"Unterirdisches" ist nicht Hanna Fleiss´ Beitrag zur modernen SF-Lyrik, sondern leider sehr aktuell - da mag man kaum über einen korrekturbedürftigen Reim meckern, wenn solche korrekturbedürftigen Verhältnisse beschrieben werden. Vielleicht wäre aber der Bezug zur Zeit der Wölfe "bei vollmond" etwas zu weit hergeholt ... vor allem, weil es ja wirklich "nur" um die Umweltzerstörung geht ...
.
Die Erzählung ist wohl eher heiter, oder?
Slov ant Gali: Die Kontaktanzeige (8)
... „Ich habe gleich gewusst, dass du
ein Mann sein würdest. Gut siehst du aus, echt gut!“ Auf den
Stufen vor der Eingangstür hatte ein schlanker junger Mann in der
Vormittagssonne gesessen. Jetzt streckte er Aufmüpfer seine
feingliedrige Hand entgegen.
„Nein, nein, gewusst habe ich
nicht, dass du gleich wiederkommen würdest, aber geahnt. Und wenn
ich mich geirrt hätte, hätte ich auch nichts verpasst: Hier auf dem
Dorf kann man das Wetter viel besser genießen als in Berlin.“
„Wer sind denn Sie?“ Christian
tat betont abweisend, obwohl er sicher war zu wissen, mit wem er es
zu tun hatte. Vor allem, mit welcher Art von Mann. Schon der
Hüftschwung bei jedem Schritt – der Mann schien einen Hula-Reifen
über der Taille halten zu müssen – ließ keinen Zweifel.
„Mensch, ich bin doch der Marian,
dem du auf die Anzeige geschrieben hast! Erinnerst du dich nicht
mehr?“
Währenddessen waren die beiden in
den Korridor getreten.
In Aufmüpfer arbeitete es
fieberhaft. Erst überlegte er, wie er den warmen Bruder loswerden
könnte – selbst der Händedruck war ihm schleimig erschienen –
dann siegte das „berufliche“ Interesse: Zeit hatte er. Also saßen
die beiden sich am Wohnzimmertisch gegenüber. War das eine
brauchbare Lustspielidee? Mann A sitzt neben Mann B und weiß
natürlich nicht, was das für einer ist. Der versucht, immer noch
ein Stück näher zu rücken und Mann A die Hand auf den Oberschenkel
zu legen, ganz wie unbeabsichtigt, und dieser schenkt Mann B ein Bier
ein und ... Und während Christian noch überlegte, hatte dieser
Marian seinen Kopf heruntergezogen und küsste ihn und küsste ihn
und küsste ihn …
Noch nie hatte sich Christian Aufmüpfer
so sehr über das Weckerklingeln gefreut wie diesmal. Noch Minuten
dauerte es, bis er sicher war, dass das Ganze nur ein Traum gewesen
war.
Nun begannen Wochen voll hektischer
Aktivität bei Aufmüpfers. Marion hatte ihr Praktikum beendet und
verfügte als Studentin über freie Zeit. Die verbrachte sie auf dem
Dorf bei Christian, und noch nie war dieser so froh darüber gewesen,
ganz am Ortsrand, weitestgehend unbeobachtet von irgendwelchen
neugierigen Nachbarn zu wohnen. Er war glücklich. Was Marion nicht
ahnen konnte: An verschiedenen Stellen der Wohnung hatte Aufmüpfer
„Wanzen“ installiert. Alle ihre Worte wurden Christiane
aufgezeichnet. Die Mitschnitte ihres Stöhnens ertönten an den
folgenden Vormittagen noch einmal, wenn Christian an seinem Roman
arbeitete. Das strahlte ins Eheleben: Täglich rief Christian an, wie
es Rita ginge, ob es Besonderes gäbe und … natürlich, wann Rita
wieder zu Hause zu erwarten wäre. Lange hatte er sich diese
Aufmerksamkeit nicht so regelmäßig geleistet. Er empfing Rita mit
einem geschmückten Abendbrottisch, manchmal mit Blumen darauf.
Das Haus durchzog ein Hauch männlicher Fürsorge für kleine
Schönheiten, dessen Fehlen Rita Christian bisher immer vorgeworfen
hatte. Nun hatte sie, was sie so vermisst hatte.
Anfangs deutete Rita Christians
Verhalten fast richtig: Schlechtes Gewissen wegen „der Sache mit
Marion“. Allerdings wäre sie nie darauf gekommen, dass diese
„Sache“ über den einen Kontakt hinausgegangen war. Aber
plötzlich entdeckte Rita den Reiz, vom eigenen Mann begehrt zu
werden. Sie kaufte Push-up-BHs und Blusen, die sie voll zur Geltung
brachten. Sie blieb als Letzte im Büro, damit sie sich für zu Hause
umziehen konnte. Der Gedanke, einer ihrer Kollegen würde sie so
sehen, trieb ihr Schauer heißen Bluts ins Gesicht.
Ihr Mann hatte Erfolg. Das spürte sie.
Sie sah, wie viele Seiten Text Christian am Tage geschrieben hatte.
Ihr Mann war mindestens genauso aufgeräumt wie das ganze Haus. Sie
hörte seine obszönen Anfeuerungskosereien und als er in sie
eindrang, schrie sie das erste Mal in ihrer langjährigen Ehe leise
auf. . Bisher hätten ihre Kinder mit im Schlafzimmer schlafen
können, sie hätten nichts bemerkt. ...
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