Für Slov ant Gali zumindest ja. Sein neues Buch, das sich sehr schwer in eine ausreichend genaue Schublade unterbringen lässt, erblickte das Licht der Welt ... noch weitgehend unbeachtet ...
Dieses Blog greift ein paar Aspekte der "belletristischen" Passagen heraus. Dabei spielen die autobiografischen Kapitel eine besondere Rolle:
Wie ich trotz und wegen der DDR zu meinem ganz individuellen Kommunismus fand (1)
Ich bin Individualist. Hielte ich
„Kommunismus“ für eine verordnete Gleichmacherei im Sinne einer
„Kollektivierung“, wäre er keine für mich wünschenswerte
Zukunftsvorstellung. Für Massenparaden vorbei an einem Großen
Vorsitzenden bin ich nicht gemacht. Weder möchte ich jemand
kollektiviert wissen noch kollektiviert werden. Ich habe meine eigene
Sicht darauf, was „vernünftig“ ist. Die muss man nicht teilen.
Aber schon als penetrant aufdringlicher Schüler konnte ich es mir
nicht verkneifen, dazwischenzurufen und den Finger vor lauter
vorlauten Fragen oben zu behalten. Und heute bin ich eingebildet
genug, mir das weiter zu gönnen … und wieder anzuecken. Vielleicht
kann ich der Fantasie eines Lesers auf die Sprünge helfen …
Was ich erlebt habe, kann ich nicht
ändern. Ich habe es eben genau so erlebt, auch wenn es zu den
Erfahrungen Anderer nicht passt. ...
Keine Ahnung, wie ich geworden wäre,
wäre meine Familie nicht im Frühjahr vor Abschluss der ersten
Klasse in die Stadt gezogen. Zuvor war ich als Außenseiter
regelmäßig verprügelt worden. Das wichtigste Gefühl meinen
künftigen Mitschülern gegenüber war deshalb anfangs die nackte
Angst. Um keinen Preis wollte ich wieder so isoliert sein wie zuvor.
Die Rolle des Chefs war vergeben, die
des Klassenkaspers frei, und wenigstens in den folgenden drei Jahren
füllte ich sie fantasievoll aus. Den Unterricht zu stören fiel mir
nicht schwer und die dümmsten Kinderwitze verwandelten sich in
meinem Mund in lange Geschichten. Die Rolle hatte mehrere „Vorteile“:
Man schenkte mir Aufmerksamkeit und beim großen Mitschülermobbing
konnte ich zusehen. Das Hauptopfer war über viele Monate ein
Mädchen, das durch ihren Geruch und ihre staksigen Bewegungen
auffiel und das Hinundherschubsen dadurch vergnüglich machte, dass
sie so herrlich verängstigt „Was hab ich euch getan?“ oder
„Lasst mich doch in Ruhe!“ jaulte. Die Lehrer konnten nicht
eingreifen, weil der Terror erst nach Unterrichtsschluss draußen vor
dem Schulgebäude anfing. „Erdnuss“ konnte nicht ungesehen die
Schule verlassen – immer war wer vor ihr da, um den sich dann die
anderen sammelten.
Zuerst war es ein Triumph, als das
Mädchen aus der Schule genommen wurde und in eine „Hilfsschule“
kam. Dann aber … Im Unterbewusstsein einiger Mitschüler meldete
sich wohl das Gefühl, ein unschuldiges Leben versaut zu haben. Das
Mädchen hatte uns ja wirklich nichts getan. Zumindest in mir
erwachte das schlechte Gewissen, dass ich lachend dabeigestanden
hatte.
Mit dem Verschwinden des
„Standardopfers“, an dem meine Mitschüler ihren Schulfrust
abreagiert hatten, begann die Suche nach neuen. Wir waren eine Klasse
mit Jungen-Überschuss und die körperlich Stärkeren begannen nun
die Jagd auf Schwächere. Damit geriet auch ich wieder ins Visier.
Allerdings hatte sich die Situation innerhalb der Klasse verändert.
Ich hatte inzwischen einen Kreis von kindlichen Partnerschaften:
Einen Freund, der an mir hing wie Watson an Holmes, und noch ein
paar, durch die ich mich als Bandenchef fühlte. Ausnahmslos
körperlich Schwächere. Die gegenseitige Unterstützung bestand
unter anderem darin, dass ich bei den Hausaufgaben half und dafür
meine Kunst-Werke für den Zeichenunterricht vorbereitet bekam,
sodass die Vier in Zeichnen verschwand. Meine logische Lektion:
Andere konnten etwas, was ich nicht konnte, und umgekehrt. Wenn dies
auch offiziell nicht erwünscht, eigentlich Betrug war, so stand doch
fest, dass die gegenseitige Nutzung unserer Stärken allen
Beteiligten Vorteile brachte. Es machte mir dabei wenig aus, dass ich
mehr einbrachte, als ich herausholen konnte. ...
Für ein Buch, das eher als Sachbuch gelten sollte, eher ungewöhnlich ist, dass die Stelle von "optischen Illustrationen" (Bilder, Fotos, Grafiken usw.) Gedichte unterschiedlicher Form und Länge einnehmen. In den "Gedichten des Tages sollte in den nächsten Tagen an einige erinnert werden. Logisch, dass es am Marx-Geburtstag eines sein sollte, in dem Marx "auftaucht" ...
Zu den besonderen Talenten von vielen Frauen gehört es, Mahnungen auszusprechen, ohne sie ausgesprochen zu haben, indem zumindest nachher ein schlechtes Gewissen nachher drückt: Es ist ja richtig, dass "Manche nennen es ..." Liebe als gemeinsamer Lyrikband mit Gunda Jaron im Moment etwas ins Hintertreffen geraten ist - was besser könnte daran erinnern als ein Gedicht von ihr mit eben diesem Titel ...
Nun ist aber heute gerade Geburtstag von Karl Marx. Da dürfte es siche angebracht sein, an "Sagen wird man über unsre Tage" von Slov ant Gali zu erinnern, ist es doch eines der Gedichte, die das gerade erschienene Buch "Gemeinschaft der Glückssüchtigen" würzen ...
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