Freitag, 26. April 2013

Lyrik-Prosa-Wortkultur 1723

Back to the Roots. Zurück zu den Wurzeln ... oh, das darf man ja nicht - das ist ja "radikal". Aber man wird ja nach Geschichten fragen dürfen:


Anna Roth: Wurzeln (5)


... Ich fand die Adresse auf Anhieb.Die Siedlung war während des gesamten Krieges von Luftangriffen verschont gebliebenDer Krieg kam aber gerade auf der Halbinsel an. Der Anger war voller Notbaracken mit Kriegsgefangenen, die in Tag- und Nachtarbeit Stellungen bauten. Polen, Franzosen, Russen ... Um sie herum Jungs mit ersten Barthaaren. Für einige von denen lockte noch das große Kriegsspiel.
... Ja, schütte gleich zwei Löffel Zucker in die Tassen. Danke ...
Gundel war 22, einsam und verängstigt. Nach meinem Gruß hat sie mich wie eine wiedergefundene Schwester empfangen. Ihr Mann war auch im Krieg. Sie besorgte die Wirtschaft. Außerdem ihre hilflose kranke Mutter, einen Hund und zwei alte Gänse, die zu schlachten sich nicht mehr gelohnt hatte. Mit mir zusammen sah sie den Abendstunden etwas ruhiger entgegen.
Aus den Nachrichten zur Frontbegradigung im Volksempfänger ... na, dem Radio ... versuchten wir den Stand der Frontlinie abzuschätzen. Schwerin war kein strategisch bedeutsamer Ort. Sowohl Russen als auch Amerikaner hatten keine Eile, uns zu erreichen. Wir hofften weiter, die Amis kämen zuerst.
... Zuerst aber kläffte Nero. Es war später Abend. Wie immer hatten wir abgedunkelt wegen der Bomber. Es war eigentlich Zeit zum Schlafengehen. Der altersschwache Köter aber kläffte richtig wütend.
Gundel flüsterte: "Elfriede, da ist jemand im Garten. Ein Fremder."
Und ich versuchte sie zu beruhigen: "Lass nur, was soll er schon holen? Und wenn ... Verhindern können wir es sowieso nicht. Hauptsache, er kommt nicht rein."
Ich sprach das wie so eine Beschwörungsformel. Aber sie wirkte nicht. Nun klopfte und kratzte es an der Hintertür. Gott, welcher Einbrecher hätte denn das getan? Wenn wenigstens der Kläffer die Schnauze gehalten hätte! Wir taten, als wäre niemand da.
"Elfi? Elfriede?"
Eine Hand kratzte am hinteren Mittelfenster.
Erst sahen wir uns verdutzt an. Dann aber schoss ich an die Tür, schmiss dabei einen Stuhl um, griff nach der Klinke. "Gundel, wo ist der Schlüssel? ... Im Sekretär?!" ... Moment ... Du hast gesagt, ich soll ihn nicht stecken lassen."
Gundel zitterte, als sie mir den Schlüssel gab, ich zitterte, als ich versuchte, ihn in das Loch zu stecken, ihn umzudrehen... Und dann endlich war Vati, euer Opa, zu Hause.


Die morgigen "Gedichte des Tages"  sind dank eines technischen Fehlers übrigend zumindest den Newsletter-Abonnenten schon bekannt:

Heute steht eine besonders wichtige Unterart des Homo sapiens sapiens im Mittelpunkt, der sogenannte, mitunter allerdings auch nur so genannte DICHTER. Was da aus Hanna Fleiss´ Spiegel uns als "Dichterlos" entgegenschmunzelt, dürfte uns dabei nicht fremd sein ... Dagegen ist die "alltagsliebe" aus "Mit Blindenhund durchs Liebesland" beinahe nur ein exotischer Sonderfall ...



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