Eigentlich war ein Gedicht zu dieser Symbolfigur längst fällig. Sebastian Deya hat seinen Weg gefunden, "Anonymus der Große" zu gestalten. Uns macht er zumindest ein Denkrichtungsangebot ...
Fahren wir fort mit den Coverideen für das Buch "Nach der Geldzeit": "Cover 2".
Da ist der utopische Romanentwurf natürlich nicht weit:
Slov ant Gali / Gunda Jaron:
Ich wurde Gott (97)
... Was
willst du von mir hören? Dass ich bekenne zu bereuen?
Ich
sage dir, es richtet sich leicht über Menschen in einer Lage, in der
man nicht war. Ich sage dir, es gibt welche, da solltest du dem
Schicksal danken, wenn du nicht hineingerätst. Diese Frage hatte
mich auf der Erde viel beschäftigt. Theoretisch, verstehst du? Da
hatte ich aber immer an unangenehme Lagen gedacht, die es zu meiner
Zeit längst nicht mehr gab. Zum Beispiel im Krieg einen Befehl zum
Töten zu bekommen und bei Verweigerung den eigenen Tod zu riskieren.
Oder nur ein Egoist sein müssen, weil rund um dich herum ein ewiger
Konkurrenzkampf tobt, bei dem du untergehst, wenn du deinen
Ellenbogen nicht besser einsetzen kannst als die anderen
Tier-Menschen um dich herum. Und nun musste ich feststellen, dass es
auch positiv erscheinende Situationen gab, in die man besser nicht
gerät. In einer solchen Situation fand ich mich gerade wieder. Und
mein zweifelhaftes Glück bestand darin, dass es keine Norm gab, an
die ich mich zu halten hatte, richtiger: dass ich fast völlig nach
eigenem Gutdünken meine Normen an die Stelle der überkommenen
setzen konnte, wenn ich den Sinn dieser überkommenen Normen nur gut
genug verstand. Vielleicht war es noch nicht einmal das. Vielleicht
war es das Gefühl, aus dieser Lage selbst verschuldet schon wieder
herauszufallen. Also bevor ich dieses ungewöhnliche Gefühl
auskosten konnte, dessen Reiz ich gerade gekostet hatte. Ich hatte
diesen Mädchen allmählich ein Selbstbewusstsein formen wollen, sie
von hinterwäldlerischen Saks-Kindern zu menschenartig bewusst
schöpfenden Wesen befördern. Natürlich mit mir selbst als
gottartigem Überwesen. Und nun deutete sich ihr Selbstbewusstsein
viel zu früh an – und auf einem animalischen Siegrausch fußend.
Wie hatte ich nur riskieren können, dass sich diese Mädchen, die
gerade an der Schwelle zur Frau standen, als mächtige Krieger
und Beherrscher einer Welt fremder Technik fühlten? Welche Rolle
blieb mir da? Vor allem: Sollte ich die Folgen dieses Schrittes meine
Ewigkeit lang ausbaden? Ich spürte die Lüge in mir. Ich hätte so
gern diesen Augenblick in die Länge gezogen, in dem ich eine für
Menschen unbekannte Rolle spielen durfte. Keinem Menschen wurde das
Recht zugestanden, sich über andere Vernunftwesen zu erheben, sich
aufzuführen als etwas Besseres. Hier aber war ich es gewesen. Mein
Wort war Gesetz – genau genommen dreifach: Meine Schützlinge waren
Saks, waren Frauen, waren Kinder.
Diesmal
kam mir zugute, dass ich über die Wesen auf der Burg sorgsam
Aufzeichnungen führte. Ich habe ja schon erwähnt, dass alles, was
mit Medizin zusammenhing, mein heimliches Sorgenkind war, weil mir
über die Saks eben keine fast unendlich überlegenen
Kenntnisspeicher zur Verfügung standen. Ich konnte nur auf einen
Umweg hoffen. ...
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