Verlockung und
ein wundermittel
Dann kommt ein Testgedicht:
Ist nicht Friede
stupide
keine Menschen in Not
jeder kriegt täglich Brot
oder Schönres zu essen
will das Kriegen vergessen
und nicht Mordsheldentaten
sind das Höchste der Staaten
keine Opfer fürs Geld
fallen noch auf dem Feld
denn das wird ja bestellt
mit Mais oder Weizen
und die Mädchen sie geizen
nicht mit ihren Reizen
sind zur Liebe bereit
mal zu dritt mal zu zweit
ihnen fehlen die Sorgen
um ein gräuliches Morgen
Ja er ist schon stupide
dieser weltweite Friede
Schon sind wir bei dem Prosastück angelangt, der 55. Fortsetzung von Anna Roths "Das Bienenprojekt"
Kantus´Tod, Pauls Tod. Mord und Selbstmord. Viel Drama. Alles nur sehr indirekt mit den Bienen zusammenhängend. Eine Menge Sicherheitsleute, die regelten, was zu regeln war. Nach der Begegnung mit meiner Lara Croft im Westentaschenformat wunderte ich mich auch nicht mehr, dass es keine normale polizeiliche Untersuchung gab. Nach innen war der Sicherheitsdienst des Instituts ein privater Sicherheitsdienst. Dass er in Wirklichkeit eine Geheimdiensteinrichtung war, was nach draußen die Zuständigkeiten klärte, hatte ich nun begriffen. Welcher Geheimdienst das letztlich war … Es war bestimmt besser, wenn ich nicht gefragt hatte. Der russische oder chinesische waren es bestimmt nicht – und das sollte für mich reichen.
So weit, so … eigentlich nicht gut. Aber unabhängig davon, ob auch die anderen Neuen Agenten desselben Geldgebers waren wie Romana, hatte sie der Doppeltod doch so stark berührt, dass sie sich kaum auf die Bienen hätten konzentrieren können. Außerdem hatte Yong-Brown ja schon alles Wesentliche entschieden. Ich entschied also, die Veranstaltung tatsächlich in ein teambildendes Event zu verwandeln. Muss ich erwähnen, dass mir das mit Bravour misslang? Einzig Romana lächelte mir wiederholt zustimmend zu. Sie nahm mein Verhalten als den Versuch, ihre Instruktionen umzusetzen. Gelegentlich lächelte ich zurück. Dann sah ich mich als Figur in einem Agentenfilm, die Aussichten auf Belohnung hatte. Belohnung in Form von einem zierlichen, aber durchtrainierten Körper.
Es wurde also ein großes Spiel gespielt. Wenn ich darin eine andere Rolle wollte als die der von Anderen bewegten Figur, musste ich endlich meinen Bewegungsspielraum austesten. Die entscheidende Frage dabei war die meines freien Willens. Das eine waren Menschen, die andere mehr oder weniger geschickt manipulierten, die einem wie mir durch passend aufbereitete Informationen eine Handlungsweise aufzwangen oder so schmackhaft machten, dass ich meinte, mich frei für sie entschieden zu haben. Da war die Gefahr relativ klein. Romana glaubte mich im Griff zu haben. Solange sie dies unterstellte, war sie nicht gefährlich. Yong-Brown war Chef. Er würde nur aktiv, wenn ich aufsässig schien. Lissy? War sie nicht leicht zu durchschauen? Ein kleines, überschaubares Glück. Ruhe, Vorgarten zum Häuschen, in dem gepflegte Kinder spielten. Bis zu meinem Nachtschwimmen hätte ja auch ich mich zu einer solchen Perspektive bekannt. Nun zog ich zwar prinzipiell in Betracht, mich zu irren, aber eigentlich glaubte ich das nicht.
Blieben die Bienen. Dass die irgendetwas mit uns anstellten war sicher. Aber was? Wann wirkten sie warum auf welche Menschen ein? Konnten sie unsere Gedanken lesen? Als unausgesprochene Gedanken oder in Form der geführten Gespräche? Das letzte hielt ich für die zu bevorzugende Arbeitshypothese. Schließlich hatten sie dem Anschein nach unser Theater nicht als solches durchschaut. Sie hatten die Worte so aufgenommen, wie wir sie gesprochen hatten. Gegen diese Hypothese sprach allerdings die Programmierung von
Kantus und Yong-Brown. Allerdings gab es dafür auch eine Erklärung.
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