Montag, 30. April 2012

Lyrik-Prosa-Wortkultur 1375

Auch wenn das Ergebnis enttäuschen mag - zumindest stehen morgen die "Gedichte des Tages" im Zeichen des 1. Mai:


1. Mai?! Kampftag der internationalen Arbeiterklasse?! (Oder seit der Machtübernahme durch die Hitlerfaschisten Feier-"Tag der Arbeit")
Wie hat dieses Blog vor vier Jahren darauf reagiert?
2009 stand die Frage  Wer traut mir ein solches Exil im eigenen Land  zu?
2011 probierte ich auch einen Rückblick. Da wurden zum Beispiel aufgewärmt: ...: Hinz sieht hell und  Tweet 58 von Natascha P./Slov ant Gali 


Der utopische Fortsetzungsroman steht insofern nicht im Zeichen irgendeinen Datums:


Slov ant Gali / Gunda Jaron:   

                Ich wurde Gott (38)


... Nach einer fast zweistündigen Alleinunterhaltungsschau schlug die „Zigeunerin“ das Verdeck ihres Wägleins hoch, und zum Vorschein kamen die unterschiedlichsten Sachen, deren Sinn ich nicht begriff, die Dorfbewohner allerdings auch nicht, denn nur einer der jüngeren Männer schleppte einen Gegenstand, den die Frau und der Translator Amgakscha genannt hatten, im Austausch gegen einen Zettel in seine Hütte, um dieses Ding wie ein Schmuckstück ohne praktischen Nutzen neben dem Eingang aufzustellen. Wieder eine Entdeckung: Es schien also durchaus so etwas wie Papiergeld zu geben. Im Umgang der Dorfbewohner miteinander war das aber in den zurückliegenden Monaten nicht einmal verwendet worden beziehungsweise war mir keines aufgefallen.
Der weibliche Spielmann blieb noch zur Nacht im Dorf und zog am folgenden Morgen weiter. Wie dem auf der Erde berühmten Rattenfänger von Hameln folgten ihr die Siedlungskinder als tänzelnde Traube über die Dorfgrenze hinaus – im Gegensatz zu jener Sage aber kamen sie alle ungewöhnlich aufgekratzt wieder zurück.
Der Besuch der Fremden hätte eine heitere Episode im Dorfleben bleiben können. Aber vier Tage danach zeigten die meisten Bewohner des Dorfes unverkennbare Symptome einer quälenden Krankheit. Zuerst waren sie in der Hütte aufgetreten, in der die Amgakscha einen mittigen Ehrenplatz eingeräumt bekommen hatte. Die Gesichter der Bewohner waren von braun-violetten Flecken übersät, die Körper schienen innerlich zu glühen - ich hätte geraten, dass sie von hohem Fieber geschüttelt wurden – und die Menschen hielten sich die Bäuche, als würden sie von Krämpfen geschüttelt.
Ich muss zugeben, dass mich die Bilder verwirrten. Krankheiten gehörten nicht zu dem, was ich kannte. Ich wusste, dass es sie auch auf der Erde gegeben hatte, zu meiner Zeit noch kleine bei den Kindern und Jugendlichen ohne Nanniten-Schutz, ich wusste, dass man gegen die meisten immunisiert werden konnte, ich wusste um alte Zeiten, in denen man an einigen von ihnen sterben konnte. Aber beobachtete ich gerade eine solche? Was auch immer das war, war sicher nicht mit irdischen Erkrankungen vergangener Zeiten vergleichbar. Ich fühlte mich irgendwie hilflos. Wieder würde ich nur zusehen können.
Die Krankheit trat schon am nächsten Morgen in eine neue Phase. Von den Dorfbewohnern verließ keiner mehr den Bereich der Hütten. Ich musste daraus schließen, dass diese Menschen sehr starke Schmerzen hatten oder eine extreme Schwäche oder beides. Die Gesichter hatten sich verändert. Die meisten von ihnen waren aufgedunsen. Die Flecken vom Vortag waren zu hässlichen Beulen aufgequollen. Einige Saks hatten daran gekratzt. Die Haut war aufgeplatzt und eine gelbe Masse schoss hervor, so als ob es sich um Pickel von zwei Zentimeter Durchmesser handelte. Ich hatte keine Ahnung. Nur das Wort Beulenpest fiel mir ein. ...


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