Sonntag, 20. Oktober 2013

Lyrik-Prosa-Wortkultur 1885

Der kleine Schabernack von over-blog hat zugeschlagen und das Titelbild des angekündigten "Querfeldein ist nicht immer geradeaus" offenbar so lange angezeigt, bis sicher schien, es ist alles in Ordnung, um dann (???) OVER-BLOG dorthin zu schreiben. Beim Ausblick auf die morgigen "Gedichte des Tages" umgehen wir das Problem:

Nein, Sebastian Deya, eigentlich braucht kein Dichter-Ich sich rechtfertigen, dass es ist, wie es ist. Wer in eine falsche Welt gerät, schaut aber logischerweise häufiger in Spiegel, um sich weiter zu wundern, was er sieht.
Wir "sehen" einen Sebastian-Deya-Tag durchs Facebook-Fenster:



... Und die geschilderte prosaische Episode am Rande entzieht sich auch aller technischen Raffinessen, obwohl es eine Vorankündigung für "Der lebende See" sein soll:

Wer noch nie aufm Klo des BAIZ gewesen ist, der hat noch eine echte Bildungslücke. Das BAIZ Ecke Christinen- / Torstraße ist zumindest für moderne Linksalternative Pflicht – und umstritten … versteht sich … aber das gehört dazu.
Gestern nahm nun das Schicksal seinen Lauf, war weiblich und hat bis heute keinen Namen.
„Zeit der Kirschen“ ist eine Truppe, die sich eigentlich vorgenommen hat, monatlich eine besondere Veranstaltung auf die Bühne, also ins Hinterzimmer zu bringen (da ist die Bühne). Die Veranstaltung sollte Kirschen-Leute und Gäste vereinen und Literatur, Theater, Performance- und andere Künste als Ensemble. Im Idealfall alles unter das Dach eines Mottos passend. Gestern hieß das Motto „Identitäten“ und der im Wirrwarr basisdemokratischer Unverantwortlichkeiten mit der Organisation „Betraute“ (einfach: Einer muss es ja machen und wer sich nicht wegduckt, ist selber schuld) stand plötzlich vor dem Problem von grassierenden Krankheiten und Unpässlichkeiten der im BAIZ-Plan Aufgenommenen. Keine Sorge: Ein Programm kam trotzdem zustande und wenn es auch nicht gewohnt überfüllt war, so gab es doch Zuschauer und -hörer.
Irgendein Teufel hatte mich geritten, vom trainierten eigenen Gedichtprogramm abzuweichen, weil um die Mittagszeit der Probedruck von „Der lebende See“ eingetroffen war, und dieses Teufelchen hatte dann geflüstert, die Erzählung „Und welcher nun bin ich?“ passt doch zum Thema wie das Bier in die Kehle von Thekenstehern. Da noch Künstler zum Veranstaltungsbeginn fehlten, sollte ich a) meinen Auftritt teilen und b) den längeren zuerst anbieten. Teufel eben: So kam da Prosastück in die Polposition ohne die Zeitvorgabe einzuhalten. Außer dem Zeitproblem, dachte ich, wäre das Stück angekommen (fehlende Trainingsrunden waren … zu merken, aber nicht schlimm). Zehn Minuten noch für nach der Pause und einen Beitrag noch und Flucht wegen Gesunderhaltungsnotwendigkeit. (Lichtinstallation und so eine Art Scherenschnittheater waren nicht total mein Ding, brachten aber im Gesamtbild Wertungspluspunkte – ich saß gerade an ungünstiger Stelle für das Licht).
Das Schicksal packte mich noch vor den Klotüren, an denen man vorbei muss, also zwischen Weiblein und Männlein, mehr bei Weiblein, weil ich noch die Jacke überziehen musste.
Erster Eindruck, typisch sexistisch: Sympathische junge Dame. Wollte mich sprechen. Und dann folgte der Verriss der Zeitreisegeschichte. Sexistische Klischees bedienend, dass es ihr weh getan habe. Das Schlimme: Im Prinzip musste ich ihr ja Recht geben: Der handelnde „Held“ ein Mann. Die zwei Frauengestalten Opfer bzw. Erduldende, noch dazu zum Klotz am Bein des Helden mutierend. Musste denn unbedingt … Also in einer linksalternativen … müsse man Anderes erwarten können. Mein Argument, dass die missbrauchende Gewalt ja „Nebeneffekt“ eines geplanten Normverstoßes sei, zog nicht. Das hätte ich als Autor ja auch anders bauen können. Ein gleichgeschlechtliches Paar von Frauen, die eine eben künstlich befruchtet, hätte es doch auch getan. Also so unmittelbar vorm Eingang des Damenklos und Leute kamen vorbei und ich hätte schon längst kurz vor Hellersdorf sein sollen, kam mir das auch richtig vor. Ich hatte ein richtig schlechtes Gewissen, den Vormarsch der Emanzipation künstlerisch behindert zu haben und vielleicht war das mit der Druckfreigabe noch rückgängig zu machen … Dann fiel mir noch die Geschichte mit den Liebesflöhen ein, die den Sexualtrieb der Frauen so sehr potenzierte, dass die Menschheit daran zugrunde geht … also wenn die Kritikerin das hören würde. Gut aber da wurde ja wenigstens mit Geschlechterrollen gespielt und ich böser Autor hatte in meiner Zeitreise gar nicht daran gedacht …
Irgendwann kam ich dann doch davon. Verdammt, ich hatte alles versäumt, um mir meine emanzipative Kritikerin für künftige Lesungen dabei zu haben. Und in den Stunden vor dem Einschlafen bis jetzt wurde mir bewusst: Die Frau, das Mädchen, die Angenehme (Sexistisch positiv Gedachtes könnte folgen) hat; indem sie Recht hat, Recht: Vielleicht hatte ich zu wenig Schmunzeln in den Vortrag gelegt. Erst die Benutzung der Typisierungen macht gerade die Pointe der Geschichte aus. Und dafür, dass die Zuhörerin die Geschichte nicht weiterdenken will und sich eine passende emanzipierte Antwort gibt auf das Ansinnen der drei Herren, die eigentlich ein, also ihr „Mann“ sind, gemeinsam mit ihr zusammen zu leben, dafür kann ich ja nix. Also wenn der Handlung nicht logisch eine nicht zu erzählende Geschichte folgt, in der eine junge Lydia Chefin für drei Herren wird, … dann bin ich wirklich nur Macho. (Was ich ja nun wirklich nicht bin.)

PS: Meine Kritikerin hatte sich als Einzige an der Rollenzuschreibung gestört. Als sie es den Anderen erklärte, stellten die fest: „Ja, stimmt. Du hast Recht.“ Das sollte uns zu denken geben.






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