Donnerstag, 8. November 2012

Lyrik-Prosa-Wortkultur 1569


Wie ist das in der Liebe? Man fällt immer wieder herein ... und es heißt ja, man würde aus Erfahrung klug? Na, darauf antwortet mein lyrisches Ich ganz klar und uneingeschränkt "Danach bin ich immer noch nicht klüger" ...

      Also wenn ich von "November"-Wetter höre, dann denke ich zuerst an (Londoner) Nebel und dieses Geisterbahn-Film-Gefühl ... Bei dieser Gelegenheit stelle ich fest, dass es bei mir keinen Gedichttitel gibt, übe den ich so oft gestolpert bin als diesen schlichten Monatsnamen ... 



Ungewollt knüpfen diesmal Lyrik und Prosa beim selben Motiv an: dem Lernen. Während das Liebesgedicht mit der Unbelehrbarkeit des LI spielt, taucht im Romanmanuskript ein Mädchen auf, dass sehr eigene Wege gehen wird, den Umgang mit Fremdartigem zu "lernen". Dafür macht in der Prosa der Novembergrusel eine kurze Pause ...



Slov ant Gali: Stochern im Nebel (31)

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Eine abwechslungsreiche Unterrichtsstunde

Sonja Zarge konnte es auch als Erwachsene nicht lassen, zwanghaft schlichtend in Raufereien zwischen Schülern einzugreifen. Jedenfalls wurde sie Lehrerin und „die Zarge“. Sie wollte natürlich im Vergleich zu ihren eigenen Lehrern alles besser machen. Aber dann landete sie, von ihrem Partner mit Zwillingen sitzengelassen, in meiner öffentlichen Eberswalder Schule. Also eigentlich landete ich ja bei ihr, und für Uneingeweihte sollte ich noch erklären, dass dieses Eberswalde eine Provinzkleinstadt war, viele Kilometer lang gezogen, nur etwas über 50 Kilometer von Berlin entfernt, aber vielleicht gerade deshalb die ätzendste Ecke im Universum. Eine Strafe, die über die arme Zarge gekommen war mit überfüllten Klassen und genervten Kollegen, deren einzige berufliche Freude zu sein schien, wieder eine Unterrichtsstunde zwischen uninteressierten Schülern hinter sich gebracht zu haben. Bei der Zarge mussten die Schüler zwar selten nach vorn sehen, ansonsten hatte sie sich dann aber doch schnell mit den gängigen steinzeitlichen Unterrichtsmethoden abgefunden. Vielleicht war sie auch nur zu theoretisch veranlagt für den Lehrerberuf. Sie träumte noch immer davon, wie er eigentlich sein müsste, aber von ihrem anfänglichen Enthusiasmus war kaum etwas übrig.
Für mich reichte es. Manchmal warf sich die Zarge vor, sie wollte nur den Provokationen der Schüler zuvorkommen, aber sie wusste, dass das nicht stimmte. Sehr vage hoffte sie, einen jungen Menschen nach ihrem Ideal zu entdecken und zu fördern. Der sollte die Welt dann so verändern, wie sie es nicht geschafft hatte. Kleiner ging es bei ihr nicht. Und ausgerechnet ich musste das ausbaden.
Marie Kutasi, damals 10 b… Die meisten Lehrer hatten Angst vor mir. Das war schon ganz okay. Aber eigentlich nur, weil sie mich nicht verstanden, was nicht okay war. Die Zarge verstand mich eigentlich auch nicht. Aber sie akzeptierte, dass ich zum Beispiel Kleider und Röcke trug, obwohl ich damit aus dem Rahmen fiel – eigentlich aber eben gerade deshalb. Wenn alle gleich ausgeflippt herumlaufen, ist das doch müde. Und asiatischer Kampfsport war an unserer Schule zu der Zeit eben auch gerade nicht in, also der richtige Ausgleich für mich. ...




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