Dienstag, 25. Oktober 2011

Lyrik-Prosa-Wortkultur 1188

Übermorgen sind die "Gedichte des Tages"  "Die Zeit wird alles richten(4)".und

 bankmonolog 

sowie


Vermessen, verhoben und viel zu neurotisch
nur high, verloren und eh bloß besessen
verzweifelt, verloren, dabei noch exotisch
nur einsam, traurig und eh bald vergessen
Abgefuckt, abgehoben und selbst bloß betrogen
bedeutungslos und zu sich nicht ganz ehrlich
abgedreht, abgeschoben, auf sich bloß bezogen
so ahnungslos und dazu noch selbstherrlich
Ach Mensch, wie soll ich´s richtig nur machen
„einfach alles glauben, dumm! Ganz ehrlich!“
über Dummen, glaubst du, kann man nur lachen
Zweifel an dir machen dumm und gefährlich
Mensch, du willst verpflichtend Geschichte erkennen
warnst vor reißendem Fluss und bösen Quellen
Mensch, willst als historisch bedingt es dann nennen
dagegen selber zu türmen reißende Wellen
So dürft´ ihr den Tollen weiter gerne lächerlich machen
doch bittersüß schmeckt er nach, der reine Wein
vom bitterstem Ernst zeugt oft das gezwungene Lachen
was den Kater spart. Bitte schenkt mir weiter ein.


Und nun die Prosa. Da sind wir allerdings am Ende der Erzählung angekommen:

"Welcher nun bin ich?" Teil 5


Ich könnte zum Beispiel dich verschwinden
Eine lange Rede. Und sie ist nur der Anfang. Wir haben noch extrem viel zu bereden. Ich bin etwas sauer, dass nun ein Anderer die Temper-Kapsel getestet hat. Lydia ist offenbar nicht mehr so sprunghaft wie damals, so hübsch übrigens auch nicht. Zu dem Buchhalter-Ich passt sie entschieden besser als zu mir. Dafür hat sie sich den Luxus dreier altbiologisch gezeugter Kinder geleistet, wovon Susanne mit ihren 22 Jahren das beeindruckendste ist – kein Wunder: da bin ja ich der Vater. Okay. Er auch.
Wir kommen, wie man so schön sagt, vom Hundertsten ins Tausendste. Mein Buchhalter-Ich beruhigt mich. Man sei gewöhnt, dass er mitunter bis in die Nacht hinein arbeite, und … da zwinkert er verschwörerisch … das habe auch Gründe. Eines seiner Regale entpuppt sich als Hausbar. Bei einem wirklich guten Tropfen räumt er ein, dass ihm manchmal sein geregeltes, langweiliges Leben zum Halse heraushänge. Wie er mich beneide, was ich in der Zwischenzeit alles erlebt habe. Das wäre mir mit Lydia an der Backe – er sagt wortwörtlich „an der Backe“! - nicht gelungen. Manchmal wünsche er sich, noch einmal von vorn anfangen zu können.
Na, ist das kein Stichwort für einen wie mich?
Gut, wir sind beide vom Zustand der Nüchternheit schon ein gutes Stück entfernt. Trotzdem ist das, was ich ihm erkläre und was wir zu inzwischen nachtschlafener Zeit sofort umsetzen, keine reine Schnapsidee.
Er geht vor in den Kapselraum. Zuvor sichert er ab, dass der Wachhabende in der Zentrale in seligen Schlaf versinkt. Die Kameras zeichen alles auf. Aber wer sollte schon direkt reagieren? Bis zur Ablösung wäre es zu spät. Dann wiederhole ich die Abläufe um den Kapselstart, wie ich sie nach Jannas Einschlafen durchgespielt hatte. Diesmal allerdings mit zwei Kapselinsassen und ohne Rückholautomatik. Noch mehr Variationen unseres Ichs müssen nun wirklich nicht sein.
Als mir schmelzend heiß wird, habe ich eines dieser Zeitüberlagerungsgefühle. Ich feixe wahnsinnig bei der Vorstellung, dass mein fülligeres Ich sich gerade ausgelassen fühlt. Schon wird uns wieder kühler.
Um uns der Keller unserer schicksalsträchtigen Mensa. Wir schmunzeln uns an. Welch Vergnügen. Beinahe wie in einem Déjà-vu sehen wir, wie unser Jugend-Ich uns entgegenkommt und an uns vorbeistürmt. Wir sind brav zur Seite getreten. Dann schreiten wir nebeneinander durch die Tür direkt auf Lydias Tisch zu. Wir fragen nicht, ob frei ist. Wir setzen uns einfach. Sonnen uns in der Verwirrung unserer Jugendliebe. In Lydias Gesicht sieht man die Gedanken arbeiten. Wir warten. Wir haben doch alle Zeit der Welt. Und Hoffnungen haben wir, Hoffnungen … Zum Beispiel, dass wir uns die Freuden und Pflichten der Vaterschaft fair teilen können, jeder so etwa ein Drittel, vielleicht der junge Spund etwas mehr, weil der noch durch muss und mein Buchhalter-Ich etwas weniger, weil der ja alles schon einmal hinter sich hat. Vor allem aber hoffen wir, gemeinsam die ganze Temper-Kapsel-Sache verhindern zu können. Unser jugendliches Ich wird hoffentlich einsehen, dass es genügend andere Abenteuer zu bestehen gibt. Er wird doch nicht ernsthaft wollen, dass in einer der vielen parallelen Welten noch mehr wie wir herumlaufen.
Da! Die Tür geht auf. Unser jugendliches Ich sieht sofort zum Tisch unserer Geliebten. Er hat uns entdeckt. Er wundert sich. Man sieht´s. Ob er sich erkannt hat? Wir werden ihm das schon erklären …    

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