Montag, 21. November 2011

Lyrik-Prosa-Wortkultur 1214

Es geht weiter wie immer. Als Start die "Gedichte des Tages" von übermorgen". Da wäre zuerst der Gast: Sebastian Deya mit einem frühen Liebesgedicht "gemeinsam. einsam. gemeinsam" .
Zum zweiten der Blick nach 2008: aus dem käfig 
Besonders böse aber ist das "Testgedicht" (man wird sich an das Kuh-Bild wieder erinnern):



Mein Gedicht birgt ein kleines Geheimnis.
Es wär schön, wenn du meinst, das bist du.
Doch ich weiß, dass das Leben gemein is,
hab vor Sehnsucht nach deinem nicht Ruh.

Dein Gedicht hüllt ein großes Geheimnis.
Und ich sauge am Traum Ich und Du.
Wünsch so sehr, dass es unser allein is,
doch was machst du, du schmatzende Kuh?

Du zermalmst mein Gedicht zu ´ner Suppe
aus nur mäßig geschwärztem Papier.
Deins gleich mit, du verfressene Puppe
erst im Pansen vermengt´s sich zum Wir .


Weiter mit dem Fortsetzungsroman. Wir sind bereits bei der 13. Fortsetzung des Romans "Operation Zeitensprung" von Anna Roth  angelangt ..


 Egal, wo, wann oder wie – Ich lebte. Anscheinend brauchte ich nur einfach die Augen wieder aufzumachen. Falls wir nicht unverrichteter Dinge auf dem Armeeflugplatz standen, mussten wir das DGS-Gas aus dem Schiff lassen. Sonst würden wir uns hier nur in Skaphandern aufhalten können. Das würde ich als erstes tun.
Ich blinzelte, versuchte mich zu strecken. Oh Gott! Der Anzug passte nicht mehr. Er war um ein Vielfaches zu groß. Anstatt zu laufen kullerte ich fast zum Ausgang. Draußen nahm ich den Helm ab und streifte den Skaphander herunter. Neben und hinter mir taten meine Gefährten das selbe. Sie entpuppten sich als sechs- bis zehnjährige Kinder, die sich gegenseitig auslachten. Wir sahen alle aus, als wären wir zum Fasching in die Sachen unserer Eltern geschlüpft.
Einige Schutzanzüge hatten sich allerdings noch nicht bewegt. Guntis zum Beispiel und der meines Vaters. Ich stolperte über mein am Boden schleifendes Kleid zurück in die Kabine, rief „Gunti!“ und hielt die Kontaktnadel an den Magnetverschluss seines Anzugs. Der Skap war leer. Nein. In den Stiefeln steckte ein seltsames schwarzes Mehl. Oder sollte ich Asche sagen? Ich eilte zu meinem Vater. Benutzte die Nadel, der Anzug sprang auf und mich traf das gleiche Bild. Ich brüllte:
„Warum? Warum nur?“
Nach einigen Sekunden betretenen Schweigens hörte ich eine Antwort:
„Trau keinem über Vierzig!“
Die Stimme kam mir bekannt vor.
„Ernst?“
Eine so makabre Bemerkung passte nur zu seiner Art von Humor. Auch wenn die Stimme jetzt den Stimmbruch wieder vor sich hatte.
„Entschuldige, Anna, ich hab genau drauf geachtet, wen das getroffen hat. Bin ich froh, noch nicht vierzig zu sein. Es scheint, wir haben alle unsere reiferen Kameraden verloren.“
Er hatte Recht. Warum auch immer. Von unserem Team waren die Älteren zu Asche geworden. Je älter wir vorher gewesen waren, um so jünger wirkten wir jetzt. Die beiden Männer, an denen mir am meisten lag, hatten für diese Art des Reisens zu viele Jahre auf dem Buckel. Selbst Gunti mit seinen vierundvierzig. Ich hörte Kinderstimmen wie durch einen Schleier um mich herum. Ausrufe der Verwunderung. Ungläubiges Wiedererkennen.
„Andi? Bist du das?“
„Maria? Wie siehst du denn aus?“
Für einen Moment konnte ich sie alle nicht ertragen. Plötzlich wollte ich nichts anderes mehr als raus aus diesem mörderischen Gefängnis.
Das Schiff war auf einer Lichtung gelandet. Auf allen Seiten standen die Bäume eines dichten Waldes. Die Sonne hatte den Zenit erreicht, und mir war drückend heiß. Die Luft kam mir schwül vor wie vor einem Gewitter.
In die Trauer um die Kameraden mischte sich Komik. Jetzt rächte sich meine eitle Macke, unbedingt immer in Kleidern oder Röcken herumlaufen zu wollen, und mein Streifenkleid gleich unter den Skaphander gezogen zu haben. Ständig stolperte ich und musste den Rock zum Laufen hoch heben. Alle restliche Kleidung war schon von allein nach unten gerutscht. So zog ich mich einfach splitternackt aus. Die Gelenke knackten. Ich musste sie bewegen, um die Schmerzen zu überwinden. Ich kam mir vor, als erlebte ich meine eigene Geburt bewusst neu. Aber die anderen um mich herum führten sich genauso auf. Es war eigentlich zum Lachen.

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