Freitag, 18. Oktober 2013

Lyrik-Prosa-Wortkultur 1883

.Eine Warnung zum Wiedererkennen:
.Verlage haben Vorteile: Sie kennen Texte, bevor sie die normale Leserschaft kennt, und sie besitzen die Macht zu entscheiden, ob diese Leserschaft die Texte jemals wird kennen lernen können. Ein wenig können die Leser dieses Journals an jenem Vorzug teilhaben. In den folgenden Tagen gibt es Appetithappen zum bald erscheinenden Gemeinschaftswerk von Gunda Jaron und Thomas Staufenbiel "Querfeldein ist nicht immer geradeaus". Es vereint Texte unterschiedlicher Art. Wir konzentrieren uns hier auf Kurzprosa. Und wir sind gemein: Die meisten Texte haben eine unerwartete Wendung am Ende - eine Pointe. Und es muss doch nicht Verpflichtung eines "Appetithäppchens" sein, die zu verraten, oder?! Na, eventuell ausnahmsweise ,,,?



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Thomas Staufenbiel:  Affront

(3)
Ein wenig belustigt mich die Szene, es ist wie in alten Zeiten. Auch ich habe einmal auf dem Dorf gelebt und weiß, wie schnell sich Gerüchte verbreiten und wie geschickt der eine oder andere Alteingesessene seine Meinungen in Umlauf zu bringen versteht.
Hm, denke ich, kratze mich am Kinn und merke plötzlich wieder, dass ich mich heute Morgen noch nicht rasiert habe. Auch meine Haare stehen strubblig zu Berge. Es gibt Wichtigeres. Ich lege einige Dinge in den Einkaufswagen, mehr als ich allein benötige, und gehe zur Kasse. Dabei streife ich im Vorübergehen die Schar der aufgebrachten Hennen. Ihre Gespräche verstummen abrupt. Ich habe ihre intime Runde durch meine Anwesenheit gestört. Misstrauische, gar feindliche Blicke treffen mich und für einen Moment versetze ich mich hinter die Stirn der alten Makkusch. Ich bin fest davon überzeugt, sie denkt, ich habe etwas mit der ganzen Sache zu tun. Noch im Hinausgehen vernehme ich erneut ihr Gezeter, verstehe allerdings nur noch einzelne Brocken. Es ist mir, als würde das Wort „Fremder“ fallen. Ich werfe den Blick zurück zum Schaufenster des kleinen Ladens und bemerke, wie mich die selbsternannten Kriminologinnen mit ihren Blicken zu durchbohren suchen. Es wird Zeit, mir etwas einfallen zu lassen.

Ach ja, das könnte Sie vielleicht auch noch interessieren. Ich vergaß zu berichten, was geschah, als ich gestern hier ankam:
Es begann bereits zu dunkeln, nur wenige Kilometer trennten mich noch von meinem Bestimmungsort. Die letzte Kreisstadt vor dem Ziel hatte ich gerade hinter mir gelassen, da sah ich seitlich vor mir ein Auto. Es musste von der Straße abgekommen und in den Straßengraben gerutscht sein. Ich hielt an und stieg aus, um nachzusehen. Die Fahrertür stand offen, das Fahrzeug allerdings war leer. In einiger Entfernung nahm ich eine junge Frau wahr. Sie war völlig aufgelöst und weinte bitterlich. Trotzdem konnte ich erkennen, dass sie bildhübsch war. 


***

.   Habt ihr gedacht, die Staat gewordene Unmenschlichkeit lässt sich ganz unbemerkt aus den Schlagzeilen wieder tilgen? Vielleicht habt ihr Recht: Frontex sagt "Jeder ist sich selbst der nächste" und "die Jacke ist uns näher als die Hose". Ja und es sind ja auch NUR ein paar nicht konformistische Jugendliche und Künstler eben, die nicht Ruhe geben wollen. Aber zum Glück gibt es die noch, die, wie Thomas Reich, "Das Flüchtlingsboot Ophelia" das dumme Mahnen nicht lassen können.
Ich bin da nicht so aktuell und erinnere daran, dass man manchmal mitgemacht haben sollte, worüber man ein Urteil spricht:


Slov ant Gali: Absurd erscheinender Vergleich – nur für DDR-Bürger verständlich ...

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