Freitag, 19. Juli 2013

Lyrik-Prosa-Wortkultur 1798

Erstens: Prosafortsetzung:

Slov ant Gali: Planet der Pondos (16)

... Uljana hoffte wieder. Ein Glück, dass ihr das mit dem Nachwuchs eingefallen war. Natürlich starb sie irgendwann auf jeden Fall. Wie weit der Hauptcomputer Zugang zu ihren Körperfunktionen hatte, war schwer zu sagen. Zum einen bestritt er zwar, dass sie geweckt worden war, zum anderen zeigte ihr Kontrollkasten aber ihre Daten an. Der implantierte Überwachungschip sendete also. Einen akuten medizinischen Notfall konnte sie dem Computer demnach nicht vorgaukeln.
„Nachwuchs erst für Siedlungsphase vorgesehen. Reife unvollständig. Bei Erreichen der Volljährigkeit Prüfung der Zugangsberechtigung wiederholen.“
Auf Anhieb erfasste Uljana die zwingende Logik des Computers. Als KIND würde sie sowieso kein Kind bekommen. Also sollte sie zweieinhalb Jahre einsam durch den Raum fliegen... Sie dachte an Robinson, der ja nicht gewusst hatte, wie lange es bis zu seiner Rettung dauern würde. Sie konnte am Kalender verfolgen, wie der Tag der Befreiung näher rückte. Aber wenigstens dessen wollte sie sicher sein.
„Bei erreichter Reife habe ich also Zugang?“
„Keine Aussage möglich. Keine Zugangsberechtigung zum Datenpool.“
„Das ist ja zum Kotzen!“
„Kommentar unlogisch. Wahrscheinlich Beleg für mangelnde Reife.“
Das hätte auch Mum gesagt, aber bei ihr wäre es wohlmeinender Spott gewesen. Hilflos sah sich Uljana in dem Raum um, woran sie ihre Wut auslassen konnte. Die Vorstellung, erst 800 Tage auf eine Antwort zu warten, um dann vielleicht zu erfahren, dass sie nun aus einem neuen Grund, den sie sich jetzt nicht ausmalen mochte, weiter ohne Computerhilfe bliebe, war zu viel für sie. Sie stürmte in den Nebenraum. Auch hier gab es kein Kuscheltier, keine Projektion der Nashörner– der absolut besten Band des Jahrhunderts – an der Wand, einfach nichts. Sollte sie jetzt auf ihr sicher zu weiches Bett eindreschen?
Uljana stürmte aus der Kabine.
Nach wenigen Minuten fand sie sich vor einer der Frostschalen wieder. Wenn sie einfach Gift nähme? Eines, das nicht zu schnell wirkte? Dann müsste der Computer den Notfall erkennen und als Gegenmaßnahme…
Aber war denn sicher, wie das wahrscheinlich defekte System reagierte? War sicher, dass es logisch fand, sie medizinisch ausgebildete Erwachsene wecken zu lassen, damit die sie retteten – obwohl die dann ja entgegen der Grundzielstellung des ganzen Unternehmens geweckt worden wären und sie mit dem Gift ihren Wunsch ausgedrückt hätte, gleich zu sterben?
Eigentlich wäre auch ein Notfall, wenn sie ein Weckprogramm auslöste und es drohte schief zu gehen. Der Computer müsste nur eine Chance der Rettung für die fehlerhaft Geweckten sehen, dann gewährte er ihr wohl den Notfallzugang zum gesperrten Datenpool. Das war vielleicht die Lösung. Uljanas Angst, mit einem Fehler Menschen zu töten, schrumpfte.
Konnte sie das Risiko weiter verringern? Warum sollte sie über Leben und Tod wildfremder Leute entscheiden, Gott spielen? Nur eines stand au?er Frage: An Debbies Kasten ginge sie erst zum Schluss, wenn eigentlich nichts mehr schief gehen konnte.

Eine Weile stand Uljana reglos vor einer der Frostschalen. Beschriftet war sie mit Sarah Huntington, 9 ? Jahre. Lange schwarze Haare, dunkelbraune Augen, blassbraune Haut … Je länger Uljana sie anstarrte, umso sympathischer wurde ihr das Mädchen. Bestimmt eine liebe kleine Schwester, überlegte sie. Was war das schon wieder? Die gerade geweckte Sympathie bremste sie, das Leben jener Sarah zu riskieren. Wieder zögerte sie. Wenn Sarah bei dem Versuch starb? ...

***

zweitens Gedichte des Tages von morgen::


Ich würde mich über Diskussionen über Jürgen Polinskes "Tulipana" freuen. Spannend wäre, wer das wichtigste (?) Geheimnis dieses Gedichtes zu lüften vermag ...
 Noch nicht zur Diskussion im Dichterkreis gestellt wurde "Böllern wir!" - eine leichte Überarbeitung von Bekanntem. Hier stellt sich die Frage, ob "man" "Menschen" als überstandene Krankheit verstehen kann ...

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