Nein, Sebastian Deya, eigentlich braucht kein Dichter-Ich sich rechtfertigen, dass es ist, wie es ist. Wer in eine falsche Welt gerät, schaut aber logischerweise häufiger in Spiegel, um sich weiter zu wundern, was er sieht.
Wir "sehen" einen Sebastian-Deya-Tag durchs Facebook-Fenster:
und "immer weiter im Text" ...
... Und die geschilderte prosaische Episode am Rande entzieht sich auch aller technischen Raffinessen, obwohl es eine Vorankündigung für "Der lebende See" sein soll:
Wer noch nie aufm Klo des BAIZ gewesen
ist, der hat noch eine echte Bildungslücke. Das BAIZ Ecke
Christinen- / Torstraße ist zumindest für moderne Linksalternative
Pflicht – und umstritten … versteht sich … aber das gehört
dazu.
Gestern nahm nun das Schicksal seinen
Lauf, war weiblich und hat bis heute keinen Namen.
„Zeit der Kirschen“ ist eine
Truppe, die sich eigentlich vorgenommen hat, monatlich eine besondere
Veranstaltung auf die Bühne, also ins Hinterzimmer zu bringen (da
ist die Bühne). Die Veranstaltung sollte Kirschen-Leute und Gäste
vereinen und Literatur, Theater, Performance- und andere Künste als
Ensemble. Im Idealfall alles unter das Dach eines Mottos passend.
Gestern hieß das Motto „Identitäten“ und der im Wirrwarr
basisdemokratischer Unverantwortlichkeiten mit der Organisation
„Betraute“ (einfach: Einer muss es ja machen und wer sich nicht wegduckt, ist selber schuld) stand plötzlich vor dem Problem von
grassierenden Krankheiten und Unpässlichkeiten der im BAIZ-Plan
Aufgenommenen. Keine Sorge: Ein Programm kam trotzdem zustande und
wenn es auch nicht gewohnt überfüllt war, so gab es doch Zuschauer
und -hörer.
Irgendein Teufel hatte mich geritten,
vom trainierten eigenen Gedichtprogramm abzuweichen, weil um die
Mittagszeit der Probedruck von „Der lebende See“ eingetroffen
war, und dieses Teufelchen hatte dann geflüstert, die Erzählung „Und
welcher nun bin ich?“ passt doch zum Thema wie das Bier in die
Kehle von Thekenstehern. Da noch Künstler zum Veranstaltungsbeginn
fehlten, sollte ich a) meinen Auftritt teilen und b) den längeren
zuerst anbieten. Teufel eben: So kam da Prosastück in die
Polposition ohne die Zeitvorgabe einzuhalten. Außer dem Zeitproblem,
dachte ich, wäre das Stück angekommen (fehlende Trainingsrunden
waren … zu merken, aber nicht schlimm). Zehn Minuten noch für nach
der Pause und einen Beitrag noch und Flucht wegen
Gesunderhaltungsnotwendigkeit. (Lichtinstallation und so eine Art
Scherenschnittheater waren nicht total mein Ding, brachten aber im
Gesamtbild Wertungspluspunkte – ich saß gerade an ungünstiger
Stelle für das Licht).
Das Schicksal packte mich noch vor den
Klotüren, an denen man vorbei muss, also zwischen Weiblein und
Männlein, mehr bei Weiblein, weil ich noch die Jacke überziehen
musste.
Erster Eindruck, typisch sexistisch:
Sympathische junge Dame. Wollte mich sprechen. Und dann folgte der
Verriss der Zeitreisegeschichte. Sexistische Klischees bedienend,
dass es ihr weh getan habe. Das Schlimme: Im Prinzip musste ich ihr
ja Recht geben: Der handelnde „Held“ ein Mann. Die zwei
Frauengestalten Opfer bzw. Erduldende, noch dazu zum Klotz am Bein
des Helden mutierend. Musste denn unbedingt … Also in einer
linksalternativen … müsse man Anderes erwarten können. Mein
Argument, dass die missbrauchende Gewalt ja „Nebeneffekt“ eines
geplanten Normverstoßes sei, zog nicht. Das hätte ich als Autor ja
auch anders bauen können. Ein gleichgeschlechtliches Paar von
Frauen, die eine eben künstlich befruchtet, hätte es doch auch
getan. Also so unmittelbar vorm Eingang des Damenklos und Leute kamen
vorbei und ich hätte schon längst kurz vor Hellersdorf sein sollen,
kam mir das auch richtig vor. Ich hatte ein richtig schlechtes
Gewissen, den Vormarsch der Emanzipation künstlerisch behindert zu
haben und vielleicht war das mit der Druckfreigabe noch rückgängig
zu machen … Dann fiel mir noch die Geschichte mit den Liebesflöhen
ein, die den Sexualtrieb der Frauen so sehr potenzierte, dass die
Menschheit daran zugrunde geht … also wenn die Kritikerin das hören
würde. Gut aber da wurde ja wenigstens mit Geschlechterrollen
gespielt und ich böser Autor hatte in meiner Zeitreise gar nicht
daran gedacht …
Irgendwann kam ich dann doch davon.
Verdammt, ich hatte alles versäumt, um mir meine emanzipative
Kritikerin für künftige Lesungen dabei zu haben. Und in den Stunden
vor dem Einschlafen bis jetzt wurde mir bewusst: Die Frau, das
Mädchen, die Angenehme (Sexistisch positiv Gedachtes könnte folgen)
hat; indem sie Recht hat, Recht: Vielleicht hatte ich zu wenig
Schmunzeln in den Vortrag gelegt. Erst die Benutzung der
Typisierungen macht gerade die Pointe der Geschichte aus. Und dafür,
dass die Zuhörerin die Geschichte nicht weiterdenken will und sich
eine passende emanzipierte Antwort gibt auf das Ansinnen der drei
Herren, die eigentlich ein, also ihr „Mann“ sind, gemeinsam mit
ihr zusammen zu leben, dafür kann ich ja nix. Also wenn der Handlung
nicht logisch eine nicht zu erzählende Geschichte folgt, in der eine
junge Lydia Chefin für drei Herren wird, … dann bin ich wirklich
nur Macho. (Was ich ja nun wirklich nicht bin.)
PS: Meine Kritikerin hatte sich als
Einzige an der Rollenzuschreibung gestört. Als sie es den Anderen
erklärte, stellten die fest: „Ja, stimmt. Du hast Recht.“ Das
sollte uns zu denken geben.
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