Donnerstag, 7. Juni 2012

Lyrik-Prosa-Wortkultur 1414

Diesmal ein ausschließliches Testen von Slov ant Gali in den "Gedichten des Tages" mit Texten zum Thema Kunst:


Was ist Kunst, wie entsteht Kunst?
Mit ganz unterschiedlicher Ernsthaftigkeit kann man diese Frage wisstenschaftlich und stammtischig diskutieren und beantworten. Wer meint, das letzte Wort gesprochen zu haben, begründet damit höchstens die nächste Runde.
Zwei verschiedene Näherungen an die Frage seien hier versucht (vorsichtshalber schon vorher Asche auf mein Haupt):


Dazu die Fortsetzung des utopischen Romanmanuskripts:


Slov ant Gali / Gunda Jaron:   

                Ich wurde Gott (77)



... Versuch dich, in sie hineinzuversetzen. Gelegentlich sehen sie einen unbekannten Riesenvogel an einer Stelle des Burggeländes aufsteigen und später wieder zurückkommen. Vor allem natürlich hören sie ihn. Geräusche, wie sie sie in ihrem ganzen Leben nicht gehört haben, und sie suchen nach Bildern aus den Geschichten der Alten, wo solche Glitzervögel beschrieben sein könnten. Dann aber kommen jene Wesen, die richtigen Saks so ähnlich sehen, aber viel größer sind und noch viel stärker, und tragen glänzende Brocken zu den Vögeln, stopfen sie denen in den Bauch. Und dann packen diese Wesen auch dich, tragen dich in den Vogelbauch und dann kannst du sehen – von innen! - wie du über Bäumen bist. Bis du aus dem Bauch aussteigen darfst, weit von der Burg entfernt. Du siehst zu, wie Bäume, die den Himmel über dir gekitzelt haben, von Tieren aus dem Boden herausgerissen werden. Du aber hast Teile dieser Tiere neben dir im Vogelbauch gesehen und die Riesen-Saks haben dir die Hände geführt bei Bewegungen ... du hast etwas mit den Brocken gemacht, da waren sie vorher einzeln und nachher waren sie zusammen und zum Schluss ... Maschinen hießen die Dinger, wurde dir nachher erklärt. Und solche Maschinen vergruben sich in deiner Erde und die ließ das zu. Tiefe Löcher. Bis irgendwann darin Wasser war. Dann wurden andere Maschinen in das Loch heruntergelassen und die tranken das Wasser und oben spuckten sie es wieder aus. Und diese Maschinen hießen nicht Maschinen, sondern Pumpen und angeblich gaben die flachen Scheiben daneben ihnen die Kraft zum Saugen und Spucken.
Dass die Samen, die du dann eingraben durftest, größer waren als deine Faust, wunderte dich schon nicht mehr. Und dass du sofort ein Stück Boden zugeteilt bekamst, auf den du aufpassen solltest, und den anderen helfen und nur die Pflänzchen, die so aussähen wie auf dem Bild, das du von dem Riesen-Saks bekamst, sollten wachsen und alle anderen solltest du ausreißen und auf einen Haufen werfen. Endlich etwas, was gar nicht so viel anders war als das, was deine Eltern auf den Komanfeldern machten.
Ich sehe es ja ein. An manchen Tagen überforderte ich die Aufnahmefähigkeit der Kinder um ein Vielfaches. Aber ich wusste, was ich wollte, und im Wesentlichen erreichte ich es auch. Gelegentlich belauschte ich die Mädchen bei ihren Treffen mit ihren ursprünglichen Eltern. Eigentlich hätte ich begeistert sein sollen von der Geduld und der Güte, mit der die Alten ihren Kinder zuhörten. Wie die Alten so taten, als glaubten sie jedes Märchen, ohne zu ahnen, dass sie gar keine Kindermärchen zu hören bekamen hatten. Plötzlich hatten sich die Rollen verkehrt. Die Alten konnten einfach keine Geschichten erzählen, die so voller Unbegreiflichem war.
Die Kinder gebrauchten natürlich die Sprache der Saks. Aber schon bei den ersten Treffen mit ihren Verwandten mischten sich viele Begriffe aus meiner Sprache dazwischen. Mit denen konnten die Alten nichts anfangen, die Sprache der Saks aber war überfordert durch den Wunsch zur Umschreibung, zumindest für die Kinder, die dann die Ausdrücke verwendeten, die sie von den Robbis und mir gehört hatten. Für die Metalle, die die Kinder nun in ihre Welt aufgenommen hatten, gab es keine Umschreibungen.
In den ersten Wochen benutzte ich die Erzählungen als Grundlage für meinen Technik-Lehrplan. Sobald die Kinder die Reihenfolge von Arbeitsgängen verwechselten oder manche einfach wegließen, wusste ich, was sie nicht verstanden hatten. Bei vielen Vorgängen ging ich nun rückwärts. Ich begann mit dem Unbegreiflichen, das die Kinder gesehen hatten, und suchte dann das Einfache, das darin verborgen lag. Bis zurück zum kleinen Einmaleins und dass es Buchstaben gab, mit denen man etwas bezeichnen konnte, von dem ein Anderer erfuhr, ohne dass er den Erzählenden oder das Ding sah ... wenn auch er diese Buchstaben zu Namen für das Unbekannte zu fügen vermochte. Was war das für ein Gefühl für die Kinder, „Generator“ geschrieben zu haben, und eine andere Gruppe las dies, beschrieb das Ding und hatte eine Nachricht empfangen. Und natürlich versuchten die Kinder das ihren Eltern zu erklären. Sie stießen auf immer größeres Unverständnis. In den ersten Monaten fand sich zwar kein Kind, das nicht Ganarator sagte, aber auch das konnten die Erwachsenen nicht deuten. Ich ahnte, dass langsam eine Entscheidung heranreifte. Bald wären die Kinder ihren Eltern so entfremdet, dass sie einander nichts mehr zu sagen hatten, weil sie sich nicht verstanden. Dann würden sich die Alten nicht mehr melden ... oder versuchen, ihre Kinder vor meiner Welt zu retten. Das Problem löste sich schließlich auf eine unerwartete Weise.
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