Kein Tag der Nur-Ideen.
Gunda Jaron pickt so ziemlich alle Vögeligkeiten auf, die man Menschen zuschreibt (oder so ähnlich) und macht daraus "Das Lied der Spottdrossel" ... alelr Wahrscheinlichkeit nur des Vergnügens wegen - man darf auch über die Unzahl an gängigen Bildern erstaunt sein ...
Bei "Windflüchter" hatte ich das Gefühl, ich könnte den Text nicht ohne wesentliche Verluste auf ein einzelnes Gedicht, also das, was man landläufig darunter verstände, zusammendampfen. Das heißt ja nicht, dass die Wörter bereits genau genug ausgewählt wären ...
Nun ist also Lyrik und Prosa ein Paarwerk derselben Autoren.
Slov ant Gali / Gunda Jaron:
Ich wurde Gott (73)
... Wie
sehnte ich mich nach Ruhe! So viel hätte ich gründlich durchdenken
müssen … und danach entscheiden. Natürlich auch und sicher
zuerst, was und wie die Kinder lernen sollten – also die vielen
Kinder, die einmal hier zur Schule gehen sollten. Aber das hing ja
von der Antwort auf eine andere Frage ab: Was sollten sie einmal als
Erwachsene tun? Wenigstens hatte ich mich innerlich entschieden, dass
sie überhaupt etwas tun mussten, dass sie deshalb also nicht wissen
sollten, dass es Replikatoren gab, die ihnen alle materiellen
Bedürfnisse befriedigt hätten. Wahrscheinlich hätten dann die
Frauen im Harem Schlange gestanden, sexuell befriedigt zu werden,
indem sie einen Mann befriedigten oder umgekehrt. Und in der Restzeit
sinnarm gewartet. Arbeit musste es also geben … und sei es nur,
weil ich nicht voraussagen konnte, wie lange es noch funktionsfähige
Replikatoren gäbe. Spätestens dann würde es ohne gehen müssen.
Und so ganz von einem Tag auf den nächsten musste die Umstellung ja
nicht kommen.
Nein,
das war nicht wünschenswert. Ich hatte einmal ein perverses Machwerk
gelesen, in dem sich ein frühzeitlicher Mensch die am höchsten
entwickelten Intelligenzwesen vorstellt. Die lässt er sich in eine
Blase hineinversetzen, in der ihnen ewige, ununterbrochene Orgasmen
injiziert werden. Das schien ihm die höchste Vollendung aller
Entwicklung. Ich hielt das für Früchte, die verfault waren, bevor
sie reifen konnten, weil sie eben nicht mehr reifen konnten.
Meinen
Mädchen konnte ich die Welt aller Künste öffnen, sie mit dem
Schönen in jeder Gestalt vertraut machen. Aber würde das allen
reichen?
Wie
ich so für mich nachdachte, kam mir der rettende Einfall. Im Prinzip
war mein Planet eine zweite Erde. Natürlich hatte er eine andere
Geschichte hinter sich. Vielleicht gehörten dazu nicht die
Meteoriten, die auf der Erde eingeschlagen waren … oder es hatte
hier Einflüsse gegeben, die auf der Erde gefehlt hatten. Auf jeden
Fall waren die Abweichungen in der chemischen Zusammensetzung der
Atmosphäre, wenn man die Dauerschäden aus der industriellen
Explosion auf der Erde ausklammerte, die klimatischen Verhältnisse –
unter derselben Bedingung – Gravitation, Rotation, Strahlung und so
weiter so gering, dass eigentlich alles das, was sich auf der Erde an
Menschenfreundlichem entfaltet hatte, sich hier auch für die Saks
und mich entfalten konnte. Ich würde die Lebensverhältnisse der
Erde sozusagen nachträglich optimieren und Pflanzen und Tiere, deren
Bedingungen in den Speichern aufgezeichnet waren, hier kultivieren.
Die, die es zur Zeit meines Abfluges gegeben hatte, und sogar die,
die auf der Erde ausgestorben waren und deren Wiederbelebung sich
nicht gelohnt hatte. Natürlich würden Relikte der einheimischen
Flora und Fauna erhalten bleiben und sich eingliedern. Aber die
Erfahrungen der Erde bewiesen, dass neu eingeführte Lebewesen den
angestammten überlegen waren, weil sich ihre natürlichen Feinde
noch nicht entwickelt hatten, es also noch kein Gleichgewicht gab.
Ich musste nur herausfinden, welche Pflanzen besonders geeignet
waren, ob Kartoffeln, Reis, Mais, Bananen, Rüben, Zuckerrohr …
Probleme
sah ich dabei auf Anhieb nur bei den Bananen, für die es
wahrscheinlich nicht warm genug war, und beim Reis wegen der
notwendigen Feuchtigkeit.
Die
Kunst der Landwirtschaft war den Einheimischen nicht fremd. Wenn sie
neu dazulernten, wie abwechslungsreich man sich ernähren konnte und
sollte, würde das einen gewaltigen Entwicklungssprung bedeuten. Noch
mehr Abwechslung brächten die verschiedenen Zubereitungsarten der
Gerichte und die Arten der Haltbarmachung, die bestimmt auch für die
hiesigen Bedingungen anwendbar waren.
Lujann,
ich weiß, dass ich schon mit diesem Gedankengang unsere
Raumfahrer-Direktive für den Erstkontakt verletzt hatte. Ich wusste
ja, wie wichtig es war, die kleinsten Eingriffe ins natürliche
Ökosystem vorzubereiten, weil jede Haupt- immer auch eine
Nebenwirkung hat. Aber versteh doch: Ich war wie berauscht von einer
gewaltigen Aufgabe, die meiner unbegrenzten Lebenserwartung
entsprach. ...
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