Freitag, 30. November 2012

Lyrik-Prosa-Wortkultur 1591


   Der Dezemberanfang bietet zweierlei. Zum einen ein "normales" Gedicht, wenn man denn Thomas Reich mit dem Schimpfwort "normal" belegen will und - wie schon vorher angedeutet - den Beginn des lyrischen Adventskalenders. Der funktioniert ähnlich wie viele andere solche Kalender auch: man macht das Türchen auf. Nur muss man eben seinen Klick wagen auf den Kometen oder die 1 oder das Lichtlein ... und dann wird man zum Adventshäppchen weitergeleitet. 
Ach ja ... Nun muss ich doch eine Boshaftigkeit gegenüber dem Thomas loslassen. Sein "Verkehrsfluss" ist ein so richtig modernes Dichter-Befindlichkeits-Gedicht ... (ein Glück, dass ich so etwas nicht schreibe ... grins!)



Adventsfenster1




.Oops ... Darf man das Fensterchen nicht erst am 1. Dezember öffnen? Aaaaalso abwarten! Dafür geht die Wiederbegegnung mit einigen Helden aus dem "Planet der Pondos" weiter:

Slov ant Gali: Wo Bäume weinen (2)


Schon wieder glühende Eisen. Es stinkt nach verbranntem Fleisch. Überall Gelächter. Ein Schrei. Nein, kein lauter. Ein Kinderschrei, und gerade, weil ihm anzuhören ist, wie sehr sich das schreiende Kind gegen diesen Schrei wehrt, tut er so weh. Nein, es tut wirklich weh! Mir wird der Brand in den Hintern gedrückt ... Nein, nicht wieder dieser Traum!
Ich schnelle hoch. Mit einem Mal sind die Erinnerungen wieder da. Alle. Auch die frischen. Ich will mir nicht im Traum begegnen und nicht ...
Ein seltsames Gefühl an der Brust. Wie eine warme Wiese, die sich an mich schmiegt. Ich nehme alle Kraft zusammen. Die Augen müssen auf!
Ich fand mich in einem Raum mit mehreren betreten schauenden Menschen und Pondos. Ungefähr je zehn, und seltsamerweise sahen die Menschen mit ihren glatt geschorenen Schädeln unheimlicher aus als die fremden Wesen. Trotzdem bemerkte ich sofort den Jungen im Hintergrund, der sich zwar halb in der Gruppe versteckt hielt, mich aber so fasziniert anstarrte, als wäre ich sonst was für eine Erscheinung. Dabei spürte ich ja, dass auch ich diese Glatze hatte und also alles andere als sexy aussah. Ob es daran lag? Der Anblick war sicher ungewohnt. Komisch. So sehr mir der Junge auffiel und so sehr ich wusste, dass ich ihn vor kurzem noch gesehen hatte, ich konnte mich an keinen Namen erinnern. Onjas kleine Pranke löste sich von meinem Rücken, die Wiese von meinem Oberkörper. Überdimensionale Kugelaugen funkelten mir entgegen. Ein grüner Öko-Teddy, aus dessen Kuschelhaut zarte Pflänzchen zu sprießen begannen. Jetzt erinnerte ich mich. Ja, an diese Wesen hatte ich mich vor dem Start gewöhnt. Pondos oder Koom. Die Freundschaft zu Onja und warum sie so aussah, wie sie jetzt aussah. Ob Onja ahnte, woran ich gerade dachte? Bestimmt wollte sie auch nicht erinnert werden. Mein Blick fiel auf das Kästchen, das Onja um den Hals trug, den Translator. Hoffentlich erlöste der mich bald aus meiner Verlegenheit Und als hätte Onja meine Gedanken gelesen, sprudelte es aus ihr heraus – und danach aus dem Kasten: „Na, du hast uns aber einen Schreck eingejagt! Die anderen sind längst hoch. Bei dir ging die Anzeige immer wieder zurück, so als wolltest du ewig im Kälteschlaf bleiben und manchmal, als wolltest du gar nicht mehr ... Aber nun bist du ja wieder unter uns Lebenden.“
Ich versuchte ein Lächeln.
Und das ist toll, ja?“
Na, nun erzähl mal keinen Quatsch! Was sollten wir anfangen ohne dich!?“
Ich bin also wichtig?“
Und wie wichtig ...“ Plötzlich erkannte Onja das Schmunzeln, das ich nicht mehr zurückhalten konnte. Bevor ich etwas dagegen tun konnte, hatte ich einen Boxhieb auf dem linken Oberarm eingefangen. „Musst du mich gleich schlagen? Du siehst doch, dass ich mich noch nicht wehren kann.“
Eben deshalb. Aber vielleicht willst du wissen, was inzwischen passiert ist.“
Plötzlich fühlte ich mich wieder schlaff wie ein Ball, in den man hinein gestochen hatte. Ich ließ mich zurückfallen auf die Unterlage, die ich einmal nicht ohne Grund für einen Sarg gehalten hatte. Einen Moment schloss ich die Augen. Wie schön, dachte ich, einfach an NICHTS denken zu können, dann öffnete ich die Augen wieder, funkelte die Gruppe an, „Was glotzt ihr denn wie beim plötzlichen Abkratzen?“ Dann wandte ich mich an Onja: „Na, ich hab meine Neugierde noch im Griff, aber du quillst ja über vor Mitteilungsdrang... Also erzähl schon!“
Also, dass du eingefrostet warst, brauch ich dir ja nicht zu erzählen, und dass es bei deinem Auftauen Merkwürdigkeiten gab, weißt du jetzt auch. Und du erinnerst dich bestimmt an die Kari?“
Ich muss ziemlich blöd geguckt haben.
Na, da hat es dich ja wirklich ganz schön erwischt! Also, diese denkenden Krabbelviecher, die ihr Ameisen genannt habt. Die haben doch den ganzen Flug im Griff gehabt. Wenn du willst, kannst du ihre Verabschiedung im Speicher abrufen. ...



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