Was ist Kunst, wie entsteht Kunst?
Mit ganz unterschiedlicher Ernsthaftigkeit kann man diese Frage wisstenschaftlich und stammtischig diskutieren und beantworten. Wer meint, das letzte Wort gesprochen zu haben, begründet damit höchstens die nächste Runde.
Zwei verschiedene Näherungen an die Frage seien hier versucht (vorsichtshalber schon vorher Asche auf mein Haupt):
Dazu die Fortsetzung des utopischen Romanmanuskripts:
Slov ant Gali / Gunda Jaron:
Ich wurde Gott (77)
... Versuch
dich, in sie hineinzuversetzen. Gelegentlich sehen sie einen
unbekannten Riesenvogel an einer Stelle des Burggeländes aufsteigen
und später wieder zurückkommen. Vor allem natürlich hören sie
ihn. Geräusche, wie sie sie in ihrem ganzen Leben nicht gehört
haben, und sie suchen nach Bildern aus den Geschichten der Alten, wo
solche Glitzervögel beschrieben sein könnten. Dann aber kommen jene
Wesen, die richtigen Saks so ähnlich sehen, aber viel größer sind
und noch viel stärker, und tragen glänzende Brocken zu den Vögeln,
stopfen sie denen in den Bauch. Und dann packen diese Wesen auch
dich, tragen dich in den Vogelbauch und dann kannst du sehen – von
innen! - wie du über Bäumen bist. Bis du aus dem Bauch aussteigen
darfst, weit von der Burg entfernt. Du siehst zu, wie Bäume, die den
Himmel über dir gekitzelt haben, von Tieren aus dem Boden
herausgerissen werden. Du aber hast Teile dieser Tiere neben dir im
Vogelbauch gesehen und die Riesen-Saks haben dir die Hände geführt
bei Bewegungen ... du hast etwas mit den Brocken gemacht, da waren
sie vorher einzeln und nachher waren sie zusammen und zum Schluss ...
Maschinen hießen die Dinger, wurde dir nachher erklärt. Und solche
Maschinen vergruben sich in deiner Erde und die ließ das zu. Tiefe
Löcher. Bis irgendwann darin Wasser war. Dann wurden andere
Maschinen in das Loch heruntergelassen und die tranken das Wasser und
oben spuckten sie es wieder aus. Und diese Maschinen hießen nicht
Maschinen, sondern Pumpen und angeblich gaben die flachen Scheiben
daneben ihnen die Kraft zum Saugen und Spucken.
Dass
die Samen, die du dann eingraben durftest, größer waren als deine
Faust, wunderte dich schon nicht mehr. Und dass du sofort ein Stück
Boden zugeteilt bekamst, auf den du aufpassen solltest, und den
anderen helfen und nur die Pflänzchen, die so aussähen wie auf dem
Bild, das du von dem Riesen-Saks bekamst, sollten wachsen und alle
anderen solltest du ausreißen und auf einen Haufen werfen. Endlich
etwas, was gar nicht so viel anders war als das, was deine Eltern auf
den Komanfeldern machten.
Ich
sehe es ja ein. An manchen Tagen überforderte ich die
Aufnahmefähigkeit der Kinder um ein Vielfaches. Aber ich wusste, was
ich wollte, und im Wesentlichen erreichte ich es auch. Gelegentlich
belauschte ich die Mädchen bei ihren Treffen mit ihren
ursprünglichen Eltern. Eigentlich hätte ich begeistert sein sollen
von der Geduld und der Güte, mit der die Alten ihren Kinder
zuhörten. Wie die Alten so taten, als glaubten sie jedes Märchen,
ohne zu ahnen, dass sie gar keine Kindermärchen zu hören bekamen
hatten. Plötzlich hatten sich die Rollen verkehrt. Die Alten konnten
einfach keine Geschichten erzählen, die so voller Unbegreiflichem
war.
Die
Kinder gebrauchten natürlich die Sprache der Saks. Aber schon bei
den ersten Treffen mit ihren Verwandten mischten sich viele Begriffe
aus meiner Sprache dazwischen. Mit denen konnten die Alten nichts
anfangen, die Sprache der Saks aber war überfordert durch den Wunsch
zur Umschreibung, zumindest für die Kinder, die dann die Ausdrücke
verwendeten, die sie von den Robbis und mir gehört hatten. Für die
Metalle, die die Kinder nun in ihre Welt aufgenommen hatten, gab es
keine Umschreibungen.
In
den ersten Wochen benutzte ich die Erzählungen als Grundlage für
meinen Technik-Lehrplan. Sobald die Kinder die Reihenfolge von
Arbeitsgängen verwechselten oder manche einfach wegließen, wusste
ich, was sie nicht verstanden hatten. Bei vielen Vorgängen ging ich
nun rückwärts. Ich begann mit dem Unbegreiflichen, das die Kinder
gesehen hatten, und suchte dann das Einfache, das darin verborgen
lag. Bis zurück zum kleinen Einmaleins und dass es Buchstaben gab,
mit denen man etwas bezeichnen konnte, von dem ein Anderer erfuhr,
ohne dass er den Erzählenden oder das Ding sah ... wenn auch er
diese Buchstaben zu Namen für das Unbekannte zu fügen vermochte.
Was war das für ein Gefühl für die Kinder, „Generator“
geschrieben zu haben, und eine andere Gruppe las dies, beschrieb das
Ding und hatte eine Nachricht empfangen. Und natürlich versuchten
die Kinder das ihren Eltern zu erklären. Sie stießen auf immer
größeres Unverständnis. In den ersten Monaten fand sich zwar kein
Kind, das nicht Ganarator sagte, aber auch das konnten die
Erwachsenen nicht deuten. Ich ahnte, dass langsam eine Entscheidung
heranreifte. Bald wären die Kinder ihren Eltern so entfremdet, dass
sie einander nichts mehr zu sagen hatten, weil sie sich nicht
verstanden. Dann würden sich die Alten nicht mehr melden ... oder
versuchen, ihre Kinder vor meiner Welt zu retten. Das Problem löste
sich schließlich auf eine unerwartete Weise.
...
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