Mittwoch, 21. November 2012

Lyrik-Prosa-Wortkultur 1582


Kennen heute noch alle die Redewendung vom "Leben wie die Made im Speck"? Die sollte man in Hinterkopf haben, Heinz Ehrhardt schadet nichts und Mädchen kann sowohl die künftige Frau geheißen werden als auch die kleine Made ... Vielleicht hat es nicht funktioniert, aber ein Versuch war´s wert: "Madig gemacht ..."
Weiter im Hirn-Jogging mit "Rede-Wendungen (2)". Wenigstens bei einem der Sprüche ergibt sich eine makabre Lösung, wenn man gedanklich das "Original" danebensetzt ...



.Unterwegs in die Erwachsenenwelt sind auf ihre Weise die kleine Made aus dem Gedicht und die beiden Mädchen auf ihrem Selbstfindungstrip. Allerdings ist das, was Marie da ihrer Freundin aufbürdet, mehr als riskant ... man könnte auch sagen leichtsinnig (das zeichnet sie insgesamt aus ...)


Slov ant Gali: Stochern im Nebel (43)


... Ich antwortete so leise, dass es Jule kaum hören konnte: „Weiß ich, was ich glauben soll?“ Und dann lauter: „Aber wenn wir einfach abwarten, bis dieser Brei Eberswalde überschwemmt, erfahren wir es nie. Das könnt ich mir nicht verzeihen.“ Und nach einer Pause viel lauter: „Weißt du, dass die Welt am Ende ist, so oder so, das glaub ich schon. Genau deshalb werd ich ja nicht weglaufen. Und du kommst mit!“
Damit wandte ich mich wieder dem Weg zu. Das war auch nötig. Wir erkannten gerade noch rechtzeitig vor uns Soldaten am Straßenrand. Die waren schon auf uns aufmerksam geworden. Eine Personenkontrolle. Als ob wir uns das Leben nicht allein schwer machen konnten. Glücklicherweise bog gerade rechts ein Trampelpfad von der Straße ab. Der wurde unserer. Schade! Diese Abzweigung bedeutete Wandertag bis zum Geht-nicht-mehr. Wahrscheinlich lauerten mehrere Kontrollen hintereinander. Also waren Hauptverkehrsstraßen tabu.
Abends, am Waldrand, klopfte ich Jule auf die Schultern: „Immer nur Ruhe und keine Action, das ist doch müde. Können wir später noch genug haben. Wenn wir dann noch leben sollten. Jetzt muss es brummen.“ Dann packte ich die Gitarre. Sang irgendwas und ein wenig falsch. „Ja, guck nur!“, antwortete ich auf Jules irritierten Blick. „Ich muss schließlich üben.“

Ausgeschlafen hatten wir nicht, morgens um halb fünf. Aber wir zogen weiter, und ich fand immer wieder Schleichpfade. Vielleicht ahnte Jule, wie weit es noch war. Fragen mochte sie aber nicht. Trottete einfach mit. Wunderte sich, als wir in Karow direkt zum Bahnhof liefen, keine Kontrolle da war und die Bahn Richtung Zentrum tatsächlich nach Fahrplan fuhr.
„Wenig zu sehen vom großen Grauen.“ Ich lächelte zum Fenster hinaus.
„Warts nur ab“, antwortete Jule, und in ihrer Stimme lag so viel Angst, dass sie nicht wagte, mich anzusehen. Ich merkte es trotzdem.
Die Ringbahn fuhr noch. Als wir allerdings am Bahnhof Frankfurter Allee weiter nach Hellersdorf umsteigen wollten, standen wir vor einem vergitterten U-Bahn-Eingang.
„Wenn du denkst, ich frag jemanden und mach auf uns aufmerksam, dann hast du dich geschnitten. Die zehn Kilometer könn wir auch noch laufen.“
Aber gefährliche Kilometer! Wir hatten erst einmal keine andere Möglichkeit, als am Rand der Hauptstraße entlangzulaufen. Dabei würde uns hier mit Sicherheit keiner mitnehmen, aber sehen konnte man uns von weitem, und mit Posten war auch zu rechnen. Jule suchte nach ersten Zeichen der Katastrophe. Vorerst entdeckten wir weder Patrouillen noch Ätzerfelder. Die ganze Gegend schien irgendwie ausgestorben, kaum ein Fahrzeug kam uns entgegen. Einmal drei Busse hintereinander. Die Passagiere darin waren umgeben von Bewaffneten. ...



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