Wie vertragen sich Wahrheit und Liebesspiel? Wahrscheinlich schlechter als Geschwisterkinder in ihrem Zimmer. Zumindest diesmal sind Gedichte zu diesem Thema als "Gedichte des Tages" "zusammengelinkt". Im Romanentwurf sind wir an dem Moment angekommen, in dem Rahmen Todesangst packt ... und er hat allen Grund dazu ...
Wenn man einmal anfängt, mit einem Motivknäuel zu spielen, dann kommt mehr als nur ein Gedicht heraus. So ging es mir zumindest mit der Idee "Spinne + Wahrheit". Plötzlich rufe ich laut "mahlzeit!" ...
Tja und beim weiteren Suchen nach potentiellen Liebesgedichten stieß ich auf etwas, dass sich zu einem vergnüglichen Sonett aufpeppen ließ ... auch wenn es schon Heine - nur besser - geschrieben haben hätte können: "Wer die Butterblume zupft" ...
Slov ant Gali: Stochern im Nebel (20)
... Rahmans Blick verfolgte fassungslos,
was da über seine Einrichtung hinwegspritzte. Bläulich leuchtende,
sich scheinbar aus eigener Kraft bewegende Tropfen. Ja, wirklich:
Hüpfende Tropfen! Wie lebendig! Immer dort, wo sie auftauchten,
lösten sich die gewohnten Dinge in Brei auf. Die Tropfen veränderten
dabei ständig ihre Gestalt. Strahlten, glühten, teilten sich.
Sprangen weiter, wo alles zähflüssig geworden war, wo nichts mehr
stand oder lag …
Und Rahman lag in seinem Bett! Wenn sie
so weiter machten, hätten sie es bald erreicht! Sich selbst
umherspritzend, hüpfend…
Ein Traum! Ein Albtraum! Rahman, wach
auf!
Dumm nur, … er kam sich wahnsinnig
munter dabei vor. Und das Kneifen mit der linken Hand verursachte
echte Schmerzen. Mehr als man träumen konnte. Trotzdem: Wo gab es so
etwas sonst? Rahman bekam keinen Laut über die Lippen. Rührte sich
nicht.
Gerade noch rechtzeitig, bevor die
ersten Tropfen das Bett erreichten, schnellte er dann doch hoch.
Landete artistisch auf dem Fensterbrett, dem einzigen Rest seines
Zimmers, den die Tropfen noch nicht erobert hatten. Den Weg zur Tür
hatten sie versperrt, Tisch und Stühle in der Zimmermitte waren im
Brei verschwunden. Vor Rahmans Augen verwandelte sich das Bett, in
dem er eben noch gelegen hatte, erst in etwas Glitzerndes; dann löste
es sich auf. Mit etwas tieferem Schlaf hätten sie ihn selbst bereits
aufgelöst. Schlammige Ruhe.
Mühsam suchte Rahman nach Ordnung in
den Gedanken.
Einmal angenommen, er sah, was er sah,
was sah er dann? Verwandlungen, die immer mit einer Schaumwolke
begannen, auf der die ersten Tropfen ritten. Dann Eiskristalle auf
der bisher gewohnten Zimmereinrichtung, auf die er notfalls auch
verzichten konnte, und dann schmolz alles zu einer breiigen Masse
zusammen. Wenn er nicht schnellstens einen Fluchtweg fand, dann wäre
auch er gleich nur noch Brei.
Eine Schaumwolke näherte sich ihm.
Inzwischen war auch der letzte Schrank verschwunden. Der Raum war
leer. Bis auf den Brei und die lebhaft funkelnden Tropfen an seinen
Rändern. ...
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