Montag, 14. November 2011

Lyrik-Prosa-Wortkultur 1208

Schmunzelnd beginnen wir mit einer sich selbst "auf den Arm nehmenden" Behauptung: Es bleibt langweilig bei den "Gedichten des Tages" übermorgen. Wieder gibt es ein Gedicht von vor drei Jahren ( Liebesbrief (2)), ein Testgedicht ("künstler") und diesmal etwas Herbst:




Und was wird wohl heute die Prosa sein? Natürlich die 7. Fortsetzung des Romans "Operation Zeitensprung" von Anna Roth 


 3. Kapitel, "Ein unheimliches Projekt"

Guntram wich auch bei anderen Gelegenheiten einem direkten Gespräch aus, als wollte er, dass ich von selbst auf etwas käme, wo mir bisher jede Idee fehlte, worum es ging. Ob an der Idee einer Reise etwas dran sein sollte?
„Institut für tangentiale Existenz“. Dad hatte stets abgewiegelt, wenn es um sein konkretes Forschungsfeld ging. Es hinge indirekt mit jener Mücke zusammen, die absehbar das Ende der Menschheit bedeute. Man hoffe, einen Weg gegen die weltumspannende Übermacht der Wirtschaft der Vereinigten Staaten von Amerika zu finden. Warum sollte nicht gerade bei uns dazu Grundlagenforschung betrieben werden? Ich hatte den Eindruck, er drückte sich absichtlich verdreht aus, in der Hoffnung, ich würde das Interesse wieder verlieren.
In die eigentliche technische Post musste ich mich ganz langsam hineindenken. Für mich war das meiste wie in einer Fremdsprache abgefasst. Doch obwohl ich nur die psychologische Spezialrichtung Individual- und Gruppendynamik studiert hatte, ahnte ich, dass die Datei, die wie ein anscheinend fehlgeleitete Zeichensalat aus dem Verteidigungsministerium wirkte, tatsächlich für den Hauptspeicher meines Vaters bestimmt war. So weit reichten meine Kenntnisse bereits, dass ich echte Mails von Massenwerbung und anderem Datenmüll zu unterscheiden vermochte. Nur war diese eine verschlüsselt. Auch für mich.
Dad hatte mir als besonderen Vertrauensbeweis den Zugangscode zu seinem „Compi“ – wie er seinen PC liebevoll nannte - überlassen. Ich befreite ihn damit von irrer Fremd- und Hackerpost. Nun brütete ich über der seltsamen Mail. Dad hatte sich für den ganzen Tag abgemeldet. Was sollte ich tun? Vielleicht war das wichtig? Nach einigen vergeblichen Anläufen entschloss ich mich, Frühstückspause zu machen.
„Pulla pfui!“ war früher Dads Lieblingsfluch. Jahrelang hatte er ihn nicht mehr gebraucht. Ich auch nicht. Gerade in dieser Situation kam er mir laut über die Lippen.Ein folgenschwerer Einfall, denn plötzlich blinkte der Bildschirm, und aus dem Salat wurde ein Brief. Der Computer hatte also das Schlüsselwort gehört. Der Text selbst enthielt nichts besonders Geheimnisvolles. Nur die Bestätigung, dass „eine Korrektur des Reiseteams nicht in Erwägung gezogen zu werden braucht ...“
Reiseteam? Mir fiel „ohne Wiederkehr“ ein. Wer sollte verreisen? Ich auch? Wohin?
Am nächsten Abend verführte ich Gunti mit aller Raffinesse. Es war fast eine Stunde vergangen, seit ich seinen ersten Knopf geöffnet hatte, da lag er erwartungsvoll ausgestreckt auf dem Bett. An den Hand- und Fußgelenken gefesselt. Die Augen verbunden.
Ich leckte ihn vorsichtig an den Innenseiten der Beine aufwärts, so vorsichtig, dass sich alle Härchen aufrichteten. Und als ich scheinbar unabsichtlich seinen Joystick mit meinem Pferdeschwanz kitzelte, schoss die Frage aus mir heraus:
„... und wo fahren wir hin?“
Gunti zuckte wie unter einem elektrischen Schlag. Er brüllte:
„Anna, bitte, lass den Quatsch! Das ist nicht der richtige Augenblick dafür!“

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