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Slov ant Gali: Fillip, der Erdling (1)
Es
war Mittwoch, der 23. Oktober, 8.24 Uhr. Fillip saß auf der Toilette
und schlug die Tageszeitung auf. Es war einer der schönsten
Augenblicke des Tages. Max und Jule saßen im Bus in Richtung Schule
in der Kleinstadt, Gabi im Auto nach Berlin, um das Geld der Familie
bei ihrer Versicherung zu verdienen. Also natürlich nicht bei ihrer,
sondern bei der, bei der sie arbeitete. Fillip war stets bemüht, den
Namen nicht zu nennen. Dann kämen diese wissenden Blicke:
Versicherung, na ja … und die noch …
Jetzt
aber lag der Morgenstress hinter ihm. An alle Küsschen verteilt, den
Kindern ein ausgewogenes zweites Frühstück eingepackt und
aufgepasst, dass jeder seine wichtige erste Mahlzeit des Tages
eingenommen hatte im Kreise der unaufgeregten Familie, Jule noch
einmal beruhigt, dass bei der Mathearbeit überhaupt nichts passieren
könne, weil sie habe ja gelernt und er habe kontrolliert, dass sie
den geforderten Stoff beherrsche. Schließlich hatte er hinter dem
abgefahrenen Opel das Hoftor geschlossen, die Zeitung gegriffen und …
Na,
jedenfalls saß er nun entspannt auf der Brille und stellte fest,
dass man von ihm erwartete, dass er sich ärgerte oder gruselte: Ein
furchtbarer Tornado sei über Wisconsin hinweggeweht. Mehrere Orte
seien zerstört, bisher 78 Tote geborgen worden.
Wisconsin
war in den USA und dort gab es eine Jahreszeit mit vielen Tornados.
Die kamen aus der Karibik und … Lag Wisconsin eigentlich an der
Küste? Und gehörte der Oktober zur Tornadozeit? Fillip legte die
Zeitung auf die Waschmaschine. Die erhoffte totale Entspannung wollte
sich an diesem Morgen einfach nicht einstellen. Vielleicht hätte er
einfach nur den Sportteil aufschlagen sollen. Ob nun Hertha oder
Union oder dieses Türkiyedingsbums nicht gewonnen hätte, es hätte
ihn alles nicht berührt. Nun war aufzuräumen und dann …
Immer
noch Mittwoch, 23. Oktober, inzwischen 10.12 Uhr. Das Haus war
bereit, eventuelle Gäste zu empfangen. Es würden zwar keine kommen,
denn wer wollte ausgerechnet Ende Oktober und mitten in der Woche
eine Übernachtung in der Schorfheide, aber sogar die Dame im
Jobcenter meinte, dass es das Wichtigste in seiner Lage sei, sich
diszipliniert an klar fixierte Tagesabläufe zu halten und sich immer
konkret abrechenbare Aufgaben zu stellen. Seine Lage war, dass er bis
vor kurzem täglich nach Berlin reingefahren war für einen
Buchhaltungsjob, den er nicht nur mit 46, sondern auch noch mit 67
ertragen hätte. Nun aber gab es keinen Arbeitgeber mehr und
irgendwie fehlten Filipp die Spezialkenntnisse, sich auf dem
Arbeitsmarkt erfolgreich präsentieren. Aber von 10.30 bis 11.30 Uhr
stand nun einmal auf seiner persönlichen Agenda „Internet,
Direktsuche. neue Stellenangebote“.
Fillip
nannte sich gern konservativ. Er hantierte noch immer an einem fast
klassischen Computer. Nicht, dass er etwas gegen die handlichen
Dinger für unterwegs gehabt hätte, aber die verlangten auch
unterwegs nach Benutzung und er war kein Multitasking-Typ. Ihm hatte
als Fortschritt gereicht, so einen internetfähigen Fernseher zu
haben, den er der Einfachheit halber meist weiter Computer nannte,
weil er ja alle Funktionen erfüllte.
… Funktionen
erfüllte?! Hochgefahren war das verdammte Ding ja schnell wie immer.
Aber den Befehl, ihn ins Internet zu bringen, verweigerte das
widerspenstige Gerät. Was war denn nur los?
Fillip
hatte sich mit derartigen Problemen nicht beschäftigt. Er wusste
aber, dass es in der Gegend lange kein Internet zu empfangen gewesen
war, als fast schon die ganze Welt versorgt war. Aber nun … Es war
doch alles …
10.25
Uhr. Wenn eine Störung auftritt und das Gerät ist nicht kaputt,
dann tritt dieselbe Störung auch bei anderen auf, die sich gleich
beschweren. Fillip war kein Sich-gleich-beschweren-Typ. Die Situation
war eigentlich ein guter Vorwand, vom üblichen Tagesablauf
abzuweichen. Er würde also jetzt fernsehen und seine Jobrecherche am
Nachmittag nachholen.
Das
war doch nicht möglich! Fillip zappte immer nervöser von Sender zu
Sender. Auf dem Bildschirm zeigte sich ein schwaches Krisseln oder
wie die Leute in der Anfangsjahren des Fernsehempfangs diese Punkte
genannt hatten. Einfacher gesagt: Da war kein Bild. Fillip konnte
sich nicht daran erinnern, so etwas jemals selbst erlebt zu haben.
Aber eigentlich war das kein Grund zur Beunruhigung. Dann sah er sich
bis zum Mittag eben einen heruntergeladenen Film an. Es würde schon
niemand merken. Schon waren Fillips Gedanken mit der Frage
beschäftigt, welcher Film ihm denn in dieser Situation am meisten
zusagen würde. Seltsamerweise fiel ihm dabei die Jobcenterdame ein:
„...in seiner Lage ...“
12.40
Uhr. Ach du Schreck! Hatte er etwa das Bäckerauto verpasst? ...
***
Und die Gedichte des Tages:
Sebastian Deyas Reime sind mitunter abenteuerlich "unrein", aber dafür nehme ich seine Einladung zu einem "regentanz" gerne an ... er befreit wirklich ...
Ja. Kind sein. Ich habe mich bemüht, so richtig Nonsens zu schreiben, ... aber es gelingt mir nie so richtig . immer guckt ein Hintersinn durch ... "Children of the Universe" ...
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