Wie ich trotz und wegen der DDR zu meinem ganz individuellen Kommunismus fand (12)
... Ich war zuständig für bestimmte
Zubehörteile, namentlich Hydraulikventile und Verschraubungen.
Vielleicht nicht gerade die Perspektive, von der aus eine
Volkswirtschaft zu erklären ist, aber meine ...... Es gab natürlich einen spezifizierten
Plan, welche Aggregate wann in welcher Zahl zusammenzubauen gewesen
wären, welche Einzelteile und Baugruppen also pünktlich hätten zur
Verfügung stehen müssen. Antworten auf die Frage, warum die
benötigten Aggregate jeweils nicht zur Verfügung standen, drangen
nicht bis auf meine Ebene herunter. Dass sie nie so ankamen, wie
ursprünglich geplant, merkte jeder. Da dann permanent versucht
wurde, einen korrigierten Plan vorzulegen, der eventuell umsetzbar
gewesen wäre, gab es im Laufe der Zeit bald niemanden im Betrieb,
der die anfängliche Planung noch ernst nahm. Letztlich lief alles
darauf hinaus, gegen Ende der Monate an die Zahlenfront zu werfen,
was dann wirklich montierbar war. In diesem Chaos spielte meine
Abteilung eine eher untergeordnete Rolle. Jeder sah ein, dass kein
Aggregat ohne die passende Pumpe und ihren Motor entstehen konnte.
Der Kleinkram war eben dazu zu besorgen.
Nun hatte so eine „Planung“
Konsequenzen: Die unmittelbare Montage sollte jeweils dann beginnen,
wenn alle zu montierenden Teile am Montageplatz vorlagen. Zur
detaillierten Planerfüllung gehörte, die Kleinteile nach dem
Ausgangsplan aus dem Lager in die Montage zu bringen. Gelegentlich
geschah dies auch. Im seltensten Fall wurde aber wirklich nach dem
Ursprungsplan produziert. Wer also gut gearbeitet hatte, musste
doppelt arbeiten, weil die planmäßigen, aber unter den neuen
Vorgaben nicht verwendbaren Teile nun der tatsächlichen Fertigung im
Weg waren. Das Ergebnis bei den Lagerarbeitern war eine pervertierte
Form von Dienst nach Vorschrift: Sie rührten nichts mehr an, wovon
sie nicht wussten, dass auch die anderen Bauelemente vollständig
vorlagen. Da diese Bedingung mindestens an den ersten 22 Tagen jedes
Monats kaum irgendwo erfüllt war, rührte sich in meinem
Lagerbereich in dieser Zeit so gut wie nichts. Da es aber
ausgeschlossen war, drei Wochen hintereinander tatsächlich NICHTS zu
tun, wurde saufend und Karten spielend beieinandergesessen. Dieses
System hatte für die Lagerarbeiter angenehme Nebeneffekte: An den
letzten Tagen der Monate „brannte die Luft“: Da musste all das
bis dahin Versäumte mit den nun tatsächlich vorhandenen Teilen
nachgeholt werden. Denn letztlich sollten die Pläne ja sogar
übererfüllt werden. (Irgendwelche wurden dann auch offiziell
übererfüllt.) Das war nun in regulärer Arbeitszeit nicht zu
bewältigen. Da wurden Sonderzahlungen lockergemacht, nur damit sich
die Arbeiter an Wochenenden im Betrieb sehen ließen – neben den
„normalen“ Zuschlägen, versteht sich.
Diese Situation war der Normalzustand,
als ich meine Arbeit im Produktionsbetrieb aufnahm. Naiv wie ich war,
versuchte ich umzusetzen, was ich umsetzen sollte. Stieß auf lauter
Unmöglichkeiten. Musste, um etwas (oder jemanden) zu bewegen, die
Arbeiter mit Wodka ködern. Vieles wurde auf dieser Basis möglich. ...
Thomas Reich wird hoffentlich nicht der Meinung sein, ich würde sein Gedicht "Schnauze halten" unwidersprochen lassen. Ich nehme allerdings auch an, dass es zum Herauskitzeln des Widerspruchs gedacht ist. Aber wozu hat denn Buki nun geschrieben?!
Ich halte eben mit ""Gemeinschaft der Glückssüchtigen"" eben gerade nicht die Schnauze, sondern bringe mit Produkten wie "Nach der Geldzeit" eben mein Stück Fantasie, nein liebe Phantasie, in die Diskussion ein ...
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