Was bin ich, wenn ich Petra Namyslos Gedicht "Hunger" nicht verstehe ... und das auch noch zugebe? Anders gefragt: Ist ein solches Gedicht gut? Wie geht man damit um? Ausgewählt habe ich es, weil es das, zumindest mein Nachdenken anregt. Ich suche nach dem Sinn dahinter, finde viele Möglichkeiten und stelle mich hinter die, die mir lieb ist. Eigentlich stehe ich aber mehdeutigen Texten zumindest dann ablehnend gegenüber, wenn mindestens eine Interpretation der Autorenintention zuwiderlaufen MUSS. Aber auf jeden Fall: Kunst-Aufgabe ist nicht, die Welt zu erklären, sondern denen, die ein Kunstwerk betrachten, lesen, hören, Anregungen auf dem Weg zum Verständnis der Welt und ihrer Güte zu bieten ... oder?!
Bei meinem Gedicht "KLEINlich" vermeide ich dagegen jede Mehr- oder Doppeldeutigkeit. Für die Beförderung eines Mörders in mittelbarer Täterschaft / Anstifter zum General habe ich nicht nur kein Verständnis sondern nur Abscheu übrig ...
Slov ant Gali: Stochern im Nebel (2)
... Zu der Zeit, als die Parchmanns sich
ansiedelten und ihren Rahman in die Brechtschule einschulten, war es
für die Kinder des Troochs feste Gewohnheit, fast täglich ein paar
Näswerderaner zu verprügeln. Jens, der den längsten Weg bis zur
Straßenbahnstation Näswerder laufen musste, hatte sich deswegen zu
Hause beschwert. Warum traf das immer dieselben? Er war bei seinem
Vater auf wenig Verständnis gestoßen. „Was du nur willst? Bei uns
war das damals genauso. Ist aus mir ein richtiger Mann geworden? Ja
oder ja? Du bist nun einmal ein echter Näswerderaner. Also benimm
dich auch so. Schon dein Großvater hat sich gegen die Troocher
wehren müssen, später ich, jetzt du. Das Verlieren ist schlimm, ich
weiß. Aber es hat auch Vorteile: Ihr lernt zusammenzuhalten. Lasst
euch nicht unterkriegen, kämpft! Verliert ihr hundert Mal … das
hunderterste Mal, das erste Mal, wo ihr gewinnt, das ist das
entscheidende. Danach ist Ruhe, glaub mir.“
Was sollte Jens machen? Er sammelte die
Näswerderaner Tag für Tag zu heroischen Abwehrschlachten. Aber
selbst zusammen mit den Mädchen konnten sie ihre zahlenmäßige
Unterlegenheit nicht überbrücken. Immer wieder landeten sie im
Dreck. Wie oft hoffte Jens, die hundert zu verlierenden Gefechte
endlich hinter sich zu haben, aber es ging immer weiter.
Da tauchte jener Rahman auf. Nein, ein
Näswerderaner konnte der nicht sein. Der war anders. Der gehörte
nicht dazu. Der gehörte nirgendwo dazu. Der war ein Fremder unter
ihnen. So, wie sie Fremde auf dem Trooch waren, und das, obwohl er
ihr Schicksal in der Brecht-Schule teilte. ...
Einfach nur Wundervoll, das hier zu lesen/sehen finde ich echt Klasse.
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