Wie funktioniert Kreativität?
Zum zweiten Mal stellte ich ein Gedicht im Kreis anderer Autoren vor. Wieder stellte sich die vorliegende Version als nicht tragfähig heraus. Aber das hieß nicht, die widersprüchlichen Versuche Anderer zur Verteidigung und Verbesserung anzunehmen. Wichtiger war, sie anzuhören. Wichtigster Einwand gegen das Vorliegende: Es war kein Verb verblieben. Nur substantivisch angeordnete Brocken. Nun ging ich davon aus, dass das dem Charakter der beschriebenen Situation angemessen wäre ... aber da kann man immer entgegenhalten, dass Langeweile nicht auch noch langweilig beschrieben werden sollte. Von dem "anderensterns" musste ich mich verabschieden, weil die Aussage unverstanden blieb. Nun stand das Problem, dass ich auf Verben auch deshalb verzichtet hatte, weil die, die mir für den Vortext eingefallenen waren, einfach zu schwach waren - wie "ist". Während darüber gestritten wurde, ob "rieselt" ein schönes Wort wäre und "wirzeit" am Ende des Gedichts nicht ginge, weil es eine neue, also die Zeitdimension, in den Text einbrächte, obwohl es eigentlich ein schöner Ausdruck sei, suchte ich nach neuen Strukturen, begierig den eingebrachten Argumenten lauschend, diesmal aber, ohne sie nur festzuhalten, sondern gleich umzuarbeiten. Das Gedicht war - bis auf die neue Überschrift - zum Schluss der Debatte fertig. Es war nicht das, was ich hätte so machen sollen, wenn es nach einem Teilnehmer der Debatte gegangen wäre, es wäre aber ohne die einzelnen Einwände aber nicht zustande gekommen. Ja, beispielsweise landete die "wirzeit" am Anfang, weil eine Teilnehmerin sie ans Ende wünschte. In gewisser Hinsicht - und das denke ich, kann man verallgemeinern auf viele Kreativ-Produkte - ist das Ganze sowohl mein ureigenes Werk als auch das Werk des Schöpferprozesses der Gemeinschaft. Es ist ungerecht, wenn der Anteil der Gemeinschaft "verschwindet", nur weil niemand für sich beanspruchen kann, dass die folgende "Idee" so die seine gewesen sei ... und dies belegen kann. Grins: Der Mensch ist eben ein Gemeinschaftswesen ...
"AUS".
Ein privates Katastrophengedicht korrespondiert vielleicht am leichtesten mit einem, das unsere Umwelt betrifft. Ihm liegen USamerikanische Überlegungen zugrunde, die Klimaerwärmung "im Handstreich" zu beseitigen. Durch das Ausbringen von Aerosolen, in der Natur haben sich dabei Schwefelsäure-Ionen bewährt - in höheren Atmoshärenschichten ließe sich die Sonnenstrahlung faktisch "dimmen". Die prognostizierten Überschwemmungen usw. blieben wegen der Kühlung aus ...
Es folgt ein weiteres Stück Leseprobe aus "Die sieben Kugeln":
... Die Schlacht
Der
Berliner Senat beschloss nach eingehender Debatte, seine Beratungen
in Magdeburg fortzusetzen. Dort wurden Pläne beschlossen für
Evakuierungsmaßnahmen und Notversorgungen für Hunderttausende
Flüchtlinge an. Solche „Entschlossenheit“ beeindruckte die Welt.
Immerhin überwog international die Überzeugung, der exakt
eingegrenzte Katastrophenherd wäre beherrschbar – alles nur
eine Frage der Zeit. Kein Ende der Menschheit in Sicht. Was nun die
Sikroben waren, wo sie herkamen, aber vor allem, was man gegen sie
machen konnte, da gingen die Meinungen nicht nur in den Parlamenten
und Ausschüssen weit auseinander. Die Menschheit war schließlich
bisher noch von keiner Erscheinung bedroht worden, von der eigentlich
nicht mehr klar war, als dass schnell etwas unternommen werden
musste, um ihrer Herr zu werden. So eine Bedrohung sollte das
Gemeinsame einer Intelligenz hervorkehren. Nicht Mensch gegen Mensch,
sondern alle Menschen gegen Unbekannt. Aber die größten Erfolge
bestanden im Moment in den Papieren, die eindrucksvoll verschraubt
formulierten, dass man hilflos war. Für die Amerikaner war die
Sensation allerdings noch zu weit weg. Ansonsten aber gab es wohl auf
der ganzen Erde kein Gremium mehr, bei dem die Sikrobeninvasion nicht
wenigstens einmal auf der Tagesordnung gestanden hätte. In Europa
waren sieben Institutionen entstanden, die sich mit der Koordinierung
aller verfügbaren Mittel der humanitären Hilfe, der Forschung und
der operativen Sikrobenbekämpfung beschäftigten. Die Amerikaner
boten an, den gesamten Katastrophenherd mittels Antimaterie von
der Landkarte zu löschen. Beseitige man den Flecken, beseitige man
damit auch die Sikroben, also das Problem. Darüber hinaus deuteten
sie an, dass weitere technische Kapazitäten aus dem Weltraum auf
Berlin gerichtet wären.
Genau
genommen wusste natürlich niemand, was wirklich helfen konnte.
Deshalb hatte man den „Koordinationsrat operative Reaktionskräfte
(KOR)“ geschaffen. Der hatte wenigstens eines erreicht: Um Berlin
herum waren bisher nie erreichte Mengen an Waffen pro
Quadratkilometer zusammengezogen worden.
Für
die täglich komplizierter werdende Kanalisierung der
Flüchtlingsströme waren andere zuständig. Teilweise blieben kleine
Trecks schon in den von ihren Bewohnern verlassenen Umlandsiedlungen
Berlins hängen.
Bisher
vermehrten sich die Angreifer ungebremst. Stoppte man sie nicht, wäre
in etwa zwei Monaten vom deutschen Flachland nur noch ein erstarrter
Brei übrig, und vorausgesetzt, der Herd breitete sich mit
gleich bleibend wachsender Geschwindigkeit aus, wäre nach einem
weiteren Monat alles Tiefland Europas von dem gehärteten Silitbrei
überzogen. Deshalb hatte sich der KOR für den Einsatz des Militärs
entschieden. Wofür hätte er sich sonst entscheiden sollen?
In
Tests zeigten sich die Tropfen durchaus verletzlich. Extrem hohe
Temperaturen zusammen mit hohem Druck waren ihnen unangenehm. Es gab
aber nur Testreihen mit geringen Objektmengen unter Laborbedingungen.
Arbeiter, die nach den vielen Unfällen bereit gewesen wären, die
Feld-Container zu befüllen, waren kaum noch zu finden. Auch waren
noch keine allgemein anwendbaren Wege gefunden, Tropfen, die man
erfolgreich ins Isolierfeld gesperrt hatte, halbwegs sicher dort
wieder herauszubekommen, um sie irgendwelchen Tests zu unterziehen.
Weder Hitze noch Druck waren für Berlin geeignet. Auf einen Punkt
konzentrierte Laserstrahlung löste die Testtröpfchen praktisch auf;
breit gestreut, drückte sie die Tropfen dagegen nur zusammen. Hatte
man die Strahlungsquelle abgeschaltet, ging alles normal weiter
– sofern man die Sikroben normal nennen wollte. Dies hatte man in
den Containern selbst getestet. ...
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