Montag, 19. November 2012

Lyrik-Prosa-Wortkultur 1580


Wenn ich´s recht bedenke, hätte mein Lyrik-Lehrer mir dieses Thomas-Reich-Gedicht mit einer Anmerkung zurückgegeben: Viele kluge Metaphern, aber überlege sie dir noch einmal. Würde man dich z.B. als Haifisch in Chlorwasser schwimmen lassen? Was wärst du außerhalb des Beckens? Stimmt dein Bild, wenn du dir nur vorstellst, du wärest ein Hai, bist es aber nicht? Nun kann sichThomas Reich natürlich herausreden, dass er mit "Haifischbecken" solche Überlegungen anregen wollte, aber das wäre eine besondere Form der Kreativität ...
Mit "Dichters Leehre" stand ich vor einem Problem von Inhalt und Rechtschreibung: Ich wollte Leere UND Lehre zugleich schreiben. Hätte ich es so, wie ich es dann gemacht habe, nicht tun dürfen?



.Weder mit Leere noch mit Lehre hat der Beginn von Maries und Julias großem Abenteuer zu tun:

Slov ant Gali: Stochern im Nebel (41)


... Schließlich hielt es Jule nicht mehr aus: „Also, hättest du nicht wenigstens deinen Aufzug etwas abgrellen können? Musst du denn immer auffallen? Mit Kleid!? Und wozu die blöde Gitarre? Mich lässt du lauter schweres Zeug schleppen. Anstatt den Proviant besser aufzuteilen. Und überhaupt: Denkst du wirklich, wir schaffen die ganze Strecke zu Fuß?“
Ich lief mit gleich bleibendem Tempo weiter vor ihr her. „Fertig? Ich frag mich ja, warum du mitgekommen bist, wenn du nur meckern willst. Außerdem: Wär ich dir im Kampfanzug lieber? Ich mir nicht.“ Dass ich gehofft hatte, mit Kleid eher mitgenommen zu werden, verschwieg ich lieber. Jule hatte sowieso immer Schiss. Männer waren Schweine und Kraftfahrer sowieso.
Jule rannte ein Stück, holte mich ein. Eine Weile lief sie neben mir her. Schwieg. Fing wieder an. „Wolln wir nicht lieber umdrehn?“
„Kannste ja machen. Aber komm mir nachher nich angeflennt. So was wie das gibt´s nur einmal im Leben. Und jetzt verrat´ ich´s dir: Ich weiß genau, was ich in Berlin will. Darüber konnte ich nur noch nicht reden. Nicht mal mit dir. Obwohl … Wir haben bisher immer alles gemeinsam durchgestanden … Also gut. Stell dir mal vor, jemand sagt dir, nur die, die im Angesicht des funkelnden Todestanzes singen und spielen, werden in die kosmische Dimension eingehen. Was würdest du denken?“
„Dass er spinnt. Wieso?“ Jule sah mich an, als bekäme ich gerade grüne Flecken im Gesicht. „Hört sich ganz schön bescheuert an.“
„Siehste! So ungefähr hatte ich mir das gedacht.“
„Und weiter? Was soll mir das sagen? Gerade jetzt?“
An einem Feld entlang führte ein Trampelpfad weg von der Straße. Ich sprintete einige Meter und warf mich neben den Stamm einer Pappel. Pause. Genüsslich biss ich in einen der Proviantäpfel. „Hast du schon mal von Kantha Inar gehört? Dem Meister?“
Jule setzte sich neben mich. Schüttelte den Kopf.
„Ich auch erst nich. Dann hab ich vor ner Weile seine Prophezeiungen in die Hände bekommen. Also lange bevor hier alles losging. Da hab ich ja gezweifelt wie du. Nur so aus blanker Neugierde hab ich alles mal überflogen und wieder weggelegt. Und dann kommt das so im Fernsehn. Spritz dir das mal an die Wand: Der Kantha hat doch damals schon genau beschrieben, was die Menschheit verschlingen würde!“ Ich holte ein kleines, zerfleddertes Büchlein aus der Tasche und schlug es auf. „Hör dir das mal an: Es wird ein Brei sein. Und an seinen allseitigen Zungen werden Tropfen blinken, die lustig tanzen und jeden anspringen, der ihnen ungläubig begegnet. Nach ihnen wird nichts sein als getrocknete Kruste eines Erdkörpers, der endlich überdrüssig ist, weiter die faulen Früchte menschlichen Machtstrebens auf seiner Haut zu erdulden.“
„Okay, bisschen quer, aber treffend. Ich hätts anders ausgedrückt. Nur was hat das mit deiner Gitarre zu tun?“ fragte Jule.
„Warts nur ab! Es geht ja noch weiter: ...


  

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