Sonntag, 15. April 2012

Lyrik-Prosa-Wortkultur 1360

Im Nachgefühl eines typischen Apriltages, der nicht die Richtung entscheiden mag, folgt nun der Ausblick auf künftige "Gedichte des Tages" - immerhin mit einem Portugalgruß:


Wie angekündigt lassen wir uns noch einmal von Jürgen Polinske nach Portugal entführen: "Kap San Vicente
Aber für meine Version des Affen-Bildes muss man nicht so weit reisen. Dafür reicht auch die Berliner S-Bahn (heute ist der Geburtstag von Ernst Thälmann. Vielleicht wäre manches anders gekommen): "noch ein tag im paradies".


Es folgt unweigerlich die Prosafortsetzung. Hoffentlich ist es für mindestens einen einzigen Leser ein Vergnügen, sollte der utopische Roman einmal fertig sein, nachzustöbern, wie sich die Geschichte im Laufe der Zeit verändert hat...

Slov ant Gali / Gunda Jaron:   

                Ich wurde Gott (23)


... Mein Gedächtnis spielte mir keine großen Streiche. Bis auf etwa 300 bis 500 Meter konnte ich mich in einem lichten Dschungel der Siedlung nähern. Dann folgte ein breiter Uferstreifen, der wahrscheinlich mit irgendeiner Frucht bepflanzt war. Landwirtschaftlich genutzte Felder also. So gut getarnt wie möglich installierte ich meine Beobachtungstechnik. Kameras, Richtmikrofone. Noch am Waldrand, aber so, dass die Siedlung möglichst umfassend erfasst wurde.
Endlich war ich zufrieden. Noch einmal alle Fernsteuerungen getestet und weg. Eine Wache hatte ich nicht gesehen, und es gab keinen Grund zur Befürchtung, dass mich irgendwer bemerkt hatte. Ohne abzuwarten machte ich mich auf den Rückweg zum Gleiter. Es kam mir wie eine Willensprobe vor, erst dort auf einem Monitor das Aussehen der fremden Wesen zu bestaunen. Irgendein Gefühl sagte mir, ich bekäme kleine Tyrannosaurusse zu sehen. Und aus eine Mischung aus Neugierde und Angst, die intelligenten Echsen könnten doch noch meine Fährte aufgenommen haben und ich wäre erst im Gleiter meines Lebens sicher, legte ich die ganze Strecke im Laufschritt zurück.
Lach nicht: Ich kam im Gleiter an, begann logischerweise sofort, die Wiedergabe vorzubereiten, aber bevor ich damit fertig wurde, war ich eingeschlafen …

Als ich wieder wach wurde, war es draußen hell. Ich hatte lauter wirres Zeug geträumt von Echsen, die mich zerfleischten, und fühlte mich entsprechend. Ich zog mir einen Schnelldurchlauf auf Monitor 2. Gebannt starrte ich auf das schlafende Dorf vom vorangegangenen Morgen. Wann tat sich endlich einmal etwas? Da! Eine Bewegung! So schnell, wie ich diesmal auf normale Wiedergabe umgeschaltet hatte, reagierte ich sonst nur sehr selten. Zoom, schnell den Zoom einrichten und ...
Das konnte doch nicht möglich sein! Ins Bild kam ... ein Mensch!? Genauer wohl eine Frau. Oder?
Aufzeichnung stopp!
Die Verblüffung war eigentlich kaum zu überbieten. Ich fuhr den Zoom näher heran, um mehr Einzelheiten zu erkennen, wieder zurück, um ein Gesamtbild der Erscheinung zu bekommen. Es blieb dabei. Das erste wahrscheinlich intelligente Wesen, das mir auf diesem fernen Planeten ins Blickfeld geriet, zeigte eigentlich alle Merkmale, wie in den ersten Jahrhunderten der vorigen Zeitrechnung eine mongolische Frau im für damalige Verhältnisse fortgeschrittenen Alter von etwa fünfzig Jahren. Ledrig gegerbte Gesichtshaut, eine fast kugelförmige Kopfform, blauschwarze Haare, dunkelbraune Augen, eine Nase, als hätte eine archaische Gewalt sie ihr irgendwann früher in den Kopf zurückdrücken wollen ... 

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