Dies ist kein "politisches" Lyrikblog im engen Sinn. Hier werden zum Beispiel auch Liebesgedichte (oder eben Anti-Liebes-Gedichte) entwickelt - Slov ant Gali: "... und tschüss!"
Aber was gesagt werden muss, das wird eben gesagt. Thomas Reichmischt sich ein - und er hat eine adäquate Form gefunden: "Die patente Natur". Der Gruß "Heil ...!" hat eine passende Geschichte ...
Ganz klar steht die nächste Folge des Fortsetzungsromans fest:
Slov ant Gali / Gunda Jaron:
Ich wurde Gott (37)
... Leider
überschlugen sich dann die Ereignisse, und ich wurde zu schnellem
Reagieren gezwungen.
Alles
fing scheinbar harmlos an. Die Gewalt der Fürstenburg hatte sich
während der ganzen Zeit nicht sehen lassen. Wenn ich es nicht aus
der Erdgeschichte besser gewusst hätte, hätte ich annehmen können,
dass die Dörfler wahrscheinlich auf oder bei der Burg völlig
freiwillig ihre Frondienste erbrachten.
Wer
eben dran war, zog los, ließ die heimischen Feldstücke in der Obhut
seiner „Sippe“ und kam nach vollbrachtem Dienst wieder zurück,
ohne Aufsehen davon zu machen. Es gab offenbar auch so etwas wie eine
Religion, ein höheres Wesen, an das diese „Menschen“ glaubten,
und das alles genau so wollte, wie es war. Auch eine
Ernte-Bitt-Prozession hatte ich schon beobachtet. Was ich aber bisher
noch nicht gesehen hatte, waren Fremde in der Siedlung.
Die
waren offenbar auch wirklich eine Seltenheit, denn als sich ein
Gefährt den Hütten näherte, das von einem kuhartigen Tier gezogen
wurde, strömten sofort alle Kinder herbei, aber die Erwachsenen
zügelten ihre eigene Begierde nach Neuigkeiten und Abwechslung kaum
weniger.
An
diesem Tag verließ ich den Gleiter nicht. Ich verkniff mir,
persönlich die Bauarbeiten zu überwachen. Der Film war einfach zu
reizvoll. Ich hätte mir gut vorstellen können, dass in der
Mittelalter genannten Erdzeit alles so abgelaufen sein könnte, wenn
ein Spielmann auf einem der Dorffeste aufgetaucht war. Vielleicht mit
dem Unterschied, dass hier offenbar das Fest ganz spontan begann,
weil eben diese Spielfrau das Dorf erreicht hatte. Es gab wirklich
derart viele Ähnlichkeiten! Die Frau klimperte und kurbelte an einem
Kasten, den ich Leierkasten-Orgel nannte, und dazu sang sie
Geschichten, die einen festen Rhythmus hatten. Der half ihr offenbar,
sich die langen Texte einzuprägen. Die sie umringenden Dörfler
lachten laut, riefen ihr vieles zu, was der Translator nur teilweise
verarbeiten konnte, und in einer Liedpause tauchte plötzlich ein
Topf mit Brei auf und alle begannen zu löffeln.
Das
Haar der Frau war lang und verfilzt. Ihr Kleid wich deutlich von
denen aller bisher beobachteten „Menschen“ ab. Nicht im Schnitt,
aber das Kleidungsstück strotzte nur so von bunten Flicken und
aufgenähtem Schmuckzeug, Federn, Zweige, Blüten. Wirr und irgendwie
lustig. Die Frau schien überdurchschnittlich alt zu sein. Ihr
Gesicht war so sehr von Runzeln beherrscht, dass die vielen
verheilten Wunden kaum noch auffielen.
Genau
diese Wunden aber beschäftigten mein Interesse. Sie verliefen nicht
wie normale Narben in breiter Strichform. Nein, sie sahen aus, als
hätte ein Kalmar seine Saugnäpfe an der Gesichtshaut angesetzt, um
so den restlichen Körper in seinen Verdauungstrakt zu ziehen. Nicht
total gleich groß, aber immer entweder rund oder oval. Mir kam die
Idee, dass irgendwann in der menschlichen Entwicklung die Vorgänger
heutiger Ärzte Blutegel angesetzt hatten, um das angeblich kranke
Blut abzusaugen. Aber die hatten das doch bestimmt nicht im Gesicht
gemacht, oder? Was war das nur?
Die
Dörfler störte die ungewöhnliche Mischung aus Alter, Hässlichkeit,
Gutmütigkeit und zur Schau gestellter guter Laune überhaupt nicht.
Sie schien nur die Abwechslung zu interessieren. ...
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