Mittwoch, 18. April 2012

Lyrik-Prosa-Wortkultur 1363

Was die Jahreszeit angeht, so ist der richtige Frühling wohl nur eine Frage von Tagen, was die Gesellschaft angeht, steht der Durchbruch noch aus ... Also widmen wir uns lieber den unmittelbar bevorstehenden "Gedichten des Tages":


Nein, es gibt noch richtig aus dem Rahmen fallende Lyriker.
Bei Thomas Reich ist "Murmeltiertag". Wer da an den Film "Und ewig grüßt das Murmeltier" denkt, ist schoneinmal auf der richtigen Fährte ... wenn auch etwas sehr Eigenes zum Gedicht wurde ...
... Letztlich klang mir dann das Lied "Alle Vögel sind schon da" zu niedlich. Die Assoziation aber ist erlaubt - auch wenn das Bild größer gedacht ist: "Falscher Frühling". Der Titel ist geblieben ...


Kurze Fortsetzungsstücke ergeben erst zusammengesetzt ein "richtiges Bild". Die meisten klassischen Fortsetzungsromane waren kurze Sumpfblüten. Aber hier machen wir ja Science Fiktion:


Slov ant Gali / Gunda Jaron:   

                Ich wurde Gott (26)


... Aber alle taten von Angst gebannt so, als schliefen sie fest, damit dieser Nachtgeist nicht gerade sie bemerkte und mitnähme. Und das, was ich für irgendein Familien- oder Fruchtbarkeitsfest gehalten hatte, erwies sich als eine Art Voodoo-Zauber, der die reglosen Hausgeister, die ich zurückgelassen hatte, bannen sollte. Der Bann schien ja erfolgreich zu sein, denn es regte sich nichts und es kam niemand mehr. Man näherte sich den Zauberwerken nicht so weit, sie zu wecken, aber man vergaß sie allmählich wieder, weil nichts geschah – vorerst einmal.

Die Beobachtung des Hütteninnenlebens, besonders morgens und abends, gab mir schnell Grund zu vielfältigen Hoffnungen. Zum einen erkannte ich auch ohne Übersetzer eine Vielzahl unterschiedlicher Laute und Gesten. Aus dem Vergleich der vielen Hüttengespräche würde der Übersetzer nun sicher eine richtige Sprache erkennen. Zum anderen bemerkte ich etwas, was jedem echten Voyeur ein rauschendes Vergnügen durch die Glieder gejagt hätte. Das war das Liebesleben meiner Menschen. Für mich waren die Hütten ja erbärmlich klein. Sie enthielten fast gar keine Möbel, gerade einmal Truhen, die aussahen, als könnten sich die Saks die auf den Rücken binden. Es gab keine Räume für einzelne Zwecke außer eben jenem einen für sexuelle Begegnungen. Weißt du, ich kannte das ja nicht. Wenn wir auf der Erde miteinander intim werden wollten, dann machten wir das entweder dort, wo wir uns gerade aufhielten und uns ungestört glaubten, oder im Schlafzimmer vor oder nach dem Schlafen, weshalb wir auch Miteinanderschlafen zu der Sache sagten. Geschlafen wurde in den Hütten aber in dem Raum, in dem sich vorher alles Andere abgespielt hatte. Aber jede Hütte hatte eine nur nach einer Seite offene Nische. Acht Hütten hatte ich mit Beobachtungstechnik versehen, aber nur in zweien konnte ich dort hineinschauen. Mir kam das Verhalten deiner Vorfahren in der Beziehung richtig komisch vor. Die, die sich dahinterbegeben wollten, verneigten sich erst voreinander. Solche Verneigungen waren auf der Erde schon früh aus der Mode. Nur wenige Völker, vor allem die Japaner, bewahrten diese Geste länger – und bei einigen Kampfsportarten, die von ihnen erfunden worden waren, gehören sie zum Ritus. Ich kam nicht sofort auf den Sinn dieser Geste, weil sich mitunter auch mehr als zwei Menschen voreinander verbeugten und dann in diese Nische verschwanden. Die restlichen Bewohner deuteten den Entschwindenden gegenüber ebenfalls eine Verbeugung an. Dann sah man, wie die für die Liebe Bereiten aus den Kleidern, die sie ablegten, eine Schwelle bauten, und ich habe nie beobachtet, dass irgendein anderer Bewohner über diese Schwelle getreten wäre, ja, dass überhaupt einer versucht hätte, einen Blick dorthin zu werfen. Die Geräusche verrieten allerdings zweifelsfrei, was sich da abspielte. ...

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