Samstag, 10. November 2012

Lyrik-Prosa-Wortkultur 1571


Wie kam Brunhild Hauschild eigentlich auf die Idee, es ginge beim Blick nach draußen darum, ernsthafte "November"-Gedichte auf dem Blog zu präsentieren? Was könnten wir tun, um solch negativen Emotionen zu vertreiben? So richtig weiß ich zwar auch nicht, aber ... Na gut. Gönnen wir dem Herbst ein leicht schmunzelndes Gedicht: "Herbstgedicht - Geschrieben von und im Eichendorf nach dem siebten Grog" ...



Dies also zum Thema lyrischer Herbst. Nun wird es Zeit, dass sich in dem Romanprojekt wieder etwas "Action" anbahnt ...

Slov ant Gali: Stochern im Nebel (33)

... An jenem Vormittag, fünf Tage nach Rahmans Todessprung, von dem ich natürlich noch nichts wusste, hatte die Zarge vom Lehrerzimmer aus kontrolliert, wie viele Schüler das Startbild der geplanten Stunde aktiviert hatten. Ich hatte. Zilly, Fiete, ... insgesamt zehn. Wir waren noch nicht mit unseren Eltern auf der Flucht. Seit zwei Tagen blieben immer mehr dem Unterricht fern, meist unentschuldigt, weil ihre Familien wegen dieser seltsamen Sikroben zu entfernten Verwandten oder in Spontanurlaub flüchteten.
Sonja blieb noch einen Moment auf dem Flur vorm Klassenraum stehen. Atmete durch. Lehrerzimmermief wegblasen. Kein anderes Thema als die Berliner Katastrophe. Was sollte das für ein Unterricht werden, wenn sie andauernd an die angeblich bevorstehende Evakuierung der Schule dächte? Als sie endlich die Tür öffnete, saß die Klasse wie erstarrt da. Es war totenstill. Hatte sie etwas verpasst? Eine heiße Diskussion?
„Um euch einen guten Morgen zu wünschen, ist es etwas spät. Aber um sich mit dem deutschen Wirtschaftssystem nach der Jahrtausendwende zu beschäftigen, ist es genau die richtige Stunde. Insofern wundere ich mich, warum nicht alle das Thema aufgerufen haben. Oder gibt es etwas Anderes, das wir jetzt diskutieren sollten?“ Sonjas Blick schweifte durch die Reihen.
Zilly hob lässig seine Linke: „Marie war gerade philosophisch. Das passt nicht zu Ihrer Stunde. Aber wir können nicht so schnell umschalten.“
„Das wird sich noch zeigen“, antwortete die Zarge lächelnd. „Wir können auch philosophisch sein. Warum denn nicht? Worum geht es?“
Zilly erwiderte ihren Blick und noch drei andere. Ich sah nach vorn; wie so oft zog ich dabei die Schultern nach hinten. Der Rest der Klasse sah weg.
„Sie können ja nichts dafür. Sie sind Lehrerin. Sie müssen uns ja beibringen, dass alles so richtig ist, wie es ist. Aber wenn wir Menschen …“ Ich stockte kurz. Wobei mir ja eigentlich so echt starke Volksreden locker über die Lippe kamen. „…wenn wir Menschen uns so sehr an der Natur vergehen, sie vergewaltigen, dann brauchen wir uns ja nicht zu wundern: Irgendwann rächt sie sich, die Natur oder Gott oder wie das heißen mag. Wir tun hier, als wäre nichts, und längst laufen die letzten Tage der Menschheit. ...


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