.
Es könnte ein Roman sein, es ist aber etwas im Inneren des Ichs
Wahrgenommenes, beschrieben in der Bildverzerrung von
Diskoflackerlicht, weggedrückt von zu lautem Ton, der eben deshalb
nicht aufgenommen wird. Nachklang bleibt, wenn man draußen steht.
Bei mir oft der Wunsch auf ein „Gegen-Gedicht“. Inspiration, weil
Unverbrauchtes, Verstörendes.
Die meisten Gedichte enthalten
mindestens einen den Gedichtcharakter verletzenden sprachlichen
Ausdruck, etwas, was nicht hineinzupassen scheint … was sich aber
mehr und mehr als Methode entpuppt.
Reichs Ich schenkt sich nichts, seziert
sich. Man riecht förmlich die seelische Desinfektion eines
Kreißsaals, der keine Wehenmittel kennt. Wie lässt Reich sein
lyrisches Er-Ich sagen? „Ich verschanze mich / hinter meine Kälte
… Die Sympathie / ist gegeben, / für eine Freundschaft. /
Kompliziert / wird es dadurch / dass wir auch / das Bett miteinander
teilen / immer wieder gerne / du / mit dem festen Freund. // Ich habe
ein Talent / mich / in groteske Situationen / zu bringen.“ Thomas
Reich lädt uns ein, dabei zu sein … und ich war nachher froh, aus
diesem Alter heraus zu sein ...
Das Layout hätte übrigens mehr Liebe
verdient gehabt.
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