Samstag, 19. Mai 2012

Lyrik-Prosa-Wortkultur 1395

Diesmal sind die beiden Gedichte des Tages sowohl zeitlos als auch tagaktuell:


Wenn jemand von "animalischen Gefühlen" spricht, weiß eigentlich jeder, was gemeint ist. Dass das, was Gunda Jaron in "Die schöne Mexikanerin" herleitet, eigentlich auch als "animalisches Gefühl" bezeichnet derden könnte, ist wieder ein Stück Lyrik: Etwas Gewohntes aus neuer Perspektive zu sehen ...
Mit "Occupy ... or not?" schicke ich dagegen ein ernsthaftes Thema ins Test-Rennen bzw. frage, ob es noch ernsthaft geht ...


Der Fortsetzungsroman ist auf jeden Fall insofern "zeitlos" als dass er in der Zukunft spielt:


Slov ant Gali / Gunda Jaron:   

                Ich wurde Gott (58)


... In den folgenden Stunden gönnte ich mir einige vergnügliche Minuten. Ich hatte zwei der Robbis beauftragt, die Kinderzimmer und schließlich alle Räume der Burg mit Kameras zu versehen.
Meine Hoffnung wurde nicht enttäuscht. Mit verblüffender Ausdauer trieben die Mädchen ihr Spiel mit jenen sprechenden Apparaten. Ich schaltete natürlich den Hauptrechner zu, um das Übersetzungsprogramm zu vervollkommnen, und ich versuchte ein wenig die Saks-Sprache mitzulernen. Ich würde nicht zugeben, wie weit ich sie verstünde – aber es konnte nicht schaden und Zeit vergeuden konnte ich nicht damit.

Ich hatte mir vorgenommen, meine künftige Gemeinde in fast alle Geheimnisse meiner Welt einzuweihen, eines aber auf jeden Fall auszuklammern: die Replikatoren. Zum einen wären die eine ungeheure Verführung. Ich traute mir einfach keinen nachhaltig wirksamen Vortrag zu, wozu man noch irgendeinen Arbeitsvorgang selber machen sollte, wenn man – in den Augen der ahnungslosen Saks - sich alles Nötige und Unnötige mühelos durch dieses technische Tischlein-deck-dich fertig serviert bekommen konnte. Ich fürchtete die totale Faulheit.

Woher sollten Dörfler um das Vergnügen wissen, etwas Kreatives wirklich selbst gemacht zu haben, um Kunst, die nur dem eigenen einzigartigen Kopf entspringen konnte – so wie ja jede Materiestruktur eines zu replizierenden Gegenstandes jemand zu einem in den Replikatoren gespeicherten Programm hatte machen müssen.
Und vergiss nicht: Es gehört zu den Geheimnissen jeder Macht, eben nicht alles vollständig preiszugeben, was sie stützt.
Die Zahl der Räume in der Burg war so groß, die Verbindungen zwischen ihnen teilweise so unübersichtlich, dass manche Räume für Uneingeweihte einfach nicht existierten. Die Robbis halfen da etwas nach. Verbotene Zimmer schienen mir nämlich zu unsicher.
Allerdings hatte ich ein Problem, das ich umgehend gelöst wissen wollte: das Wasser. Die Burg verfügte über einen guten Tiefbrunnen und ein Sammelbecken. Offenbar waren zuvor mehrere Knechte fast während der gesamten Arbeitszeit damit beschäftigt gewesen, die Eimer zu füllen, hochzuziehen, an die Orte ihrer Bestimmung zu schleppen. So war nicht nur das Baden, sondern auch das Waschen ein seltenes Ereignis. Ich aber wünschte mir keine abschreckend riechenden Mitbewohner, sondern mindestens WCs für alle und Duschen. ...


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