Dienstag, 5. Juni 2012

Lyrik-Prosa-Wortkultur 1412

In Zeiten von Google muss man nicht vorher wissen, wer Susan Boyle ist. Man kann sie zum "Gegenstand" eines Gedichts in den "Gedichten des Tages" machen, und wer´s genau wissen will, findet´s schnell heraus ...


Was man anfängt, sollte man auch weiterführen. Also weiter mit Gunda Jaron."Trilogie vom Nähkästchen (2)".
Youtube brachte mich auf die Idee. Es gibt ja unterschiedliche Anreize bei den Talentshows. Jurorenboshaftigkeit ist einer, also das Anstacheln von Schadenfreude als bekanntlich schönster Freude. Gelegentlich muss aber auch positiv überrascht werden. Denn warum soll nicht auch eine 47jährige "Susan Boyle sein" wollen?


Davon ist unser utopisches Romanmanuskript noch weit entfernt:


Slov ant Gali / Gunda Jaron:   

                Ich wurde Gott (75)



... Vertrauen, das wurde auch in anderer Hinsicht zum Problem. Du weißt ja ... das Einschlafritual. Eigentlich hätte es aus einem einfachen Grund geändert werden können: Auf die Mädchen wirkten in diesen Tagen so viele neue Eindrücke ein, dass sie früh am Abend müde waren, also vielleicht gar kein Einschlafritual gebraucht hätten. Dann war natürlich noch ungewohnt für sie, dass sie – von den ganz Kleinen einmal abgesehen – ein Zimmer mit einem riesigen Bett für sich alleine hatten. Warum sollte ich die Mädchen daran hindern, bei der Freundin oder Schwester zu schlafen? Platz war da in den Betten. Niemand musste auf die Geräusche Anderer achten oder aufpassen, dass er selbst keine störenden verursachte. Alle konnten nach ausgiebig zelebrierter Dusche sich in ihr Kissen verkrallen und einschlummern.
Es kam anders. Auslöser war wohl Sanja. Sie war ein besonders einfühlsames Mädchen. Sie hatte mich schon einmal geschockt. Das war, nachdem allen neuen Mädchen die Haare restlos geschoren worden waren. Da kam sie zu mir und hielt mir eine kleine Rede. Sie, die fünf ersten Angekommenen seien Kinder wie all die folgenden auch. Sie hätten Parasiten wie all die anderen, die jucken und sich weiter verbreiten konnten. Jetzt sähen sie aber als einzige aus wie die Kinder außerhalb der Burg, so als ob sie nicht dazugehörten. Ob ich denn Mädchen mit Krauseln und welche ohne haben wollte. Ich versuchte zwar zu erklären, dass in ihrer Duschcreme eine Desinfektion enthalten gewesen war, aber das erklärte natürlich wirklich nicht, warum nicht auch bei den Neuen das Duschen ausgereicht hätte. Als ich es dann mit dem schöneren Anblick versuchte, die sie, die Großen, mit ihren Haaren auf dem Kopf böten, fragte sie sogar, ob ich sie denn nur deshalb ansehen wollte, weil sie Krauseln hätten.
Irgendwann musste ich aufgeben. Sanja, verlangte mit einer geradezu feierlichen Innigkeit alle Untersuchungen und Berührungen von mir, die sie vom Empfang ihrer Gruppe kannte. Ich musste sie eincremen und massieren und als sie halb schlafend von ihrer Höhe herabstieg, flüsterte sie, ob ich sie wirklich ohne Krauseln weniger gern sähe. Da blieb mir nichts Anderes übrig, als sie in den Arm zu nehmen, und aneinandergeschmiegt schliefen wir ein. Mädchen sind mitunter seltsam. Sanja war doch eigentlich schon erwachsen und hatte den Gedanken, als eine Art Erzieherin auch als Erwachsene Aufzutreten, sofort angenommen, dieses Ritual, das eigentlich eine für Kinder gedachte, sehr einseitige Zärtlichkeit war, wollte sie sich aber nicht entgehen lassen,
Sanja musste am nächsten Morgen wohl als Erstes den Anderen erzählt haben, dass ich mich ihrer angenommen hatte. Klar. Die Veränderung ihres Äußeren schrie ja nach Erklärung. So musste ich letztlich auch die restlichen vier Gruppenleiterinnen in den Kreis „meiner“ Mädchen aufnehmen.
Das ursprüngliche Ritual entwickelte sich weiter: Zum in-den-Schlaf-Streicheln kam jetzt als besondere Belohnung das Einschlafen im selben Bett. Bevor ich dessen bewusst geworden war, hatte sich durchgesetzt, dass fast alle Mädchen darauf achteten, von ihren Gruppenleiterinnen beziehungsweise mir nicht vernachlässigt zu werden, regelmäßig dran zu sein. Ich bin froh, dass ich das keinem Menschen erklären muss. Die hätten mich bestimmt gefragt, ob ich da schon so eine Art Harem mit Kindfrauen gehabt hatte. Dabei war das, wie schon gesagt, eine verdammt einseitige Sache, wo die Erwachsenen, also ich oder meine Gruppenleiterinnen um die wohlige Entspannung ihrer Pflegekinder zu bemühen hatten. ...

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