Donnerstag, 16. Mai 2013

Lyrik-Prosa-Wortkultur 1740





Wie ich trotz und wegen der DDR zu meinem ganz individuellen Kommunismus fand (13)



... Naiv wie ich war, versuchte ich umzusetzen, was ich umsetzen sollte. Stieß auf lauter Unmöglichkeiten. Musste, um etwas (oder jemanden) zu bewegen, die Arbeiter mit Wodka ködern. Vieles wurde auf dieser Basis möglich
 Von Abteilungsleitern aufwärts war „unten“ niemand zu sehen. Man könnte meine Eindrücke „Kulturschock“ nennen. Irgendwie verging mir beim Anblick der die Arbeitszeit totsaufenden Kollegen die Illusion von der Arbeiterklasse an der Macht und vom „Volkseigentum“. Sahen so „Eigentümer“ aus? Angetrunken in Erwartung des nächsten „Schicksalsschlages“ namens „Plankorrektur“?!
Wie gesagt, ich brachte den „Lunikoff“ mit, wenn ich etwas wollte, und die Arbeiter, überwiegend junge Leute, kümmerten sich dann um „mein“ Problem. Dass wir voneinander nicht besonders viel hielten, verheimlichten wir nicht, aber ich „Sesselfurzer“ kümmerte mich eben und das würdigten sie auf ihre Weise …
Schon beim zweiten Mal war ich gefordert, wenigstens mit anzustoßen. Trotz aller Vorbehalte gegeneinander kamen Gespräche zustande. Eines davon drehte sich um Verschraubungen für Ventile, von denen bei mir buchtechnisch viele vorrätig waren, von denen die Arbeiter aber behaupteten, sie seien alle. Nach einigem Hin und Her stellte sich heraus, dass die Gesuchten bei einem der Aggregate vor der Montage gegen die Originalverschraubungen ausgetauscht wurden. Die laut Plan vorgesehenen passten nämlich nicht. Je länger wir uns unterhielten, umso spannender wurde die Angelegenheit. Konnte es sein, dass da irgendwo ein Fehler vorlag?
Es lag einer vor. Der war, wie´s aussah, bereits bei der Projektierung entstanden. Plötzlich ahnten wir, dass wir sowohl Arbeitszeit als auch Material einsparen konnten. (Die abmontierten nicht passenden Verschraubungen wurden bisher als Abfall behandelt.) Da es weder leicht war, den schuldigen Punkt zu finden noch fachgerecht zu formulieren, wo was verändert werden musste, wuchs eine kleine Forschungsgemeinschaft zusammen. Dieselben Menschen, die während der ganzen vorangegangenen Zeit sich eigentlich als gesellschaftliche Schmarotzer aufgeführt hatten, empfanden sich plötzlich als Miteigentümer, die selbstverständlich sparsam mit „ihrem“ Volkseigentum umgehen wollten. Man erkannte sie kaum wieder. Aus den Säufern wurde eine Jugendbrigade. Plötzlich ging es um „uns“ - unseren Staat, unsere Gesellschaft, etwas, was „wir“ verbessern konnten. Eine für mich unglaublich erscheinende Wandlung. Wenn ich sie nicht miterlebt hätte, ich hätte es nicht geglaubt.

Die Angelegenheit geriet „natürlich“ später in die Fänge sozialistischer Bürokratie. Plötzlich hatte das „Büro für Neuererwesen“ etwas Reales zu tun. Und zwar etwas, was dem Ideal des Staates sehr nahe kam - hatten sich doch richtige Arbeiter mit Angestellten und Angehörigen der Intelligenz zusammengefunden, um einen Arbeitsablauf zu verbessern! „Leider“ nur spontan. Von nun an sollten wir gezielt und geplant Verbesserungen erarbeiten. Wir erstellten auch tatsächlich ein Jugendobjekt. Allerdings bestand dessen Hauptkreativität in der Fixierung eines Nutzens, der nie eintreten konnte. Ich weiß nicht, wie klar das den Einzelnen war, aber mir begann die Sache peinlich zu werden. Die planorganisierte Nützlichkeit verwandelte sich in eine Form des Sich-in-die-Taschen-Lügens. Ich suchte im Unterbewusstsein bereits eine Fluchtmöglichkeit. Es war nur vorübergehend ein Keim aufgegangen. So wäre unsere Gesellschaft geworden …

Und was wird aus den "Gedichten des Tages"?


Thomas Reich wird hoffentlich nicht der Meinung sein, ich würde sein Gedicht "Schnauze halten" unwidersprochen lassen. Ich nehme allerdings auch an, dass es zum Herauskitzeln des Widerspruchs gedacht ist. Aber wozu hat denn Buki nun geschrieben?!
Ich halte eben mit ""Gemeinschaft der Glückssüchtigen"" eben gerade nicht die Schnauze, sondern bringe mit Produkten wie "Nach der Geldzeit" eben mein Stück Fantasie, nein liebe Phantasie, in die Diskussion ein ...




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