Samstag, 28. Mai 2011

Lyrik-Prosa-Wortkultur 1037

In den "Gedichten des Tages" von morgen biete ich eine überarbeitete Fassung von "Paradies" an und die Erinnerung an  immer wieder atlantis. Ganz neu im Rennen dagegen ist von Gunda Jaron "vage" :
 Fluchtpunkt meiner Gedanken
  Schattenriss
  schemenhaft im diffusen Licht
  der trennenden Zeit

  verschwommen deine Konturen
  im Nebel des schwindenden Gestern
  unscharf deine Züge im silbrigen Schimmer
  der Hoffnung auf morgen

  wie sehr wünschte ich dich
  ins klare Licht des Heute
  und zweifele doch
  ob es nicht mein Bild
  als trügerisch entlarvte

Sehen wir also nach, wie lange die Prosageschichte "vage" bleiben kann:  Anna Roth aus "Dreizehn und eine Liebesgeschichte" 2. Fortsetzung zu "42 oder der Hauch von Kokos":

... Schließlich hatten wir uns noch nie Haar um Haar oder Auge um Auge gegenübergestanden. Sie hatte nur eine Handynummer angegeben.
Etwas zittrig griff ich zum Hörer. Erinnerte mich an meine Studentenzeit.  Dort war ich mit einer speziellen Nummer auf Parties akzeptiert. "Mach mal den Amerikaner!" Und dann nuschelte ich unsinniges Zeug, als ob ich die heiße Kartoffel im Mund einfach nicht ausspucken wollte - nur die Zuhörer wollten sich ausspucken vor Lachen.
"Hallo!" (also Hellou?!) "Hier ist der Harry." (Chier is därr Cherrie...)
Ich bedankte mich für den Kalender ...
Es begannen die schönsten drei Wochen meines Lebens. Sie hingen an einer Telefonstrippe. Nadine forderte mich an vier weiteren Tagen heraus, witzig zu sein und den Unterhalter zu spielen.  Ich fühlte mich ungeahnt jung, humorvoll, schlagfertig, gut aufgelegt ... Sonst hatte ich mich gegen die Nähe von Menschen gewehrt. Manche halten mich für überheblich, andere glauben, ich könnte nichts ernst nehmen. Dieses Mädchen aber tauchte immer weiter in meine Tiefseezonen. Und sie ging auf alles ein.  Wir philosophierten, wir tasteten unsere Vorstellungen einer Parnerschaft ab, wir wunderten uns über die Unmassen an Gemeinsamkeiten und dieVerrücktheiten, die wir immer mehr einander verrieten und behüteten. Wenn zwischen usneren mehrstündigen Gesprächen mehr als zehnStunden Pause gelegen hatten, dand sie eine Quasselmail in ihrem oder ich in meinem Mailkasten. Zum Beispiel, dass sie sich einsam gefühlt hab, und da habe sie im Bett gelegen und die Augen geschlossen und mich vor sich gesehen und gehört, und ihre Hand, die habe meine Hand ersetzen müssen,  und habe es versucht, und ihr Mund habe sich in die Decke verbissen, während die Hand ein strömendes Verlangen nicht habe stillen können. Ja, sie begehre mich. Verwundert bestätigten wir einander, dass da ein Gefühl wuchs, was vielleicht die große Liebe war, die Menschen gelegentlich begegne.
Bei dir auch?
 (Fortsetzung folgt)

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