Thomas Staufenbiel
Zeter und Mordio
(3)
Das haben wir uns hinter Bergen alten Gerümpels gebaut. Ein Tisch, darunter sitzen wir. Vor dem Tisch stehen Säcke mit alten Kleidungsstücken, Regalbretter, ein Stuhl und die Kuckucksuhr. Nein, die zeigt uns nicht die Zeit an. Der Kuckuck hängt schlaff heraus, das Ziffernblatt ist zersprungen und ein Pendelgewicht haben wir für irgendeinen Streich gebraucht. Wir können uns nicht mehr erinnern. Ursprünglich gehörte sie Herrn Zuckschwerdt, dem Nachbarn der Zentners. Manchmal erwischt er uns, wenn wir gerade wieder durch das Treppenhaus schleichen. Zur Strafe lädt er uns dann zu einer Tasse Kakao ein, bei der wir uns seine alten Geschichten anhören dürfen. Zugegeben, der Kakao schmeckt gut, aber wen interessiert schon, was Herr Zuckschwerdt in seiner Jugend so getrieben hat. Uns interessiert es meistens nicht. Nur manchmal, wenn sich ein kleines Geschichtchen aus den letzten Kriegstagen dazwischenmogelt - es ist spannend, obwohl wir gar nicht wissen, was Krieg wirklich bedeutet - dann sitzen wir ganz still, halten fast den Atem an und lauschen.
So wie jetzt hier im Hausflur. Da ist es doch schon wieder, näher als vorhin. Jetzt ist das Plätschern ganz deutlich zu hören. Die Buschkühl muss oben wohl in die Wohnung gegangen sein, denn den Wortkrüppeln, die neben uns zu Boden gefallen sind, folgen keine weiteren. Nun sind wir mit dem Plätschern allein. Einen Moment lang will jeder von uns nachsehen, doch da geht die Tür von Zuckschwerdt auf und wir bleiben im Halbdunkel stehen. Gut für uns, sonst würde er in uns ein Opfer finden, so jedoch läuft er nach oben und erhebt lautstark das Wort gegen denselben Unbekannten, den sich auch schon die Buschkühl vorgenommen hat.
Parterre rechts, da wo die Treppe herunterkommt, wohnt Familie Geisbier mit unserer Freundin Lisa, gegenüber, dort wo die Treppe weiter hinunterführt, die dann zu unseren Füßen endet, lebt Hans mit seinem Vater, dem Hausmeister Schönbaum, und dessen Frau. Die beiden Familienväter sind oft im Garten hinter dem Haus anzutreffen. Sie trinken dort Bier und rauchen Zigarre. Die kleinen Freuden des Alltags, sagt Hans und macht seinen Vater dabei täuschend echt nach. Die Damen verstecken sich in plüschigen Sofas, trinken Bohnenkaffee und tauschen Rezepte aus. Kein Wunder, dass Hans und Lisa vor solchen Klatschrunden fliehen. Da ist unser Kellerversteck genau das Richtige.
Wir klemmen uns zu viert unter den Tisch. Bis alle richtig sitzen, ist es ein lustiges Gewusel. Da tritt Hans dem Oliver auf die Finger und Lisa stößt ihren Ellenbogen in meine Seite. Alles unabsichtlich versteht sich, es ist kein besonders großer Tisch. Wenn wir alle sitzen, schaltet Hans die Taschenlampe ein und leuchtet jedem direkt ins Gesicht. Wir überlegen, was wir tun können und verbringen die Zeit mit der Suche nach etwas Interessantem. Lisa will unbedingt mit Olivers Teddy spielen. Sie ist die Mama. Keiner möchte der Papa sein und Oliver unbedingt seinen Teddy zurück. Nach einer ganzen Weile einigen wir uns auf irgendetwas, doch dann ist es meistens Zeit, nach Hause zu gehen.
Wieder plätschert es, wir hören aufmerksam hin und nun staunen wir nicht schlecht. Auf dem Absatz vor Hausmeister Schönbaums Wohnung sammelt sich eine große Wasserpfütze. Es plätschert von oben herunter. Wir erinnern uns an das Geschrei der Buschkühl und ahnen den Grund. Das Wasser hat dort oben seine Quelle.
.Und auch die "Gedichte des Tages" weisen auf eine Buchneuerscheinung hin - gekoppelt mit einem neuen Testgedicht:
Das "Rätsel" von gestern wird hiermit aufgelöst: Der Titel des anderen Gedichts war "horizontal". Dieses Testgedicht gekoppelt mit "Katerle", einem Liebesgedicht, das auch in einer Sammlung mit Gedichten zu Mensch und Natur einen Platz gehabt hätte, zeigt doch eine der verschiedenen "Farben" bei Slov ant Gali:
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