Freitag, 1. Juli 2011

Lyrik-Prosa-Wortkultur 1071

Volkslied, leidkulturisch

Wir sind nur ein harmloser Trachtenverein
mit Politischem nichts am Hut.
Wir lassen nicht jeden Fremden rein
nicht Dönerfresser, nicht Jud.

Und sollte was Anderes Mode sein
Multikulti und Fidschi-Kultur.
Dann stopfen wir Neger in die Ledernen rein
und kringeln vor Lachen uns nur.

Ja, am Berg da singt man das Deutschlandlied -
das ganze, so wie sichs gehört.
Weil man hier voll Inbrunst durchs Heimatland zieht
und der Hirsch auf den Lichtungen röhrt.

Wir lieben den Trenker, die Erika.
Wir lieben das Land, wie es wächst.
Und in Breslau da wärn wir als erste da
und schwarz-braun ist unser Text.
 (Mit Erika ist die Pflanze gemeint.)
Zu den "Gedichten des Tages gehören noch "Wehmut" (Kategorie "Test") und aus 2008 Des Spatzen Hofballett


Eine relativ kurze utopische Geschichte hatte mich sowohl gereizt wegen ihrer bösen Vision also auch der erotischen Andeutungen und wegen des "offenen" Schlusses. Auch sie fand Platz in "Mein außerirdischer Geliebter":



Das Oppi der Reife

Schweigend beobachtete Luna ihre beiden großen Schwestern.
Mika war schon angezogen. Sie hatte viel Bräunungscreme eingesetzt, denn an diesem Tag war alles erlaubt, was schön machte. Die in ihre blauschwarzen Haare eingeflochtenen roten Blüten zum Beispiel. Jasmin hatte ihre Haare wachsen lassen, seit ihr erster Tropfen die Wäsche weiblich gerötet hatte.
Und Luna selbst? Ihre Haare ließ sie inzwischen ohne Friseur. In einem Jahr wäre ja auch ihre Feier.
Das würde Tänze geben! Dieses Kleid! Die Arme ließ es frei, über den unsichtbar angehobenen Brüsten wurde es von einer einzigen Spange zusammengehalten, an der drei Onyxe glühten. Bis über die Hüften war es eng geschnitten, um dann weit schwingend bis zu den Waden zu fallen. Schneeweiß, voller Spitzen, Volants und zarten Rüschen betonte es die Haut, die glatt aussah und dunkel wie das Ebenholz aus dem Märchen. Es machte aus Jasmin eine richtige Märchenprinzessin.
Die Haare fielen noch lose und voller natürlicher Locken über die Schultern. Frisiert würde erst nach dem Oppi. So war es Brauch. Weil dann alles schnell gehen musste, hatten die großen Mädchen wochenlang das Flechten geübt. Da würde Luna den ganzen Tag lang das Aschenputtel bleiben.
Mika hatte Sternchen aufgelegt. Trotzdem zog nur Jasmin die Blicke auf sich, als sie stolz durch die breite Gasse der erwartungsvollen Gäste zwischen Anzieh- und Operationszimmer schritt. Obwohl der Weg nur wenige Meter lang war, kostete er die Reifekandidatin mehrere Minuten. Alle wollten ein paar liebe persönliche Wünsche loswerden und das große Mädchen kurz drücken. Ihre beiden Schwestern waren total vergessen.
Luna schlängelte sich zwischen den Festgästen hindurch. Onkel Bori fragte gerade seine Begleiterin, ob sie sich Jasmin besser als Politikerin oder als Mutter vorstellen könne.
Na, ein Glück, dass ihr die Entscheidung abgenommen wird. Du hättest ihr früher bestimmt dein kleines Männchen einjagen wollen. Siehst du, nun bist du glücklich mit mir. Das ist ja so eine Sache mit dem Denken. Du kannst dich vernünftig anpassen, du kannst aber auch zum Aufrührer werden. Stell dir vor, du kämst dann zur Macht! Das wäre ja Revolution, wäre das ja.“
Die Frau sprach dieses Wort mit einem Ekel in der Stimme, als hätte sie einen Regenwurm in ihrem Sektglas gefunden. Von Aufrührern und Revolution hatte Luna im Geschichtsunterricht gehört. Mussten das seltsame Zeiten gewesen sein, als es noch keine geregelte Denksteuerung gab! Unzufriedene Menschen, Schlägereien, kleine und große, Diebstahl, Mord und andere Verbrechen! Wie so schlechte Worte wohl in die Unterhaltung der Erwachsenen hineingeraten waren?

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