Wie ich trotz und wegen der DDR zu meinem ganz individuellen Kommunismus fand (6)
... Aber als Acht- oder Neunjähriger fand
ich es herabwürdigend, was der Pfarrer uns Kindern als wahre
Geschichten anbot. Ich verstand noch nichts von der „Wahrheit“ in
Gleichnissen, empfand es als Beleidigung, dass jemand erwartete, ich
würde Märchen für Wirklichkeit nehmen. Das war dann Grund für
entschiedenen Protest bei meiner Mutter und fast das Ende meiner
Kontakte zu kirchlichen „Würdenträgern“. (Später empfand ich
die Gastfreundschaft von Kirchenleuten auf meinen Tramptouren als
wohltuend.)
Anders war das bei manchen
Pioniernachmittagen. Die nachhaltigsten waren jene, bei denen wir
Eicheln und Kastanien für die Tierparktiere (und zum Basteln)
sammelten. Keine Ahnung, ob unsere Eicheln den Tieren wirklich das
Überwintern erleichtert haben. Heute würde ich sagen, das war auch
nicht das Wichtigste. Viel wichtiger war etwas Anderes: Wir hatten
das Gefühl, etwas Nützliches, Wertvolles zu tun, was zugleich
richtig Spaß machte. Das heißt, das Sammeln der Eicheln (und das
Werfen nach Anderen) hätte auch OHNE einen höheren Sinn Spaß
gemacht, es war ein vergnüglicher Zeitvertreib; das Gefühl,
sozusagen unserem Patenschwein das Leben zu erhalten, machte uns aber
erst richtig stolz auf die eigene Leistung. Ich hätte da nicht an
„Kommunismus“ gedacht, aber hat man nicht auch als Erwachsener
Anspruch auf kindliche Freude an der eigenen Nützlichkeit? Wird sie
einem nicht erst durch die Erfahrung von „allgemeinem“ Egoismus
vergällt? Positiv bleiben Reste solchen Erlebens natürlich
besonders dann zurück, wenn man den Erfolg greifbar gemacht bekommt.
Wir waren also eifrige Besucher des Tierparks, wo uns der Nutzen
unseres Tuns von kompetenten Personen bestätigt wurde. (Mir scheint
es selbstverständlich, dass Kinder, denen solche greifbaren
Nützlichkeitserlebnisse versagt bleiben, tendenziell ein Stück
weiter zu Egoisten „erzogen“ werden – ohne eigentlich erzogen
zu werden.) Ganz unmittelbar erlebten wir, dass es schwächere Wesen
gibt, die durch unsere solidarische Hilfe überlebten. Okay … die
richtige Vorbereitung auf eine Welt einzusetzender Ego-Ellenbogen
wäre es nicht gewesen … aber darauf sollten wir ja auch nicht
vorbereitet werden.
Solidaritätsaktionen wie später die
für Angela Davis hatten zwei Seiten: Die übertrieben agitatorische,
dass eine Kommunistin einfach unschuldig sein müsse (was sich im
konkreten Fall allerdings bestätigte), aber auch eine „rein“
menschliche: Stellt euch schützend vor Menschen, die zum Opfer
legaler (oder halb legaler) Ungerechtigkeit werden (könnten). Eine
gute Sache wird doch nicht allein dadurch „schlecht“, dass sie
mehr oder weniger „staatlich verordnet“ wird. Ich finde es heute
peinlich, wenn ausgerechnet mit diesem Ausdruck „Linke“ den
DDR-Antifaschismus verunglimpfen. Am System des damaligen (nicht)
„realen Sozialismus“ gibt es viele Kritikpunkte. Dass sich ein
ganzes Volk mit den wenigen aktiven Antifaschisten, die das
faschistische Terrorregime überstanden hatten, identifizieren
durfte, als wären wir alle Nachkommen mutiger Antifaschisten, halte
ich für bedankenswert.
Wie gesagt, ein Großteil der
Möglichkeiten, die uns Kindern auf die Nase gedrückt wurden, passte
trotzdem nicht zu meiner sich entwickelnden Persönlichkeit:
Fahnenappelle waren mir kleinem Anarchisten schon des Einordnens
wegen suspekt. Zum Glück hielt sich die Zahl derartiger
Veranstaltungen für mich in engen Grenzen. Als wir im Unterricht
Friedrich Wolfs „Kiki“ behandelten, wurde diese Geschichte sofort
eine meiner liebsten.
Noch einmal das gestrige Experiment. Zum Erinnern an Vergangenes aus "Mit Blindenhund durchs Liebesland" von Ricardo Riedlinger"Umsonst ..." und wohl illusorischer Hoffnung auf Künftiges aus ""Gemeinschaft der Glückssüchtigen"" von Slov ant Gali"Das Breite-Lied" (nicht gerade mein Bestes, aber immerhin ...).
Noch einmal das gestrige Experiment. Zum Erinnern an Vergangenes aus "Mit Blindenhund durchs Liebesland" von Ricardo Riedlinger"Umsonst ..." und wohl illusorischer Hoffnung auf Künftiges aus ""Gemeinschaft der Glückssüchtigen"" von Slov ant Gali"Das Breite-Lied" (nicht gerade mein Bestes, aber immerhin ...).
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