Mittwoch, 7. August 2013

Lyrik-Prosa-Wortkultur 1817

Und wieder heißt es "Fortsetzung folgt" bei der Prosa:

Slov ant Gali: Planet der Pondos (33)

Onja sah sich noch immer hilflos auf der kleinen Lichtung um.
„Oka? Oka, wo steckst du?“
Das war ein Spa? für Okana! Onja stand nur drei Schritte von ihr entfernt, aber sie entdeckte überhaupt nichts.
Endlich sprang Okana vor und zog die Freundin am Arm mit sich nach unten. „Hier! Komm schnell! Aber trample das Gras am Eingang nicht nieder! Dann findet ihn ja jeder.“
Fast wäre Onja gestürzt. Aber auf der Lichtung war niemand mehr zu sehen.
Nur ein paar matte Lichtschimmer erhellten die neue Umgebung. Okana zündete eine Fackel an. „Noch ein Stück!“ rief sie. Sie ging fünf, sechs Schritte gebückt voraus, bevor sie sich wieder aufrichtete. „Das ist mein Reich!“
Onja bestaunte alles wie in einem Märchen. Die Wände der Höhle funkelten. Okana hatte mehrere Decken, ein Schränkchen und einen Kanister mit Brennöl an der linken Höhlenwand aufgebaut.
„Onja, das ist immer noch nicht alles. Am anderen Ende der Höhle fängt ein langer Gang an. Und wei?t du, wo der endet? Ganz in der Nähe vom Traumsee. Kommst du mit?“
Okana amüsierte sich über die verunsicherten Blicke der Freundin. Um diesen See rankten sich die seltsamsten Gerüchte. Vor dem Krieg wären dort gro?e Volksfeste gefeiert worden. Wer darin badete und sein Wasser trank, der fühlte sich plötzlich total glücklich. Deshalb endeten die Feste immer im Wasser. Aber der See lag mitten im Welaspalt, der für jeden Zugang offiziell gesperrt war. Trotzdem – oder eben genau deshalb – gehörte es zu den Mutproben der Schulabgänger, dorthin zum Baden zu schleichen. Immer wieder erzählten die Erwachsenen, wie gefährlich es sei, aber in den vergangenen Jahren war nie etwas passiert. Im übernächsten Hochsommer wäre es für Onja und Okana soweit. Dann stand auch ihnen diese Erwachsenentaufe bevor. Dann würden auch sie wohl am eigenen Leibe erfahren, was es mit den besonderen Kräften des Wassers auf sich hatte. Aber Okana wollte nicht mehr so lange warten.
„Wir baden jetzt schon dort.“
Sie bemühte sich, nirgends Spuren zu hinterlassen.
„Das soll unser Geheimnis bleiben.“
Als sie am Ufer des Sees ankamen, stand die Xume schon dicht am Horizont. An einer Uferstelle war vor Unzeiten Sand aufgeschüttet worden. Der lud immer noch zum Baden ein. Die hohen Bergmassive des Tien-Tien bildeten zu beiden Seiten des Welaspalts eine fast geschlossene Wand gegen kalten Wind. Auch an diesem Abend war die Oberfläche spiegelglatt, als die Körper der beiden Mädchen immer tiefer im Wasser verschwanden. Anfangs waren Okana und Onja ganz leise, dann fingen sie an herumzualbern, immer lauter und lauter, und dann achteten sie nicht mehr auf die Zeit. Irgendwann spendeten ihnen nur noch die Sterne etwas Licht. Da sanken sie erschöpft, aber glücklich auf den Ufersand nieder.

Am nächsten Vormittag tauchten sie wieder in ihrer Siedlung auf. Okana erzählte, dass sie sich beide im Wald verirrt hätten. Um nicht im Dunklen in die falsche Richtung zu laufen, hätten sie sich früh schlafen gelegt. Aber wozu regten sich alle so auf? Es war doch nichts passiert! 


***
Die Gedichte des Tages werden sein:

In den beiden folgenden Gedichten spielt der Tod eine Rolle. Wichtig ist dabei vielleicht, dass beide Autoren hoffentlich keine allzu enge Beziehung zu ihm haben.
Thomas Reich: "Wer geht als Erstes?"
Sebastian Deya: "Mutter Sprache" ...

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