Montag, 5. März 2012

Lyrik-Prosa-Wortkultur 1319

Beginnen wir mit den geplanten "Gedichten des übermorgigen Tages". Das wären diesmal die folgenden:



Was mag Thomas Reich wohl meinen mit seinem Gedicht "Tausendfach"? Ist es "nur" ein Spiel mit dem alten Märchenmotiv von der 13. Tür, die als einzige nicht geöffnet werden darf? Oder komme nur ich auf diese Interpretation, weil mich dieses Motiv selbst fasziniert?
Auch Sebastian Deyas "Lebe. Immer. Weiter." ist nur eines klar: Es handelt sich um ein Liebesgedicht im weitesten Sinne. Wer oder was sich aber hinter dem Du verbirgt, darüber kann und soll wohl auch der Leser nachdenken ...



Dann steht die Fortsetzung der SF-Erzählung auf dem Programm:




Slov ant Gali: Die schwebende Jungfrau (5) 


... Die „Kap der Guten Hoffnung“ war für Langstreckenflüge konzipiert. Wir hatten sehr viele unterschiedliche Aufgaben zu erledigen. Klar, dass dazu die permanente Erfassung aller relevanten Daten während der gesamten Flugzeit gehörte. Klar, dass dies der Hauptcomputer im Automatikmodus allein hätte besser bewältigen können als wir. Aber wir sollten ja auch Erfahrungen für eventuell in mittlerer oder fernerer Zukunft liegende Siedlungsflüge sammeln. Und hierzu sollten wir bei der Suche nach einem optimalen Kompromiss zwischen den antagonistischen Grundkonzepten der Schiffsfunktion helfen. Unabhängig vom konkreten Verlauf unserer Expedition bin ich persönlich der Meinung, einen solchen Kompromiss gibt es nicht. Entweder man sieht das Raumschiff als reines Transportmittel an. Dann muss man der Technik vertrauen und alle Menschen in Kälteschlaf versetzen, bis Erscheinungen registriert werden, die das Wecken sinnvoll machen. Oder man sieht das Raumschiff selbst als Lebensraum an. Dann sollte die Mannschaft und die Zahl der Passagiere so groß wie irgend möglich gehalten werden. Also so groß, dass es an Bord noch zufällige Bekanntschaften gibt, die mit aus einer spontanen Liebesbeziehung erwachsenden Nachwuchs gekrönt werden. Unser vermeintlicher Mittelweg, neben den zehn Dienst habenden, zehn Freiwachen und zehn Ruhenden den Rest in Kälteschlaf als potentielle Weckreserve zu halten, nutzt keiner Seite. Jedenfalls hat es uns nicht vor dem technischen Versagen gerettet.“

An dieser Stelle wurde die allgemeine Aufmerksamkeit gestört. Ein älterer Herr aus der Jury gab ein unspezifisches Brummen von sich. Wahrscheinlich hatte es ein Widerspruch werden sollen. Als er aber alle Blicke auf sich gerichtet fühlte, tat er, als müsste er sich nur eines Kratzens im Hals wegen räuspern.
„Nein, ich will nichts rechtfertigen. Aber es müsste doch jedem einleuchten, dass nach der Jupiterpassage eine im Wesentlichen eintönige Routine begann. Es ist ja nicht so, dass von einer Minute zur nächsten eine neue Situation eintritt. Dass sich überhaupt etwas verändert hat, bemerkt man nun erst, wenn man nach längerer Pause seinen Dienst auf der Brücke antritt. Aber selbst dann kaum. Ich beneide die Kapitäne aus frühen Science Fiction Romanen. Die hatten wenigstens noch einen erhebenden Augenblick, wenn sie von Schub auf Hyperraum oder Warpantrieb umschalten konnten. Vielleicht erleben das meine Nachfolger auch einmal. Für mich aber schrumpfte die Heimat Erde nur ganz allmählich und nachher auch die Sonne. Die Erde war dann irgendwann ganz weg fürs Auge und später für die Geräte, die Sonne verwandelte sich langsam in einen Stern von vielen, letztlich in einen, der sich nur durch Geräte erkennen ließ. ...

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