Mittwoch, 27. November 2013

Lyrik-Prosa-Wortkultur 1923

Weiter mit den Geschichten aus der Sammlung wissenschaftlich-phantastischer Erzählungen (engl.: SF).

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Darin folgt ein weiterer Text, der ein wenig ins Groteske geht und den man sich also dann verkneifen sollte, wenn man nicht gelegentlich Grinsen möchte beim Lesen:

Mit dem Toaster fing es an

oder

Die Kraft der linken Hand (2)

Dann aber besuchte mich mein Sohn. Er beklagte sich wie immer über seine Probleme beim Studium und ich wies ihn darauf hin, dass das alles viel leichter zu ertragen wäre, wenn er denn endlich eine zu ihm passende Freundin fände (es stellte sich heraus, dass sein „Studienproblem“ in einer bestand, die ihn gerade hatte abblitzen lassen) und er würde das schon packen. Ein Gespräch unter Männern also, und es war nur ganz natürlich, dass ich ihm väterlich ermunternd auf die Schultern klopfte. Erst viel später wurde mir bewusst, dass ich mit der linken Hand zugeschlagen hatte.
Man stelle sich meine Verblüffung vor, als mir mein Sohn vielleicht eine halbe Stunde später ohne Vorwarnung erklärte, er habe sich das genau überlegt und er habe beschlossen, er würde Kommunist. Wörtlich genau dies!
Bis zu diesem Augenblick war die einzige politische Rolle, für die er sich je interessiert hatte, die des Magiers in „World of Warcraft“. Selbst ich hatte ihn im Unterschied zu den meisten anderen Menschen, mit denen ich zu tun gehabt hatte, nicht mit Politischem belästigt. Wissen quält und über die Leser der BLÖD-Zeitung hätte Jesus sicher gesagt, dass glücklich sei, wer da arm ist am Geiste. Warum also sollte ich meinem Sohn nicht ein Stück Glück gönnen – noch dazu, wo er mir an fast allen Tagen des Jahres fern war und ich ihn deshalb nie hätte beschützen können? Irgendwann hatte ich es aufgegeben, ihn zu belehren – er war eben anders als ich.
Und nun begann er mir einen Vortrag zu halten! Ich neigte ja schon immer dazu, andere penetrant bekehren zu wollen. Dass das jemand mit fast exakt meinen eigenen Worten bei mir versuchte, war mir bisher aber noch nicht passiert. Dass dieser Jemand mein erwachsener Sohn war, machte die Vorstellung nicht weniger verwirrend. Mir fiel vor Schreck nichts Besseres ein, als ihn zu loben für seinen Entschluss und dass mich das freue, aber er solle gut aufpassen: Dieser Entschluss mache ihm sein Leben nicht leichter. Das war bestimmt nicht das Klügste, aber viel wichtiger war, dass in diesem Augenblick das Telefon klingelte, meine Ex uns einen schönen Tag wünschte und … der Höhenflug damit vorüber war. Erst beim Einschlafen fiel er mir wieder ein.
Wochen vergingen. Ich lebte das Leben eines Heimarbeiters, fern von lästiger Nähe ungeliebter Menschen. Aber auch der einsamste Mensch muss gelegentlich etwas für seinen Selbsterhalt tun. Einkaufen gehen zum Beispiel. Ich hatte gerade einige Briefe geschrieben, und weil der Briefkasten mehrere hundert Meter weit entfernt war, nahm ich noch ein paar Beutel mit, um einzukaufen. Ich rechnete nicht damit, ein bekanntes Gesicht zu sehen, und schlenderte selbstvergessen zwischen den Regalen hindurch. So wurde ich regelrecht aus dem Halbschlaf gerissen, als jemand kurz vor der leeren Kasse meinen Einkaufswagen rammte. Der Mann wollte sicher auch gerade „Könn´se nich aufpassen“ brüllen, da erkannten wir uns. Krause aus der vierten Etage! Und schon hatte ich „Geh´n Sie schon!“ gesagt und ihn ans Band geschoben. Sonst bin ich ja nicht freundlich, wenn ich unaufmerksam bin. Diesmal aber … Aber die Krönung folgte erst. Herr Krause wartete nach dem Einpacken auf mich, lud meinen Einkauf in sein Auto und mich auf den Beifahrersitz und begann mir zu erklären, dass wir doch in einer verdammt unmenschlichen Gesellschaft lebten, wo jeder nur an sich selbst denke, und das könne nur dadurch verändert werden, dass keinem etwas gehört, womit er Profit erzielen könnte und dann auch würde. Es müsse eine neue Revolution her. Die sei reif und wenn wir endlich Kommunismus hätten …

An der Stelle musste er sich um die Schranke zur Parkfläche vor unserem Wohnblock kümmern. Wir trennten uns, und Herr Krause ließ mich mit Einkauf, Revolution und Kommunismus im Treppenhaus zurück. ...

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"Gedichte des Tages" vergessen? Aber nicht doch! Die folgen jetzt:

Man sorgt sich um mich. Das freut mich. Noch dazu in poetischer Form. Umso eindrucksvoller. Allerdings als Hinweis für alle eventuell auch noch Besorgten: Ich bin noch nicht 70, ein lyrisches Ich ist nicht das Dichter-Ich, und kommen darin "Ich-Teile" vor, so darf man als "Dichter" 33 Suizig-Gedichte schreiben und sich nicht schämen, dass man immer noch lebt:
Amtspost von Bruni

Sinnierst Du über siebzig Jahre Weg,
machst Inventur und schreibst Bilanzen?
Suchst immer noch den Weltraumlasersteg,
um Dich in and‘ren Sphären zu verschanzen?

Willst Dich so gern aus Raum und Zeit befrei’n,
und träumst Dich dann in and’re Zonen?!
Auch, Slov, bleib hier und lass das Reisen sein,
es kommen Stunden, die zu leben lohnen!

Insofern ein freundlicher Blick auf die "künstlerische Ausbeute" aus der vergangenen Woche:
"vernissage" und
"glatt erzogen" in einer dem Teststadium entwachsenen Fassung.

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