Es ist nur ein Bemühen.
Doch es ist nicht fruchtlos: Wer schreibt, holt Welten in seine kleine Welt, Zeiten, fremden Kulturen, Denkweisen, Anders-Sein. "Dichterbegegnungen" sind eine solche Chance. Manchmal schaut ein Stück spanischer Geschichte in die Cita de la Poesia, manchmal ein vor Jahrhunderten verstorbener Indio ... manchmal erblicken wir sie. Jürgen Polinske hat es diesmal ergriffen ...
Da folgt aber gleich der Sturz in eiskaltes Wasser. Ich halte nämlich "Ein amerikanischer Roman" dagegen ... und es ist klar, dass damit das Gringo-Amerika gemeint ist. Vielleicht steckt aber noch eine Unverständlichkeit darin und es MUSS der Freitag durch den Montag ersetzt werden?!
Slov ant Gali: Der lebende See (17)
... Das aber
hatte ich gelernt: Man darf sich nicht darauf versteifen, dass etwas
sicher Scheinendes nicht doch ab und zu überprüft werden sollte.
Monatelang testete ich also verschiedenste Saftkombinationen,
Milchbaumnektar, unterschiedlichste Strukturen, um Libellen und an
unsere Bienen erinnernde Flugwesen zu füttern. Und ich kann mir auf
die Schultern klopfen, also natürlich auch Wroohn und ihren
Schülern, die praktisch die Testreihen durchführten, die
Beobachtungsposten besetzten. Wir fanden etwas. Bei einer
Futterlösung entwickelten die „Bienen“ eine extreme Aktivität.
Schnell stellte sich heraus, dass ihre Art sich sprunghaft vermehrte,
besondere Lebenskraft erreichte. Es folgten viele weitere
Untersuchungen. Für den Einsatz bei den Schla mussten die Bienen
mein Futter erst umwandeln. Dazu verfütterten sie es an ihren
Nachwuchs. Der Einfachheit halber nenne ich das Produkt Honig. Der
bewies schnell seine Eignung zur Wundheilung und als
Universalmedizin. Das allein war schon ein Erfolg. Doch dann ...
Das Problem war ja nicht, ein
Neugeborenes in Honigmilch zu baden oder ihm etwas einzuflößen, das
Problem war, es unter Bedingungen zu tun, die bewiesen, dass eben
diese Milch das Seewasser wirklich ersetzte. Das möglichst auch noch
so, dass es der See nicht gleich erführe.
Bei der Auswahl an Lebensformen hatte
der See auch darauf geachtet, dass keine Pflanze etwas enthielt, das
in üblichen Aufnahmemengen für die Schla Gift sein konnte. Trotzdem
gab es Pflanzensäfte, die die Verdauungstätigkeit des Schla-Darms
beeinflussten. So extrahierte ich ein sehr anregendes Mittel. Als ich
mir sicher war, dass die Honigmilch zwar nicht beantworten konnte,
woher die Lebensuntüchtigkeit der Neugeborenen eigentlich kam, sie
die aber genauso gut wie das Seewasser beheben würde, gab ich dem
wartenden Vater ein Gebräu zu trinken, während ich sein Baby
behandelte. Er lief los.
Ja, er tat mir leid. Er schaffte es nur
über den nächsten Hügel, dann mischten sich Durchfall, Schwindel
und andere Probleme zu einem Cocktail der Wehrlosigkeit. Eine Zeit
der Unruhe begann. Was würde geschehen? Wenn nun eine Dosierung
nicht gestimmt hatte …
Kurz gesagt: Als ich mich gerade
aufmachen wollte, um meinem Opfer zu folgen, kam ein schwankender,
aber total glücklicher Vater zurück. Das Baby hatte gebrüllt, das
Baby lebte.
„Ich glaube, den Weg zum See brauchen
wir nicht mehr. Aber wir wollen sichergehen. Wir werden die nächsten
Babys mit Honig behandeln. Wenn sie nicht richtig leben, bevor der
Sand durch diese Uhr gelaufen ist, kann der Lauf zum See ja immer
noch begonnen werden.“
So handhabten wir es. Es wurde kein
Lauf mehr nötig und eine Sanduhr nahm ihre Arbeit auf.
Es war vollbracht. Die Nabelschnur zum
lebenden See war gekappt. Er war nicht mehr notwendig. Umgekehrt
brauchte er die Schla-Prozessionen, um von den Entwicklungen seiner
Kinder zu erfahren. Er würde wohl Ziel kultischer Handlungen werden,
vielleicht ein Gott-Mythos, letztlich ein Blinddarm der Evolution auf
diesem Planeten. Im Idealfall ein positiver Störfaktor konnte er
noch sein. Vielleicht fände er Wege, um die Herausbildung von
biologischen Gleichgewichten zumindest zu verzögern. Früher oder
später würden sich aber sicher Tiere entwickeln, die von den
Pflanzen leben wollten und weil die sich anfangs ohne Feinde so
schnell ausbreiteten, gäbe es auch bald Tiere, die sich von diesen
Tieren ernährten. Vielleicht aber gestalteten dann schon die Schla
ihre Welt nach ihren Vorstellungen. Viel von dem, was sie zum dafür
nötigen Denken befähigen konnte, lernten die neuen Kinder bereits
in der Schule. Ja, selbst von Metallen und ihren interessanten
Eigenschaften und wie sie gewonnen werden könnten, hörten sie
schon. Sie würden welche finden und sie nutzen. Früher oder später,
aber bestimmt. ...
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