Sonntag, 2. Oktober 2011

Lyrik-Prosa-Wortkultur 1165

So. Rein lyrisch haben wir hier schon den Einheitsparteitag hinter uns. Als Gedichte des Tages vom 4.10. werden zum einen zwei schon ältere Gedichte präsentiert



Neu dagegen ist



Sein Lachen tief, sein Blick verspricht,
was er nicht halten kann.
Sie weiß es ja, er ist nicht frei.
Und doch: Sie liebt den Mann ...

Dass sie ein Abenteuer ist,
nur seinem Ego Zier,
das ahnt sie wohl, doch manchmal träumt
sie insgeheim vom „Wir“.

So nimmt sie das, was er ihr gibt,
lebt nur für den Moment,
da er ihr seine Gunst gewährt.
Er ruft – sie ist präsent,

bewundert ihn, hält seine Hand,
trinkt dürstend jedes Wort
von seinen Lippen, strahlt vor Glück.
Und morgen ist er fort.

Dann hofft sie wieder, Tag für Tag,
ihr Blick hängt am PC.
Und jede Stunde ohne Mail
tut ihrem Herzen weh.

Sie rührt das Telefon nicht an,
hält ihm die Leitung frei.
Das wahre Leben aber geht
im Hintergrund vorbei.


Vielleicht geht das wahre Leben, nicht aber die  54. Fortsetzung von Anna Roth"Das Bienenprojekt"
als aktuelles Prosastück an uns vorbei.


„Du meinst, weil es nicht nur hier diese Bienenmonster gibt?“
„Du weißt es also?“
„Es war Zufall. Ich habe bei jemandem ferngesehen und mir den Rest zusammengereimt.“
„Du weißt, dass ich dich dann jetzt schon töten müsste?“
In Glück, dass der Mond nicht meine Gesichtszüge ausleuchten konnte. Ich weiß nur, ich hätte mit Sicherheit keinen intelligenten Eindruck hinterlassen.
„Komm, du solltest dir nicht zu viele Gedanken machen. Mach einfach das, was ich dir sage. Wir sind zwar hier in einer Außenseiterrolle. Aber draußen sind unsre Leute.“
An der Stelle hatte ich wohl einen Einwand gemurmelt.
„Vergiss es! Du führst morgen die Beratungen fort wie bisher. Ich kümmere mich um den Rest.“
Romana hakte mich unter. Obwohl sie gut einen Kopf kleine war, hatte ich das Gefühl, von ihr abgeschleppt zu werden. Vor meinem Bungalow umarmte sie mich, sagte, ich müsse vorm Zu-Bett-Gehen noch kräftig heiß duschen, strich mir an jener Stelle, die diesmal nicht verräterisch ausbeulte, über die feuchtkalte Hose und murmelte: „So mancher Kleine kommt einmal ganz groß raus … Ich glaub an dich. Wir sehen uns noch öfter.“
Dann war sie verschwunden.
Ja, ich habe ausgiebig geduscht. Trotzdem wollte der Schlaf danach nicht kommen. Was war ich doch für ein Wicht. Hilflos zwischen Kräften, die alle ihre Spiele trieben. Wenn ich das richtig deutete, war Romana also vom Geheimdienst, egal von welchem. Ihre Ziele waren bestimmt nicht meine. Doch was half´s?
Wenn ich nicht zerrieben werden wollte oder Gregs Schicksal teilen, dann brauchte ich Bündnispartner. Wo sollte ich denn hin? Wem hätte ich was erzählen sollen? An die Öffentlichkeit gehen? Draußen? Mit meinen Beweisen? Da war die Diagnose Wahnvorstellung die wahrscheinlichste. Sogar noch nicht einmal die schlimmste. Wenn der Zusammenhang mit den Arabern kein Missverständnis war, dann war mein Leben draußen in Gefahr – durch Romanas Kollegen bedroht. Die fackelten sicher nicht lange und sie hatten sicher genügend Möglichkeiten.
Kurz vor dem Moment, an dem ich wirklich noch einschlief, packte mich ein Gedanke voll Selbstmitleid: In den Agentenfilmen hatten es die einsamen Helden meist gut. Sie waren wenigstens die Guten. Mir blieben nur Zweifel und das Gefühl, dass es nirgendwo Gute gab. Mir blieb nur die Wahl zwischen üblen und ganz üblen Lösungen. Und nichts Eigenständiges zu tun, wie dies Romana von mir erwartete, raubte mir den letzten Rest Selbstachtung. Dabei hätte ich jetzt an Sex mit der scharfen Agentin denken müssen oder wenn das nicht, dann wenigstens daran, dass ich aus Treue zu Lissy auf die Gelegenheit verzichtete. In Wirklichkeit war ich zu schwach zu irgendeiner Entscheidung und zu wenig scharf im Durchdenken der Zusammenhänge und Hintergründe noch dazu.

Der nächste Morgen war ein Salto mortale unangenehmer Ereignisse. Es lohnt eigentlich nicht, zu erzählen, wer wann welche Details berichtete. In gewisser Hinsicht behielt Romana Recht: Alles lief irgendwie nach Plan, auch wenn es nicht meiner war.

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