Montag, 4. März 2013

Lyrik-Prosa-Wortkultur 1670

Heute geht alles den am häufigsten benutzten Weg. Begonnen wird mit den morgigen "Gedichten des Tages" - wenn auch mit der Überraschung, dass es nach langer Pause wieder ein Hanna-Fleiss-Gedicht gibt - dann folgt Prosa, allerdings nicht die begonnene Romanidee, sondern eine Idee, die für die Sammlung von SF-Kurzgeschichten "kandidiert":


Normalerweise ist die einfachste Form der Einreichung von Tagesgedicht-Kandidaten, sie als "Kommentar" irgendwo anzuhängen. Allerdings hat Over-blog den Service eingestellt, extra über neue Kommis zu informieren. Man muss also das spezielle Moderatorenfach extra aufrufen. So habe ich etwas verspätet entdeckt, dass sie Hanna Fleiss wieder gemeldet hat. Und wie!!! Ob sie dem durch den Titel "Lieber Herr Shakespeare" selbst gewählten Anspruch gerecht wird, kann jeder selbst entscheiden. Ich sehe schon das Schmunzeln im Gesicht des Herrn Brecht, der seine Freude nicht nur an der dialektischen Logik des Sonetts gehabt hätte ...
Wäre ich Hutträger könnte ich selbigen einfach vor Hannas Beitrag ziehen, so erlaube ich mir einfach einen "lyrischen" Vorgriff auf den Frauentag. Was hier "aquarianerlatein" heißt, geht auf ein tatsächliches Brutverhalten einiger Fischarten zurück ...


Keine Leiche (1)

„Was hätte ich denn tun sollen? Er war doch mein Vater! Und nun ist er weg und ich müsste bei ihm sein und bin hier.“
Der zwölfjährige Betto hatte endlich einen Blick von der Bildwand gelöst. Eine lange Rede hatte sich über Kriana, seine gleichaltrige Klassenkameradin und Freundin ergossen.
„Du hättest ihn hindern müssen. Er war doch dein Vater.“
Damit bestärkte sie entweder ungewollt seine Zweifel oder sie wollte nur seinen Widerspruch gegen eben diesen Zweifel herausfordern.
„Warum verstehst du mich denn nicht. Er wollte mich mitnehmen und ich wollte eigentlich mit. Aber dann … In 50 Jahren ist er gestorben und ich bin allein. Bis ich auch sterbe.“
„Warum …“
„Hätte ich dich mitnehmen können, dann ja. Stell dir vor: Wir suchen uns eine Höhle, auf der wir den Meteoriteneinschlag überstehen. Wir bringen ein paar Dinobabys in Sicherheit, die halten wir uns als Haustiere. Wir haben Kinder zusammen, die genau so sind, wie wir sie wollen, weil sie kein anderer ärgern kann. Wir machen die Evolution neu. Eine ganz andere Erde. Das wär doch was gewesen, oder?“
„Betto, wollen wir nicht besser unter Menschen …“
„Kriana, nein! Unter Menschen will ich nicht. Nicht heute und die Barbaren von früher schon gar nicht. Du bist eine Ausnahme.“
Die beiden hatten längst die Wohnung verlassen und näherten sich inzwischen dem Eingang der nächsten Polizeistation.
„Betto, meinst du wirklich, das ist eine gute Idee? Die werden dich auslachen.“
Doch der Junge war schon durch die Tür. Er versuchte, sich groß zu machen und sagte mit einer Stimme, die er für besonders männlich hielt: „Zur Mordkommission. Ich muss eine Aussage in der Angelegenheit der verschwundenen Studenten der physikalischen Fakultät machen.“
Nach einer halben Stunde stand die beiden Kinder wieder draußen.
„Siehste! Ich hatte dich gewarnt. Keiner glaubt dir.“
„Kriana, Menschen sind doof. Wenn ich sage, gehen wir zum Fernsehen, sagst du dasselbe wie eben. Und du wirst Recht haben. Nein, ich bin auch doof. Ich hätte auf dich hören sollen. Aber ich habe längst einen besseren Einfall. An dem kann mich niemand hindern: Ich veröffentliche den Fall im Internet. Früher oder später stößt dann jemand drauf, der mir glaubt oder wenigstens ausprobieren will, was dran ist. Und er wird alles bestätigt finden. Und verschwinden. Und immer mehr werden forschen, warum wer verschwunden ist. Und auch verschwinden. Wer will nicht in irgendeine Vergangenheit reisen? Mal sehen, wie es damals wirklich ausgesehen hat? Und dann wird das Institut von Galvavico das große Geschäft wittern. Und allen, die wir nicht mögen, werden wir den Tipp geben und sie werden verschwinden. Auf dieser Erde werden bald immer weniger Menschen leben. Vielleicht leben wir bald fast alleine hier. Dann können wir uns küssen, wann und wo wir wollen.“
„Betto, aber vielleicht sind alle einfach tot?“
„Das ist ja gerade das Gute: Das wird niemals jemand erfahren. Wer sich entschieden hat, ist weg und es kommt keine Nachricht in unsere Zeit zurück.“
„Betto, ich hab dich lieb!“ ...




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