Freitag, 23. August 2013

Lyrik-Prosa-Wortkultur 1832

.Dies ist das letzte Stück der Erzählung vor einer Pause zwischendurch. Es muss erst wieder "geschöpft" werden.

Slov ant GaliJeder gegen jeden (10)

... Serada entschied ohne Diskussion. Sie kannte Iwan gut genug. Er hätte seine moralischen Bedenken ausdiskutieren wollen, hätte ihr als Frau den Vortritt lassen wollen und vielen Quatsch mehr. Dabei war die Situation schon peinlich genug so nackt und dabei heimlich beobachtet und dazu dieser Mann, der wohl am liebsten den Kapf abgebrochen hätte, um mit ihr zusammen zu sein.
Es wurde ein Reinfall. Nein, sie begegneten noch immer keinem Kontrahenten mit oder ohne Strahler, obwohl die Wahrscheinlichkeit einer Kampfbegegnung eigentlich von Minute zu Minute stieg. Das gebot die Logik. Die Ziele 1 waren sicher alle weit vom Eingang verborgen, damit sich die Kandidaten alle etwas in Wehrlosigkeit erschöpften. Ein Versteck draußen war zu ungleich einem im Innenlabyrinth … Aber alle Diskussion war müßig.
„Wir irren uns nicht. Genau hier ist die Stelle, an der die Zielmarkierung auf der Karte ist. Und hier ist nichts.“
„Wollen wir nicht nochmal ..“
„Nein, Iwan, wir wollen nicht. Wir wollen mein Paket finden. Danach können wir es immer noch wieder hier probieren. Dann kann aber der eine den anderen sichern. Ich mach hier nicht den Hasen.“
Serada strich ihre Karten am Boden glatt. Daneben lagen Iwans.
„Sowas hatte ich befürchtet. Es ist gar nicht weit. Dann gibt es hier noch mehr Ziele, die vielleicht längst gefunden sind. Deins hat wohl jemand gefunden.“
Es war eine Übung aus dem Standardprogramm Häuserkampf. Zu ihrer normalen Ausbildung hatte es gehört, einander zu sichern, während sie ein fremdes Objekt untersuchten, ein „Haus“ eben. Sie kämpften sich Raum für Raum vor, riefen sich leise „Sicher!“ zu, lösten sich ab dabei. Na gut. Einen Unterschied zum Training gab es schon: Sie waren beide unbewaffnet, konnten sich also nicht wirklich sichern.
Es wurde immer gespenstischer. Noch immer waren sie keinem der anderen Kämpfer begegnet. Auch keiner Spur von einem. Dann hatten sie das Zimmer mit Seradas Ziel 1 erreicht. Iwan postierte sich am Gang. Allerdings hätte wohl das Geräusch des Auspackens des „Seesacks“ das Geräusch der Annäherung eines vorsichtigen Gegners übertönt. Da rief Serada Iwan an.
„Wie witzig! Aber wie für mich gemacht.“
Tatsächlich enthielt das Paket Bekleidung für eine zierliche Frau. Ein kurzes khakifarbenes Kleid aus einem robust wirkenden Stoff. Dazu lederne Knieschützer und passende Kampfstiefel.
„Na toll! Und ich soll dich nackt begleiten?“
Die folgenden Bewegungen waren nur als Zeitlupenaufnahme genau zu verfolgen. Serada warf sich plötzlich zur Seite, ihre erste Handbewegung hatte bei Iwan ein kurzes Zucken bewirkt. Er warf sich auf den Boden. Seradas Strahler schien die Hand der Frau zu führen. Der Schuss verursachte genauso wenig ein Geräusch wie der Strahl. Ein paar Krümel bröckelten an der Wand ab. Ein unterdrückter Aufschrei. Stille.
Serada und Iwan rührten sich nicht. Mit kaum merklichen Bewegungen von Kopf und Augen versuchten sie sich zu verständigen. Es war klar. Iwan hätte sich gern überzeugt, ob der Schuss ein Treffer gewesen war. Hinter der Deckung des nächsten Durchgangs lockten nun Bekleidung und eine eigene Waffe. Serada traute dem allzu glücklichen Zufall nicht. Bleib hier, riefen ihre Augen. Iwan aber hatte sich daran gewöhnt, auf Seradas Augen zu hören. Unsicher verfolgte er ihre Aktivität. Aber dann hatte er begriffen. Tatsächlich: Kaum hatte sich die Stoffansammlung, die man für Seradas bekleideten Rücken halten konnte, genug Angriffsfläche geboten, färbte sich ein Punkt darauf. Vielleicht reagierte Serada einen Moment zu langsam. Ihr Schmerzensschrei kam zu spät, um geglaubt zu werden. Serada und Iwan hörten sich rasch entfernende Schritte.
„Schade!“ murmelte Serada. Schon begann sie ihren „Seesack“ ins „Badezimmer“ zu ziehen, den kleinsten Raum, aber den einzigen der jeweiligen Wohnung, der nur einen Ein- und Ausgang hatte. In der trügerischen Sicherheit des freien Rückens zerlegte sie ihr Ziel 1. Nach knapp einer halben Stunde waren beide satt und Iwan trug einen Lendenschurz, Ellenbogen- und Knieschützer sowie etwas, was bei großzügiger Bewertung als Mokkassins durchgehen konnte. „So. Und jetzt versuchen wir, ob wir an die Austauschziele herankommen.“
Iwan verzog sein Gesicht zu einem bemühten Lächeln. Seradas Bemerkung konnte Aufmunterung und Drohung in einem sein ...

***

Bei den "Gedichten des Tages" ist diesmal ein äußerer Anlass das verbindende Element. Ein Offenleger von Geheimnissen, die dich geheim bleiben durften, wurde extrem unmenschlich abgeurteilt und hat daraufhin verkündet, nunmehr als Frau weiterleben zu wollen.

Beim morgendlichen Abarbeiten meines Postfachs stolperte ich über Petra Namyslos Gedicht "Für Chelsea Manning". Erst einmal reagierte ich nur mit einem unwissend verwunderten "Hä?!" Ich hatte die Nachricht, dass der Offenleger Bradley Manning nach dem über ihn gesprochenen Schandurteil (Mörder der gemeinen Art rechnen in Deutschland mit der halben Strafzeit ... höchstens) sich dafür entschieden hatte, nun als Frau zu leben, als die er sich fühlt, noch gar nicht mitbekommen. Petra jedoch hatte schon ein Gedicht draus gemacht. Es blieb mir nur übrig, ein ergänzendes Gedicht "Chelsea werden dürfen" zu fabrizieren und ein Senryu, das ich allerdings für gelungen halte ...

Bei den "Gedichten des Tages" droht Einseitigkeit:



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