Montag, 26. März 2012

Lyrik-Prosa-Wortkultur 1339

Die "Gedichte des Tages" entfalten übermorgen wieder ihre Eigenheiten:



Das folgende Thomas-Reich-Gedicht habe ich bishe ohne böse Absicht noch nicht vorgestellt. Vielleicht ... weil hier so viele mitlesen, die sich nicht angesprochen fühlen müssen bzw. ähnlich "ticken"?! "Sorgenreich".
Das Gegenbild zu dieser Wohlstandswelt entwirft Jürgen Polinske. Wie viele Menschen fühlen sich angesprochen? Die erste Aussage von Herrchen und Hund und Pythagoras ist klar ... aber wie wenige wissen von Vallejo? "Im Vorbeigehen immer wieder Vallejo" ...



Dann wurde gestern ein utopisches Romanprojekt in Fortsetzungen begonnen:



Slov ant Gali / Gunda Jaron: Ich wurde Gott (2)


Immer wieder stoppte der Mann. Er sog die trockene Herbstluft in sich ein, lauschte auf die Geräusche der Umgebung, schien innerlich zu nicken. In der Nähe knackte es. Ein Kasal, ein aufgescheuchter, was sonst? Harmlos also. Zu sehen war jedenfalls nichts. Der Mann atmete gepresst, beugte sich vor, befühlte sein rechtes Bein, drückte den Rücken wieder durch und schüttelte den Kopf, als ließen sich so die lästigen Gedanken vertreiben. Dann setzte er seine Wanderung fort. Längst lagen die befestigten Wege hinter ihm, inzwischen auch die unbefestigten Pfade. Dort, wo er jetzt entlangschlich, gab es nicht einmal mehr Spuren von Tieren. Der Mann drängte sich durch eine Ansammlung von Gewächsen, deren Stachelarme alle normalen Lebewesen auf Distanz hielten. Diesen Fluchtweg würde kaum jemand für möglich halten. Mitunter erinnerten die Bewegungen des Mannes an eine geschmeidige Katze, meist aber an einen Greis oder ein angeschossenes Tier in den letzten Zügen. Endlich war er davon überzeugt, alle eventuellen Verfolger abgehängt zu haben. Und es schien auch niemand da zu sein, der den Mann verfolgt hätte.
Oder doch? In etwa 30 bis 50 Meter Entfernung bewegte sich eine Frauengestalt. Mit den Händen umklammerte sie einen hölzernen Stock. Manchmal stützte sie sich darauf, manchmal hielt sie ihn, als wollte sie ihn dem Mann über den Schädel schlagen. So, wie er alles dafür tat, alle möglichen Verfolger abzuschütteln, so tat sie alles, um nicht bemerkt zu werden. Ihr kam dabei zugute, dass sie fast einen halben Meter kleiner gewachsen war als er. Eigentlich hätte ein Stock zum Gehen eher zu dem Mann gepasst. Aber sein tatsächliches Alter war schwer zu schätzen. Sein Kopfhaar war voll, wenn auch grau, und reichte ihm über die Schultern. Es wirkte gepflegt, genau wie der Bart. Die Haare umrahmten ein kantiges Gesicht, ein ausdrucksstarkes, vom Wetter gebräuntes, mit einem leichten Hauch ins Olive. Am auffälligsten an dem Flüchtling waren aber die Augen. Gelegentlich schienen sie gütige Weisheit zu verraten, freundlich blau zu glänzen, einen Moment später aber flackerten sie irre, um im nächsten voll stählerner Härte aufzublitzen. Der Mann strotzte vor Entschlossenheit. Einem ahnungslosen Gegenüber hätte er wahrscheinlich unwillkürlich Angst eingeflößt. Dabei war der Mann unbewaffnet und trug grobes Lederzeug wie ein einfacher Bauer.
Die Frau schien vorauszuahnen, wann er lauschend stehen bleiben würde. Sekundenbruchteile früher verharrte sie. Ihr Gesicht musste man nicht wirklich weiblich oder schön finden. Am ehesten erinnerte es an das einer Indianerin oder Mongolin. Etwas ledrig, etwas zu rund. Ihre Augen waren groß und schauten mit der Güte der ewigen Mutter Erde. Dem ahnungslosen Beobachter der Szene wäre die Verbissenheit, mit der sie den Mann im Blick behielt, unverständlich geblieben. Sie passte zu wenig zur Sanftmut des ersten Eindrucks. Hätte dieser Betrachter genauer hingesehen, wäre seine Verwirrung durch die Kleidung der Frau komplett gewesen. Auf den ersten Blick harmonierten die Mokkasins, die unverkennbar aus dem Leder einer gegerbten Tierhaut gefertigt waren, und das farngrüne, weich über die Knie fallende Kleid ja wunderbar miteinander. Aber auf den zweiten gab das Material des Kleides ein unlösbares Rätsel auf. Der Stoff war eindeutig kein Leder. Für Baumwolle, Leinen oder ein anderes natürliches Material, das man an der Frau vermutet hätte, und das vergleichbar anschmiegsam gewesen wäre, bot es einfach zu sicheren Schutz gegen die in etwa einem Meter Höhe angreifenden Stachelarme. Jeder normale Stoff wäre inzwischen längst zerrissen. ...

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