Sonntag, 28. Oktober 2012

Lyrik-Prosa-Wortkultur 1558

Wie vertragen sich Wahrheit und Liebesspiel? Wahrscheinlich schlechter als Geschwisterkinder in ihrem Zimmer. Zumindest diesmal sind Gedichte zu diesem Thema als "Gedichte des Tages" "zusammengelinkt". Im Romanentwurf sind wir an dem Moment angekommen, in dem Rahmen Todesangst packt ... und er hat allen Grund dazu ...


Wenn man einmal anfängt, mit einem Motivknäuel zu spielen, dann kommt mehr als nur ein Gedicht heraus. So ging es mir zumindest mit der Idee "Spinne + Wahrheit". Plötzlich rufe ich laut "mahlzeit!" ...
Tja und beim weiteren Suchen nach potentiellen Liebesgedichten stieß ich auf etwas, dass sich zu einem vergnüglichen Sonett aufpeppen ließ ... auch wenn es schon Heine - nur besser - geschrieben haben hätte können: "Wer die Butterblume zupft" ...

Slov ant Gali: Stochern im Nebel (20)

... Rahmans Blick verfolgte fassungslos, was da über seine Einrichtung hinwegspritzte. Bläulich leuchtende, sich scheinbar aus eigener Kraft bewegende Tropfen. Ja, wirklich: Hüpfende Tropfen! Wie lebendig! Immer dort, wo sie auftauchten, lösten sich die gewohnten Dinge in Brei auf. Die Tropfen veränderten dabei ständig ihre Gestalt. Strahlten, glühten, teilten sich. Sprangen weiter, wo alles zähflüssig geworden war, wo nichts mehr stand oder lag …
Und Rahman lag in seinem Bett! Wenn sie so weiter machten, hätten sie es bald erreicht! Sich selbst umherspritzend, hüpfend…
Ein Traum! Ein Albtraum! Rahman, wach auf!
Dumm nur, … er kam sich wahnsinnig munter dabei vor. Und das Kneifen mit der linken Hand verursachte echte Schmerzen. Mehr als man träumen konnte. Trotzdem: Wo gab es so etwas sonst? Rahman bekam keinen Laut über die Lippen. Rührte sich nicht.
Gerade noch rechtzeitig, bevor die ersten Tropfen das Bett erreichten, schnellte er dann doch hoch. Landete artistisch auf dem Fensterbrett, dem einzigen Rest seines Zimmers, den die Tropfen noch nicht erobert hatten. Den Weg zur Tür hatten sie versperrt, Tisch und Stühle in der Zimmermitte waren im Brei verschwunden. Vor Rahmans Augen verwandelte sich das Bett, in dem er eben noch gelegen hatte, erst in etwas Glitzerndes; dann löste es sich auf. Mit etwas tieferem Schlaf hätten sie ihn selbst bereits aufgelöst. Schlammige Ruhe.
Mühsam suchte Rahman nach Ordnung in den Gedanken.
Einmal angenommen, er sah, was er sah, was sah er dann? Verwandlungen, die immer mit einer Schaumwolke begannen, auf der die ersten Tropfen ritten. Dann Eiskristalle auf der bisher gewohnten Zimmereinrichtung, auf die er notfalls auch verzichten konnte, und dann schmolz alles zu einer breiigen Masse zusammen. Wenn er nicht schnellstens einen Fluchtweg fand, dann wäre auch er gleich nur noch Brei.
Eine Schaumwolke näherte sich ihm. Inzwischen war auch der letzte Schrank verschwunden. Der Raum war leer. Bis auf den Brei und die lebhaft funkelnden Tropfen an seinen Rändern. ...

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