Freitag, 15. Juni 2012

Lyrik-Prosa-Wortkultur 1422



Aus ganz besonderem Anlass eine Sondersendung Gedichte. Mein spezieller Dank geht an Roger Suffo, der mich daran erinnerte, dass der aktuelle Auftritt des pastoralen Bundespräsidenten vor der Führungsakademie der Bundeswehr unbedingt der lyrischen Kommentierung bedarf: "Gruß an die Führungsakademie". Wenigstens versucht sollte man es haben, etwas dagegen zu sagen. Also hier meine Angebote zum Kampfschrei des Reichsseelsorgers wider die deutsche Glückssüchtigkeit:

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Das musste einfach sein: Die "Gedichte des Tages" zupfen so gern die poetischsten Gänseblümchenoroakelblätter der Liebe - aber wenn der höchste Repräsentant dieses Staates sich im Pathos des Sterben fürs Vaterland auf fremder Erde ergießt, kann hier nicht geschwiegen werden ... und wird nicht geschwiegen.
Das soll uns aber nicht an der Fortsetzung unserer Manuskriptpräsentation hindern, aus der einmal ein utopischer Roman werden soll:


Slov ant Gali / Gunda Jaron:   

                Ich wurde Gott (85)


... Zwei Robbis berichteten mir von der anderen Seiten der Burgmauer. Dort hatten die Angreifer in langer Reihe Stellung bezogen. Aber wofür? Ich war nicht bewandert in der Taktik von Burgbelagerungen. Also auch nicht auf der Erde. Und selbst wenn, konnten sich hier ganz andere Taktiken entwickelt haben, ja nachdem welche Waffe über längere Zeit besonders viel Wirkung gezeigt hatte. Das, was sich bisher abzeichnete, schien aber überhaupt keinen Sinn zu ergeben. Im Wesentlichen umstand eine circa 10 Krieger tiefe Linie aus Fußvolk die Burgmauer im Halbkreis. Einmal von meiner technischen Überlegenheit abgesehen – was hätte die gegen normale Verteidiger ausgerichtet? Und nun geschah nichts mehr. Oder richtiger: Nachdem die vordere Reihe einen kleinen Zaun aus Schilden errichtet hatte, machte es sich die Masse der Söldner dahinter bequem. Wenn das irgendeinen Zweck erfüllen sollte, konnte es nur ein psychologischer sein. Der zahlenmäßig unterlegenen Burgbesatzung wurde signalisiert, dass sie umzingelt war.
Je länger ich nachdachte, umso vernünftiger erschien mir das aus Sicht der Angreifer. Gerade hatte der Frühling begonnen. Soweit belagerte Burgen über Nahrungsreserven verfügten, wären die in den Wintermonaten natürlich weitgehend aufgebraucht worden. Die Burgbesatzung musste also kurz vorm Hungern sein. Andererseits wäre ein Sturmangriff verlustreich und aufwändig gewesen. Dazu hätten die Belagerer Gerüste heranschaffen müssen. Leitern konnten umgekippt werden – und normalerweise war die Zahl der Verteidiger größer als bei mir. Um wie viel einfacher war es da, auf den Moment zu warten, an dem die Eingeschlossenen von selbst aufgeben mussten ...
Und diese Belagerungsform störte selbst mich: Ich hatte kein Hinterland mehr. Das Heer konnte ungestört meine Dörfer plündern.
Meine Dörfer?! Es gab doch noch gar keine Dörfer! Den Bauern konnte auch keine Ernte geraubt werden, sondern nur das aufgesparte Saatgetreide. Für Beschützer eine demütigende Vorstellung. Für wie lange war eine solche Kriegführung angelegt? Wann gaben normale Verteidiger kampflos auf?
Moment! Immer noch hatte mein Denken einen Fehler: Es gab auf dem Burggelände Parzellen, wo Pflanzen angebaut werden konnten, und der Vorrat an schlachtbaren Tieren war … nein, er war nur deshalb beachtlich, weil ich im Winter keine Tiere geschlachtet hatte. Das konnten die Angreifer nicht ahnen.
Wie sollte ich diesen Kampf beenden … möglichst, bevor er richtig anfinge?

Ich entschied letztlich auch abzuwarten. Sollten doch die Angreifer handeln! Sie hatten mich ja nicht einmal für würdig befunden, mir eine formale Kriegserklärung oder etwas in diesen Sinne zukommen zu lassen. ...

1 Kommentar:

  1. "poetische Gänseblümchenorakelblätter der Liebe" ... Seeehr witzig, Slov :o)))
    Mir ist schon klar, dass nicht jedes "zarte, weiche Lied" GdT-tauglich ist ...
    Abendgrüße
    G.

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