zur Bestellung
Darin folgt ein weiterer Text, der ein wenig ins Groteske geht und den man sich also dann verkneifen sollte, wenn man nicht gelegentlich Grinsen möchte beim Lesen:
Mit dem Toaster fing es an
oder
Die Kraft der linken Hand
Die Geschichte der
Menschheit gliedert sich für mich in zwei Phasen: die Zeit bevor und
die Zeit, nachdem mein Toaster klemmte.
Wenn ich aufstand, also
in der Zeit davor, tat ich immer so, als hätte ich es verdammt
eilig, zur Arbeit zu kommen. Ich kämpfte die Müdigkeit mit vielen
Tricks nieder und überlegte, an welchen Stellen ich Zeit sparen
konnte. Besonders wichtig erschien es mir, die morgendlichen Aufgaben
straff durchzuorganisieren. Im Kopf hatte ich den genauen Ablaufplan
der Kleinigkeiten, welche bis zum Arbeitsbeginn zu erledigen waren.
Da war das Frühstück zu bereiten, Bad und Toilette zu bewältigen,
der Computer hoch-zufahren und so weiter. Möglichst mussten die
Arbeitsgänge so angeordnet werden, dass ich nirgendwo warten musste,
dass also – nur so als Beispiel – der Computer hochfuhr, während
ich frühstückte, oder der Toaster seine Aufgabe erfüllte, während
ich mich wusch, aber der Toast noch heiß genug war, wenn ich ihn
schmieren und essen konnte.
Entscheidend war, dass
ich an jenem Morgen zum Frühstück wieder einmal Toastbrot
beschmieren wollte. Dazu musste ich die Scheiben natürlich zuerst
toasten. Wie gesagt: Das Warten auf den Toaster war einer jener
Zeiträume, in denen ich anderes Nützliches erledigte. Ich schob
also zwei Scheiben in den Apparat und eine legte ich quer darüber,
um die Restwärme auszunutzen. Wie immer war eine kurze Toastzeit
eingestellt. In dem Moment, in dem ich den Schalter nach unten
drückte, war ich gedanklich bereits im Büro beim Computer, der in
aller Ruhe hochfahren sollte. Ich lief ins Wohnzimmer, drückte ON
und ging ins Bad. Es war immer ein wunderbares Gefühl, wenn ich beim
Frischmachen wusste, dass zur selben Zeit mehrere Geräte etwas für
mich schafften. Dieses Gefühl wurde an jenem Morgen aber durch ein
anderes gestört: Ohne dass dies zu erwarten gewesen wäre, vertrieb
ein kräftiges Aroma von frisch Verbranntem alle anderen Gerüche.
Bereits in der Tür zum
Korridor begrüßte mich Rauch. Als ich jedoch – nun schon stärker
beunruhigt – die Küchentür geöffnet hatte, stand ich plötzlich
in undurchdringlichem Qualm. Hätte ich ausgerechnet da an die
Weltgeschichte denken sollen, nur weil ich das sonst fast immer tat?
Ich tat es jedenfalls nicht. Fast gleichzeitig riss ich den Stecker
aus der Dose, packte mit einem Tuch den Toaster, schleuderte ihn in
die Spüle (ein braunes Muster ist immer noch zu sehen), befeuchtete
das Tuch und mit dem Tuch die schwelende Tapete, schob den Blumentopf
vom Fensterbrett, riss das Fenster auf, rannte ins Wohnzimmer, riss
auch dort das Fenster auf, begann tief einzuatmen … und als ich
darüber nachdachte, was ich frühstücken könnte und dass ich
glücklicherweise noch einen halben Eimer Restfarbe vom letzten
Küchenanstrich im Keller hatte, interessierten mich Datum oder
Weltgeschichte immer noch nicht. Eher, ob ich eine Rauchvergiftung
haben könnte, und wie lange der Gestank in der Wohnung bleiben
würde. Ob mir im Ablauf der sich überschlagenden Ereignisse ein
Stück Film fehlen könnte, ich vielleicht einen elektrischen Schlag
bekommen und es geblitzt hatte oder Ähnliches, weiß ich nicht mehr.
Heute bilde mir das ein, aber wahrscheinlich habe ich mir das nachher
dazugedacht. Eben, weil es so wahrscheinlich ist … Aber um ganz
ehrlich zu bleiben: An den alles entscheidenden Punkt – und den
muss es gegeben haben – kann ich mich nicht erinnern. Ich setzte
den Tag fast normal fort … also soweit eine Wohnung voller
Restrauch normal ist. ...
.***
Die "Gedichte des Tages" passen ein wenig vielleicht zu SF-Prosa, eines zumindest:
Irgendwie habe ich die Hoffnung, das Gedicht "Nach der Amtspost" einmal soweit reifen lassen zu können, dass es als Einstieg in ein SF-Buch dienen kann.
Klaus Störtebeckers Geist möge mir verzeihen, dass ich ihn für dieses umdichtete Sprachspiel benutzt habe, das wahrscheinlich nur im Deutschen funktioniert ... "eingeholt"
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