Mittwoch, 28. November 2012

Lyrik-Prosa-Wortkultur 1589


Diesmal geht es relativ unpoetisch zu. Verantwortlich dafür ist zum einenThomas Reich, der seinem "älter werdenden" lyrischen Ich eine "Drecklese" verordnet.
Mir ist hingegen etwas für mich Seltenes passiert. Die Zeitungsablage zeigte mir zwei Titelseiten der "junge Welt" übereinander. An zwei Tagen nacheinander wurde über einen Brand in einem Bangladesher Textilwerk berichtet. Wieder einmal ein Hinweis darauf, warum ein Teil unserer Bekleidung so billig verkauft werden kann. Da konnte ich mich nicht zurückhalten und ein Gedicht drauf machen: "es brannte in bangladesh" ...


Ja, für über 100 Arbeiterinnen und Arbeiter bedeutete im konkreten Fall "Ausbeutung" praktisch den Tod.
Marie und Julia sind dagegen mit dem Leben davon gekommen. Deshalb wollte ich EIGENTLICH an dieser Stelle die Veröffentlichung des Romananfangs abbrechen ...


Slov ant Gali: Stochern im Nebel (50)


... Muss ich zugeben, wie fertig ich selber war? „Wieso hätte sie auch?“, antwortete ich. „Das ist alles so absurd, das sollten wir besser mit ins Grab nehmen. Im Moment hab ich gestrichen die Schnauze voll davon, die Welt zu retten. Scheiß Kantha Inar! Ein Haufen Verrückter stellt deine Diagnose aus: verrückt ...“ Ich hockte mich hin, legte Jule die Arme auf die Schultern, wartete schweigend, worauf auch immer. Sprach nach einer Weile weiter. „Ich hab alle Dateien aus dem Internet runtergeladen. Gelesen. Die Stelle, die mich vor kurzem noch so gefesselt hat, weil sie mir so prophetisch vorgekommen ist ... Weißt du, davor und dahinter klingt alles ganz anders. Echt versponnen. Total ernüchternd. Ich hab wohl genau jene Sätze herausgefischt, die zu diesen Ätzern passten. Und die andern vergessen.“
Wir schwiegen zusammen.

Dem Meister strömten die Jünger zu Tausenden zu. Sie verschwendeten das letzte Papier für Weltuntergangspamphlete und erklärten den Silitbrei zu einer ehrlicheren Welt, die unsere dem Untergang geweihte zu Recht ablöse.
Ein Glück, dass ich offenbar noch nicht ganz so abgedreht war. Trotzdem. Bei uns beiden war doch tatsächlich etwas Unerklärliches passiert … wenn auch nicht das, was dieser Prophet vorhergesagt hatte. „Ich begreif einfach nicht, wozu das Ganze gut sein sollte. Die Welt ist einfach nicht gerecht! Warum mussten ausgerechnet zwei wie wir das entdecken? Was man uns nicht glaubt. Logisch. Wir haben´s zwar erlebt, aber als mein eigener Vater hätt ich mich ausgelacht! Ich verfolg die Berichte und Karten, wie der Ätzerherd größer wird, und niemand weiß einen Weg dagegen – und wir wissen ihn und sagen ihn nicht, um nicht in die Klapse zu kommen! Krasser geht´s nicht. Und ich stell mir vor, was in den letzten Tagen schon für Storys ersponnen wurden und lehne unsere wahre ab. Ob wohl ordentliche Forschung ohne unsern Esoterik-Scheiß die Gefahr besiegen wird? Da möcht ich dabei sein. Stattdessen ärger ich mich wieder mit Chemie- oder Biolehrern rum.“
„Komm, reden wir nicht mehr davon! Das ist abgegessen.“
„Na gut.“ Ich lächelte wieder. „Du sollst auch mal das letzte Wort haben.“Womit ich es dann aber gehabt hatte. ...




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